Der Redakteur | 22.10.2024 DDR-Fahrer aufgepasst: Wodurch werden Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgehoben?
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22. Oktober 2024, 16:50 Uhr
Was hebt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf? Sogenannte Streckenverbote gelten länger, als viele denken. Sie auch? Besonders, wenn Sie Ihre Fahrerlaubnis seit DDR-Zeiten haben, sollten Sie jetzt ganz genau aufpassen!
Wodurch werden die Geschwindigkeitsbegrenzungen eigentlich aufgehoben?
- An Kreuzungen?
- An Ortsausgangsschildern?
- An Autobahnauffahrten?
Der Irrtum fährt mit. Vor allen Dingen in Ostdeutschland. Sogenannte Streckenverbote wie eine Geschwindigkeitsbegrenzung oder ein Überholverbot gelten länger, als viele denken. Für das Aufheben braucht es in den meisten Fällen nämlich ein Schild.
"Streckenverbote" - es braucht ein Schild
Eine Strecke ist die gerade Verbindung zweier Punkte. So ähnlich erklärt Harry Bittner vom Thüringer Fahrlehrerverband die geltende Regelung zum sogenannten "Streckenverbot".
Der eine Punkt ist zum Beispiel das 30er-Schild mit dem roten runden Rand, der zweite Punkt ist das graue Aufhebungszeichen oder wahlweise auch das Ortsausgangsschild oder ein anderes Geschwindigkeitsschild. Andernfalls gilt die Geschwindigkeitsbegrenzung fort. Nicht ganz unschuldig an der Verwirrung ist die alte DDR-Straßenverkehrsordnung.
In der DDR war es so, dass eine Kreuzung ein Streckenverbot aufgehoben hat. Dem ist heute nicht mehr so.
Was gilt zwischen Bucha und Nennsdorf bei Jena?
Das führt zu seltsamen Zuständen auf unseren Straßen. Ein Beispiel ist die Ortsverbindungsstraße zwischen Bucha und Nennsdorf bei Jena. Die landschaftlich reizvolle Strecke ist sehr schmal, es gilt im Bereich des Abzweigs Oßmaritz beidseitig 50 km/h.
Wer aber aus Oßmaritz kommend in Richtung Bucha auf die 50er-Strecke abbiegt, erfährt nichts von dieser Geschwindigkeitsbegrenzung, weil das Schild einige Meter vor dem Abzweig steht. Die Oßmaritzer mögen das wissen, Ortsunkundige hingegen nicht. Darf das aber eine Rolle spielen?
Gibt es auf einer Straße eine "Zwei-Klassen-Gesellschaft?"
Nun könnte man auf die Idee kommen, dass hier Unwissenheit tatsächlich vor Strafe schützt. Nicht nur der ADAC schreibt nämlich, dass dem "ortsunkundigen Kraftfahrer" kein Tempo- oder auch Überholverbotsverstoß vorgeworfen werden kann, wenn er nach dem Einbiegen kein Verkehrszeichen passiert.
Sind also die Oßmaritzer als Ortskundige dann schlechter gestellt? Motto: Ihr müsst doch wissen, dass da vorn eine 50 steht! Das sieht Verkehrsrechtsanwalt Andy Ziegenhardt vom Deutschen Anwaltverein ganz anders. Er würde seinen Oßmaritzer Mandanten raten, sich gegen einen etwaigen Bußgeldbescheid zu wehren.
Ich würde so argumentieren, dass man im Straßenverkehr nicht unterscheidet, ob man ortskundig ist oder nicht!
Nur was ich sehen kann, kann ich einhalten
Er unterstreicht das mit dem Hinweis, dass er als Erfurter auch noch nicht alle Straßen in Erfurt befahren hat, also per EF-Kennzeichen nicht automatisch ortskundig wird. Das sieht auch Harry Bittner vom Thüringer Fahrlehrerverband so. Es gelte der Sichtbarkeitsgrundsatz im Straßenverkehr. Nur die Anordnung, die ich sehen kann, könne ich auch einhalten. Er vergleicht das mit zugewachsenen oder zugeschneiten Schildern.
Ich muss sehen können, was ich als Kraftfahrer tun soll oder nicht tun darf.
Wichtig: Wenn eine Geschwindigkeitsbeschränkung an eine Bedingung geknüpft ist, also z.B. Tempo 30 an eine Schulzone oder an eine Kurve, dann gilt die Beschränkung als aufgehoben, wenn die Kurve oder der Schulbereich offenkundig zu Ende ist. In solchen Fällen ist die Aufhebung sozusagen im 30er-Schild inkludiert, was aber auch Interpretationsspielräume zulässt. Ist die Schulzone wirklich deutlich genug zu Ende gewesen? Auch damit haben sich schon Gerichte beschäftigt.
Der Irrtum mit den Autobahnauffahrten
Auch auf unseren Autobahnen heben Einmündungen, also die Auffahrten, ein Streckenverbot nicht auf. Das führt auch hier zu der paradoxen Situation, dass nach einer Auffahrt, an der zum Beispiel Tempo 130 eben nicht noch einmal wiederholt wird, ebenfalls eine "Zweiklassengesellschaft" entsteht. Die einen wissen von dem Tempolimit, die anderen nicht. Auch hier gilt: Man sollte sich wehren, wenn man geblitzt wird.
Dass die Regelung mindestens unglücklich ist, da sind sich ADAC-Experte, Rechtsanwalt und Fahrlehrer einig. Doch an eine Änderung der Straßenverkehrsordnung in diesem Punkt glaubt niemand so richtig. Eines ist aber auch klar: Auch ein neues Schild gilt ab sofort, Karenzzeiten, bis zum Beispiel, in einer neu eingerichteten Tempo-30-Zone geblitzt werden darf, gibt es nicht. Auch das unterstreicht eigentlich noch einmal den Sichtbarkeitsgrundsatz, der kein "Gewohnheitsrecht" kennt.
Wenn ein neues Verkehrszeichen aufgestellt wird, dann gilt es ab dem Zeitpunkt, an dem es aufgestellt wurde.
MDR (ifl)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 22. Oktober 2024 | 15:20 Uhr
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