Anonymer Brief Theater in Eisenach und Meiningen: Intendant weist Vorwürfe zurück

13. Juni 2024, 16:59 Uhr

In einem anonymen Brief haben sich Mitarbeitende der Theater in Eisenach und Meiningen an die Öffentlichkeit gewandt. Darin werfen sie Intendant Jens Neundorff von Enzberg unter anderem ein toxisches Arbeitsklima und Mobbing vor. Der zeigte sich überrascht und wies die Vorwürfe zurück.

Nach der Theater-Affäre in Erfurt gibt es nun auch Vorwürfe gegen die Theaterleitung an anderen Häusern. Beschäftigte am Landestheater Eisenach und am Staatstheater Meiningen haben sich am Mittwochabend zeitgleich mit je einem Brief an die Öffentlichkeit gewandt. In dem anonymen Schreiben werden heftige Vorwürfe gegen den Intendanten beider Häuser, Jens Neundorff von Enzberg, laut. Die Mitteilung mit dem Brief ist lediglich mit "Mitarbeitende aus beiden Theatern" unterzeichnet.

Jens Neundorff von Enzberg, Intendant am Staatstheater Meiningen, steht vor dem Meininger Theater.
Intendant Jens Neundorff von Enzberg wies die Vorwürfe gegen sich zurück. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Michael Reichel

Er sei von den am Mittwochabend veröffentlichten Schreiben überrascht worden, sagte Neundorff von Enzberg am Donnerstag. Die in den Briefen genannten Probleme seien ihm bereits bekannt gewesen. "Wir sind dazu schon lange im Gespräch. In jedem Betrieb gibt es Diskussionsbedarf und wir hatten uns eigentlich darauf verständigt, die Probleme intern zu besprechen."

Mitarbeitern mit Kündigung gedroht

Die Theater-Mitarbeiter in Eisenach sprechen von einem seit Jahren herrschenden "toxischen Arbeitsklima". Neundorff von Enzberg komme weder seiner Verantwortung noch seiner Fürsorgepflicht nach. Es gebe Mobbing am Arbeitsplatz, gegen Mitarbeiter werde manipulativ vorgegangen, Grenzüberschreitungen seien an der Tagesordnung. Zudem litten die Mitarbeiter unter permanenter Arbeitsüberlastung und übergriffigem Verhalten.

Schriftlich heißt es, Mitarbeiter würden vor Kollegen erniedrigt, bei Lappalien werde mit Kündigung gedroht. In einem weiteren Vorwurf berichten die Mitarbeiter von Arbeitsverträgen, die entgegen geltenden Tarifverträgen geschlossen worden sein sollen. Auch sollen Stellen für noch laufende Verträge neu ausgeschrieben worden sein. Außerdem wurde beklagt, dass sich Neundorff von Enzberg nur einmal die Woche in Eisenach blicken lasse.

Vorwürfe der Theatermitarbeiter auch in Meiningen 

Vorwürfe äußern auch die Meininger Theatermitarbeiter. Dort heißt es, es sei kein Einzelfall, dass der Intendant kurz vor einer Premiere in den Probenprozess eingreife. Zudem wird Neundorff von Enzberg vorgeworfen, unsachlich und persönlich angreifend zu agieren. Das werte die Arbeit des Teams ab, heißt es. Auch die Eisenacher kritisieren, dass die Verwaltungsleitung in künstlerische Prozesse eingreifen dürfe, was nicht in deren Verantwortung liege.

Intendant weist Kritik an Arbeit zurück

Neundorff von Enzberg wies die Kritik an seiner Arbeit zurück. Er könne nur mutmaßen, wer hinter den Schreiben stecke und habe bereits mit dem Betriebsrat in Eisenach gesprochen und angeboten, mit den Mitarbeitern zu reden. Er selbst wolle auch wissen, was konkret mit der Kritik gemeint ist. Es habe auch bereits Gespräche gegeben. Laut Neundorff von Enzberg sind die anonymen Schreiben "ungebremst viral gegangen". Es sei aus seiner Sicht Rufmord.

Laut Neundorff von Enzberg ist in Eisenach mutmaßlich der Abschied von der Jungen Schauspielsparte der Hintergrund des Schreibens. Im Zuge dessen sei vom Jungen Schauspiel für Samstag eine Protestaktion mit Sarg von den Mitarbeitern angekündigt gewesen. Als er am Dienstag davon erfahren habe, habe er die Mitarbeiter auf mögliche Konsequenzen hingewiesen. Verboten oder untersagt habe er den Protest allerdings nicht. Angekündigt war laut Neundorff von Enzberg ursprünglich eine Abschiedsaktion von Absolventen eines freiwilligen Kulturjahres. Diese sei nun zu einem Protest umgewidmet worden. Aus der Verabschiedung einen Protest zu machen, sei so nicht möglich.

Die Säulenfassade des Meininger Staatstheater wird in der blauen Stunde von Scheinwerfern angestrahlt
Auch am Staatstheater Meiningen erheben die Mitarbeiter schwere Vorwürfe gegen die Intendanz. Bildrechte: picture alliance / Arifoto Ug/dpa-Zentralbild/dpa

Laut Neundorff von Enzberg habe es schon lange Diskussionen um eine neue Sparte gegeben, die eigentlich ein Gewinn für das Haus sei. Dafür sei auch eine Stelle für die Spartenleitung zum 1. August dieses Jahres ausgeschrieben worden. Im Mai wurde als neue Leiterin dann Lydia Bunk vorgestellt. Die Stellenausschreibung zeitgleich zur Schließung der Jungen Schauspiel-Sparte sei im Haus offenbar nicht auf Wohlwollen gestoßen. Er wies zudem die Kritik zurück, dass er sich nur einen Tag in Eisenach blicken lasse. Das stimme nicht. Außerdem arbeite er auch von Meiningen aus für das Landestheater in Eisenach.

Bühnengenossenschaft verweist auf grundlegende Probleme

Die Bühnengenossenschaft (GDBA) widersprach Neundorff von Enzberg unterdessen und verweist auf grundlegende Probleme in Eisenach, die mindestens seit neun Monaten bekannt sind. Größtes Problem ist aus Sicht des Betriebsrates die Kommunikation im Haus. Daran müsse sich dringend etwas ändern.

Der GDBA-Landesverbandsvorsitzende für den Bereich Ost, Andreas Hammer, sagte MDR THÜRINGEN es habe "unzählige Gespräche" mit dem Intendanten gegeben, bis die Gewerkschaft mit ins Boot geholt wurde. Die ersten gemeinsamen Gespräche seien gut verlaufen. Konkrete Schritte blieben jedoch aus, deshalb sei nun die Öffentlichkeit mit den Schreiben einbezogen worden. Die Schreiben hätten einen Stein ins Rollen gebracht.

Gespräch anberaumt

Thüringens Kulturminister Benjamin Hoff (Linke) kündigte an, den Sachverhalt zu prüfen. Am Donnerstag ist laut Neundorff von Enzberg ein Treffen mit dem Betriebsrat, neu gewählten Oberbürgermeister Christoph Ihling (CDU), dem Stiftungsrat und Spartenleitern anberaumt.

Am Landestheater Eisenach sind rund 80 Mitarbeitende beschäftigt, am Staatstheater in Meiningen etwa 300.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Fassung des Artikels war von einem "offenen Brief" die Rede. Das Schreiben ist jedoch nicht namentlich unterzeichnet, daher schreiben wir nun von einem anonymen Brief.

MDR (kk/jn/ost/dpa)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 13. Juni 2024 | 06:00 Uhr

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