Blick auf die Fassade des MDR-Landesfunkhauses Thüringen in Erfurt
Bildrechte: MDR/Martin Jehnichen

Internet-Diskussionen Miteinander reden - kommentierende User bei uns zu Besuch

09. Dezember 2023, 18:07 Uhr

Mal nicht nur per Tastatur miteinander reden: Gelegenheit dazu war am Samstag, als eine Gruppe kommentierender User bei uns im Funkhaus zu Besuch war. Es ging um Löschschmerzen, Problembären, Emojis und mehr.

Kommentarbereiche sind eine bunte und komplizierte Welt und wir wollten wieder im direkten Gespräch erfahren, wo Stolpersteine, Ärgernisse und Verbesserungsvorschläge sind. Sieben User kamen am Samstag und konnten sich erst einmal das Studio des MDR THÜRINGEN JOURNALS (und natürlich die Baumhauskulisse im Kika-Studio) anschauen, eine Fernseh-Regie und die Radiostudios am Großraumbüro. Wir hatten eingeladen und sieben der zehn Anmelder, die alle Zusagen hatten, kamen.

Sechs Männer bei Führung in einem Radiostudio von MDR THÜRINGEN
"Rein ins Radiostudio" war bei der Führung auch möglich Bildrechte: MDR/Sebstian Großert

Dann ging es ans Eingemachte: "Wie schmerzhaft ist eine Kommentarlöschung?", das wollten wir zum Beispiel wissen. Schon ziemlich, war eine Antwort: "Da tüftelt man ewig lange - und dann wird der einfach nicht veröffentlicht und ist auch noch unwiederbringlich verloren, wenn man sich vorher keine Kopie gemacht hat". Tatsächlich speichert unsere Software gesendete und nicht veröffentlichte Kommentare nicht im User-Profil ab. Manche machen sich Kopien des Kommentars in einer Textdatei vor dem Abschicken und posten dann eine leicht entschärfte Version als zweiten Versuch. "Mir ist es viel wert, einen ordentlichen Kommentar zu schreiben und ich achte deshalb schon darauf, dass es dann keinen Grund zur Beanstandung gibt", war eine andere Stimme. "Anfangs kränkend, inzwischen nehme ich es sportlich", sagte ein anderer User.

Problembären-Voting

Ein paar problematische Begriffe aus den vielen Grenzbereichen hatten wir zur Abstimmung gestellt auf einer Skala von 1 ("harmlos") bis 6 ("geht gar nicht"). Im Durchschnitt bekamen "Pöbler" 3,9; "Sie und Ihre Kumpane" 2,9; "blaubraun" 3,2 (über die volle Spannbreite der Notenskala); "Sie verbreiten Lügen" 3,9; "schwachsinniger Vorschlag" 3,1 und "bekloppter Vorschlag" 3,0.

Fußball-Fans schauen in einer Kneipe ein Spiel. 3 min
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3 min

Hier können Sie uns mal hören: Das Kommentarteam bringt Ihnen ein paar Userkommentare des Novembers - von ernst bis schräg.

MDR FERNSEHEN Fr 01.12.2023 10:08Uhr 02:32 min

https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/audio-2494274.html

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Audio

Sehr kritisch gesehen wurde Tatsachen verzerrende Wiedergabe von Quellen in Kommentaren. Hier müssen natürlich wir noch skeptischer sein und häufiger nachprüfen, ob die genannte Quelle die Aussage des Kommentars auch tatsächlich stützt. Bei hohem Kommentaraufkommen ist diese Recherchezeit aber ein Problem.

Mehr Löschbegründungen?

Sollten wir Nichtveröffentlichung öfter begründen? Die meisten Gäste fänden das gut, akzeptierten aber auch unsere Erfahrung, dass es sehr aufwändig ist und Kapazitäten bindet, gerade weil es ja zu "Schriftwechsel" führt. Eine Variante mit nur einer kurzen Angabe zum Verstoß mit einem erklärenden Stichwort zu schicken ("falsche Tatsachenbehauptung Bausumme"), wurde als überlegenswert gesehen. Wie bei den meisten Punkten war die Meinung auch dazu nicht einhellig: "Mir ist Begründung unwichtig - die Leute, die vernünftig sind, wissen den Grund doch."

