Erfurter Bahn Technisches Problem: Testfahrt mit Akku-Zug missglückt
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06. Juni 2023, 09:56 Uhr
Eigentlich wollte die Erfurter Bahn mit der Präsentationsfahrt in einem Akku-Zug vorführen, wie gut diese Technik funktioniert. Leise, schnell, günstig im Unterhalt und zuverlässig. Ab 2028 sollen solche Züge vor allem auf Nebenstrecken in Thüringen eingesetzt werden. Doch mit der Zuverlässigkeit haperte es am Montag. Die geplante Fahrt von Erfurt nach Ilmenau musste verkürzt werden.
Pünktlich um 10.25 Uhr geht es los am Erfurter Hauptbahnhof. Vom Gleis 8a rollt der Stadler Flirt Akkuzug. Ganz normal mit einem Stromabnehmer an der Oberleitung. Bis Neudietendorf verläuft die Fahrt so. Während der Zug dort kurz am Bahnhof hält, surrt der Abnehmer leise nach unten. Ab 10.40 Uhr beginnt der Akkubetrieb. 50 Kilometer hin und 50 Kilometer zurück, 37 davon ohne Oberleitung.
Kein Problem für den Zug, so betont der erfahrene Lokführer Michael Ruschke. "Das ist eine wunderbare Alternative für sogenannte Stichstrecke", berichtet er. "Während der Fahrt kannst du die Akkus laden, wenn es eine Oberleitung gibt. Und bei Bedarf machst du den Stromabnehmer runter und fährst im Akkubetrieb weiter." 2017 wurde dieser Prototyp gebaut, seit 2018 ist er im Einsatz. "224 Kilometer an einem Stück haben wir im Akkubetrieb damit schon geschafft."
Leise, barrierefrei, sparsam
Das erfreut auch die Thüringer Verkehrsministerin Susanna Karawanskij (Linke). "Aber so eine Rekordhascherei brauchen wir nicht." Thüringen brauche aber eine Vorstellung davon, wie man auch auf Nebenstrecken ohne Oberleitung eine Alternative zu den Dieselantrieben bekommt. Denn Diesel ist nicht nur teuer, sondern auch laut und vergleichweise wenig effizient. "Wir brauchen 80 bis 100 Kilometer. Wir wissen ja, dass wir es in Thüringen auch mit Bergen und Steigungen zu tun haben. Dass das geht, wissen wir bereits aus früheren Tests." Die Züge müssten leise und auch barrierefrei sein - und das sei hier gegeben. Der Flirt Akku verfügt über etwa 150 Sitzplätze und noch einmal so viel Platz für stehende Passagiere. 140 Kilometer pro Stunde sind möglich.
Erfurter-Bahn-Chef Michael Hecht betont, in Schleswig-Holstein habe der Fahrzeughersteller Stadler mit seinen Akku-Fahrzeugen eine Ausschreibung mit mehr als 50 Fahrzeugen für sich entscheiden können, weil die Antriebsform am günstigsten sei - vor allem auf lange Sicht. Ob diese Einsparung dazu führt, dass das Land Thüringen im Regionalverkehr mehr Züge bestellen kann, ist aber bisher unklar. Die Verkehrsministerin wollte sich darauf nicht festlegen. Zu unklar ist, wie viel Geld Thüringen in Zukunft dafür zur Verfügung stellt und wie viel sogenannte Regionalisierungsmittel für diesen Zweck aus Berlin fließen.
Ungeplanter Halt zwischen Arnstadt und Ilmenau
Dann ist die Fahrt plötzlich zu Ende. Ärgerlich, dass nach mehr als 20.000 Kilometern Testfahrten ausgerechnet in Thüringen die Weiterfahrt verzögert wird. In Plaue südlich von Arnstadt steht der Zug und fährt nicht weiter. Immer wieder zischt ein Kompressor. Techniker laufen gestresst durch den Zug. Ein Druckluft-Problem, mit dem die Bremsen nicht funktionieren würden. So sagt es dann auch der Betriebsleiter der Erfurter Bahn, Thomas Grewing: "Den Programmpunkt Ilmenau müssen wir leider streichen. Wir hatten ein kleines technisches Problem. Hängt nicht mit dem Akku zusammen. Ein Druckluft-Thema." So erfährt man es auch von der Firma Stadler. Später hört man dann im Zug aber doch einige Stimmen, die einen Zusammenhang mit dem Akku sehen, obwohl der ausreichend geladen ist. Genauer lässt sich das bis zum frühen Nachmittag nicht aufklären.
Eigentlich sieht Erfurter-Bahn-Chef Michael Hecht die Akku-Züge im Vorteil gegenüber der alten Diesel-Technik. "Es gibt viel weniger Verschleißteile", sagt er. Das spare Kosten. Man werde höchstwahrscheinlich Akku-Züge einsetzen - die seien für alle Strecken geeignet, wo nicht elektrifiziert wird. Doch natürlich müssten die Werkstätten umgestellt werden, denn bisher arbeitet sein Unternehmen mit kleinen Dieseltriebwagen, die ebenfalls von Stadler geliefert wurden. Auch an manchen Stellen auf der Strecke werde es wohl Möglichkeiten zum Laden geben müssen. Stadler-Vertriebsleiter Steffen Obst sagt, die Züge seien noch neu, da gebe es noch kleine Anlaufschwierigkeiten.
Missglückte Präsentation - Bahnunternehmen sauer
Während der Wartezeit in Plaue verabschiedet sich erst Umweltminister Bernhard Stengele (Grüne). Der wollte sich den Zug ebenfalls anschauen und verschwindet mit einem Mitarbeiter per Fahrrad zu einem Termin in der Nähe. Verkehrsministerin Susanna Karawanskij besteigt indes einen Dieseltriebwagen der Deutschen Bahn zurück nach Erfurt.
Nach einer sehr reichlichen Stunde heißt es dann, zurück nach Erfurt. Für eine Fahrt nach Ilmenau wäre es zu spät, die Gleise sind nicht mehr frei. Und obwohl der Zug wieder fährt, ist der Schaden angerichtet, die Mitarbeiter der Erfurter Bahn sind sauer auf Stadler, dass ihre Präsentation nicht so gelaufen ist, wie sie sich das vorgestellt hatten. Zum Glück ist bis zur möglichen Inbetriebnahme 2028 noch ein bisschen Zeit, das System zuverlässiger zu machen.
MDR (flog/dr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 05. Juni 2023 | 19:00 Uhr
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