Monteure auf einem im Bau befindlichen Hochspannungsmast bei Schalkau im Landkreis Sonneberg. Im Hintergrund ist die ICE-Bogenbrücke Grümpental zu sehen. Die Baustelle ist Teil der Südwest-Kuppelleitung. Sie ist auch als Thüringer Strombrücke bekannt und eine 380-kV-Freileitung.
Von hier soll die neue Leitung abzweigen: Montagearbeiten im Landkreis Sonneberg an der "Thüringer Strombrücke" 2015. Bildrechte: picture alliance / ZB | Stefan Thomas

Nachbarschaftsstreit Ramelow kritisiert Bayern wegen Plänen für Stromtrasse

12. Februar 2024, 20:59 Uhr

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat Pläne Bayerns für eine neue Stromtrasse auf Thüringer Gebiet scharf kritisiert. Er kritisierte fehlende Gespräche - Bayern verfüge zudem mit "Dreistigkeit" über Thüringer Gebiete.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat Bayerns Wirtschaftsministerium zu dessen neuen Stromtrassen-Plänen "Dreistigkeit" vorgeworfen. Das Vorhaben, dafür zulasten von Thüringen einfach über einen Korridor auf Thüringer Gebiet zu verfügen, mache fassungslos, sagte er am Montag. Das Thüringer Umweltministerium hatte zunächst zurückhaltend auf die Pläne reagiert und sie als "Wunsch und nicht mehr" bezeichnet.

Pläne sehen Korridor in Thüringen vor

Bayerns Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hatte vor wenigen Tagen überraschend erklärt, dass die Bundesnetzagentur eine weitere oberirdische Leitung mit dem Titel P540 vom thüringischen Schalkau (Landkreis Sonneberg) nach Bayern plane. Auf einer Illustration des bayerischen Energieministeriums ist allerdings zu lesen, dass der Leitungsverlauf noch nicht feststehe.

Frühere Vorschläge der Netzagentur für die Anbindung Bayerns hatten die Trasse P44 von Thüringen aus nach Grafenrheinfeld bei Schweinfurt vorgesehen. Diese Pläne waren aber verworfen worden.

Aiwanger: "Weniger bayerisches Gebiet betroffen"

Aiwanger hatte bei der Vorstellung der Pläne gesagt, dass die Trasse im Vergleich zu früheren Plänen einen nordwestlicheren Verlauf nehmen solle. "Das hat den Vorteil, es geht weniger durch bayerisches Gebiet." Nach einem Bericht des BR könnte die Neuauflage auf eine Intervention der bayerischen Landesregierung bei der Bundesnetzagentur zurückgehen, weil Bayern den Strombedarf für Industrie und Wasserstoff-Erzeugung unterschätzt habe.

Noch 2019, so schreibt der BR, hatte Aiwanger von einem "großen Erfolg" gesprochen, die Trasse "wegverhandelt" zu haben.

Ramelow: "Gute Nachbarschaft sieht anders aus"

Ramelow kritisierte, dass Bayern dazu noch nicht einmal das Gespräch mit Thüringen gesucht habe. "Gute Nachbarschaft sieht anders aus", sagte er. Er werde alles unternehmen, Thüringen keine weiteren Lasten aufzubürden. Außer den bisher drei neuen Stromleitungen brauche es keine vierte. Den Korridor durch das Heldburger Unterland bezeichnete er als überflüssig.

Aiwanger weist Ramelows Kritk zurück

Aiwanger hat die Kritik von Ramelow allerdings zurückgewiesen. "Die Trassenverläufe werden nicht von den Bundesländern, sondern von den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesnetzagentur geplant", sagte der bayerische Vize-Ministerpräsident und Vorsitzende der Freien Wähler am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in München. Die bayerische Staatsregierung habe nicht darauf gedrängt, die Leitung in die Planungen aufzunehmen.

IHK Südthüringen kritisiert Kommunikation

Die Pläne für ein neues Stromtrassenprojekt im Süden Thüringens sorgen auch bei der Industrie- und Handelskammer für Überraschung. Die IHK Südthüringen spricht in einer Mitteilung vom Dienstag von einer "plötzlichen Kehrtwende" und kritisierte die Kommunikation für das Projekt.

IHK Südthüringen Hauptgeschäftsführer Ralf Pieterwas
Ralf Pieterwa ist Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen. Bildrechte: imago images/ari

Die Politik müsse den Menschen ihre Vorhaben erklären und sie nicht überrumpeln, erklärte Hauptgeschäftsführer Ralf Pieterwas. Viele Thüringer würden sich übergangen fühlen. Pieterwas zufolge war die geplante neue Trasse mit der Bezeichnung P540 im zuletzt diskutierten Entwurf des Netzentwicklungsplans nicht enthalten, deshalb habe die öffentliche Diskussion noch gar nicht stattfinden können.

Akzeptanz in der Region notwendig

Ein unabgestimmter Planungseingriff durch Bayern sei für die notwendige Akzeptanz in der Region nicht dienlich. Es sei noch völlig unklar, warum das Projekt notwendig sei und ob es wirklich komme.

Für Kritik sorgt auch der geplante Verlauf der neuen Trasse. Dieser ist laut IHK ähnlich zu einer bereits früher verworfenen Trasse, die durch das Heldburger Land führen sollte. Laut IHK ist das eine touristisch und kulturlandschaftlich sensible Region. Deshalb habe man die damaligen Pläne zusammen mit den Energieministern Thüringens, Bayerns und Hessens abgelehnt.

dpa/BR (csr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 12. Februar 2024 | 20:00 Uhr

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