Genervt äußerten sich einige der User über andere Kommentatoren, die sinn- und fast wortgleiche Kommentare immer wieder posteten und kritisierten es als absichtliche "Zermürbungstaktik". Für Emojis fanden sich keine Verteidiger, sondern nur Gegner. "Das sollte unterbunden werden", forderte ein User, während ein anderer meinte: "Ich finde Emojis gut, da weiß ich gleich, dass ich den Kommentar nicht lesen muss."

"Mehr Ironie, bitte!"

So sarkastisch dürfe es ruhig auch im Kommentarbereich zugehen, war die überwiegende Meinung zu Ironie. Sie dürfe allerdings nicht bloßstellen, sondern nur einen Kritikpunkt überspitzen. "Ich habe da dazugelernt und mache Ironie am Ende kenntlich", sagte ein Besucher. Auf unsere Frage, ob Ironie ein geeignetes Mittel sei, um äußerst aufgeheizte Diskussionen ("Saalschlachten") zu entschärfen, sah das nur einer unserer Gäste als Mittel der Wahl. Die anderen hielten in solchen Situationen nüchterne und klare Ansagen für das beste Vorgehen.

Zwischendurch mal deutlich einmischen

Ausdrücklich und einhellig befürwortet wurden "MDR-Warnhinweise" in laufenden Diskussionen, dass es jetzt etwa zu themenfern werde. Bei Flüchtlingsthemen zum Beispiel sei zur Suhler Erstaufnahme der Punkt Migration insgesamt ein nötiger Hintergrund ("die Flüchtlinge suchen sich ja nicht gezielt Suhl aus"), während Kritik an gendernden Grünen bei Windkraftdiskussionen nichts verloren habe - anders als Verweise auf andere Energiequellen wie Atomkraft.

Schlagzeilen wie "Martin Luther als postender User", "Sarkasmus - unterhaltsam schmerzhaft" oder "90 Prozent lesen nur, schreiben keine Komemntare"
Meinungsstreit - wenn es einfach wäre, müsste darüber nicht viel diskutiert werden. Bildrechte: MDR THÜRINGEN

Eine ganze Weile ging es auch um einfachere Kontaktaufnahme zu uns. Natürlich können Sie zu Artikeln und anderen Kommentaren immer auch Kommentare an uns mit dem Hinweis "nicht zur Veröffentlichung" schreiben. Gewünscht wurden aber auch "niedrigschwelligere" Kontaktmöglichkeiten als das ausführliche Formular. Ein Vorschlag war WhatsApp. Wir empfahlen die Chat-Funktion in unserer neuen App, deren Input auch bei unserem Hörerservice aufläuft.

Meistens gewünscht wurde auch die Kommentierbarkeit von Videos, die alleine in unserem Feed einlaufen, das heißt die nicht in einem (kommentierbaren) Artikel eingebunden sind. Wir bieten aus verschiedenen Gründen (mehr zur Diskussion um "Presseähnlichkeit") einen hohen Anteil solcher Videos an, die natürlich auch kommentarrelevante Inhalte transportieren - wie etwa "Thüringens Autozulieferer in der Krise" oder "Kein drittes CATL-Werk". Bisher ist es technisch jedoch leider nicht möglich, solche Solo-Videos kommentierbar zu machen.

Und das sagten unsere Gäste:

Da sie ja zu dem Besuch hier nicht unter Ihrem Kommentar-Pseudonym posten würden, baten wir sie um anonyme Reaktionen auf Papier: Hier sind sie: "Ein konstruktiver Dialog, der gern wiederholt werden darf." - "Sehr informatives Treffen mit guten Beiträgen der Teilnehmer." - "Interessante Einblicke in die Redaktionsarbeit. Und in die Mentalitäten der Kommentatoren." - "Sehr informative und kooperative Veranstaltung und Infomöglichkeit. Kompetente, freundliche und ausdauernde Mitarbeiter. Sehr zu empfehlen für Interessierte. Dankeschön MDR!" - "Interessant & aufschlussreich. Auch wenn vermutlich nur die Gruppe oberhalb des Kommentar-Medians anwesend war." - "Schön, dass es diese Kommentarfunktion beim MDR gibt. Sie drückt die Wertschätzung gegenüber dem Medium aus - beidseitig. Herzlichen Dank für die nötigen Augen-Blicke." - "Sehr informativ, sehr eindrucksvoll. Danke für die große Mühe."

MDR (csr)

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