
Der Redakteur | 04.03.2025 Wie viele große Energiespeicheranlagen gibt es in Thüringen?
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28. November 2024, 19:03 Uhr
Stromspeicher sind ein wichtiger Teil der Energiewende bzw. genau genommen für die Zeit danach. Jetzt sind wir in einer Übergangsphase, die viele Irrtümer in sich trägt. Auch was die Funktion der Speicher betrifft.
Um es zunächst klar zu sagen: Wir haben den größten Speicher. Das Pumpspeicherwerk Goldisthal setzt mit seinen 1060 MWh Maßstäbe in Europa. Damit können wir arbeiten.
Pumpspeicherwerke speichern den Strom aber nur indirekt. Die "echten“ Stromspeicher kommen aktuell als Lithium-Ionen-Speicher daher, die nachhaltigere Technologie dürfte aber der Natrium-Ionen-Speicher werden bzw. der Natrium-Beta-Aluminat-Keramik-Speicher, entwickelt auch in Thüringen, u.a. am Fraunhofer-Institut in Arnstadt.
Der Vorteil: Die Ausgangsstoffe sind bei uns verfügbar, seltene Erden nicht nötig und die Speicher brennen auch nicht. Im brandenburgischen Schwarze Pumpe entsteht aktuell eine erste Fabrik für diese Speichertypen, die nächste soll folgen.
Wofür speichern wir den Strom?
Das Problem unseres Stromes ist: Wir müssen zu jedem Zeitpunkt des Tages immer ziemlich genau so viel Strom verfügbar haben, wie von den Verbrauchern benötigt wird. Das auszugleichen, ist die wichtigste Aufgabe der Speicher, die jetzt überall entstehen. Es ist nämlich ein großer Irrglaube, dass uns diese Speicher über irgendwelche Dunkelflauten hinweghelfen sollen.
Nur mit einem ausgewogenen Mix aus Speichern, Netzausbau und neuen Technologien können wir die Herausforderungen der Energiewende meistern.
Was wir brauchen, sind zunächst Regelspeicher, auch Leistungsspeicher genannt. Das sind diese Lithium-Ionen-Speicher, die quasi in Echtzeit arbeiten und das Netz stabil halten. Je nach Bedarf können sie in Sekundenbruchteilen zwischen Speichern und Abgeben switchen und reagieren so auf die natürlichen Schwankungen von Sonne und Wind.
Sie speichern die Energie aber oft nur für Sekunden oder Minuten, allenfalls für wenige Stunden. Sie sollen uns also weder über die Nacht noch über den Winter bringen.
Für die Nacht sind die Verschiebungsspeicher gedacht. Sie entkoppeln Erzeugung und Verbrauch. Tagsüber speichern, nachts Strom abgeben. Pumpspeicherwerke übernehmen diese Aufgabe zum Beispiel.
Die nächste Stufe sind dann die Langzeitspeicher, mit denen wir tatsächlich Monate überbrücken können, um eben zum Beispiel für den Winter vorzusorgen oder Energie für andere Prozesse zu gewinnen – Stichwort Wasserstoff und "grüne“ Stahlproduktion. Hier sind diverse Technologien im Einsatz oder in der Entwicklung. Dazu gehören z.B. Druckluftspeicher, Schwungradspeicher oder die nach dem Prinzip des Pumpspeicherwerks arbeitenden Betonkugel-Speicher im Meer.
Wie ist der Stand bei den Speichern in Thüringen?
Ganz klein angefangen geht es mit rund 22.000 Speichern los, die bereits in unseren Kellern stehen. Diese bringen nicht nur Vorteile für den Eigentümer, sondern entlasten auch das örtliche Netz. Würde der Strom extern gespeichert, müsste er ja vom Dach durchs Netz zum Speicher und wenn Strombedarf besteht, ginge alles in die andere Richtung.
In neun von zehn Fällen wird bei der Installation einer Photovoltaikanlage auch ein Stromspeicher mit eingeplant.
Auch der Eigenverbrauch entlastet das Netz, es muss weniger Strom herangeschafft werden. Die 22.000 Speicher haben in der Regel eine Kapazität von 5 bis 10 kWh, macht in der Summe 165 MWh.
Zum Vergleich: Der größte aktuell in Thüringen installierte und ähnlich funktionierende Großspeicher hat 60 MWh. Es ist der Wartburgspeicher bei Eisenach. Ein weiterer Speicher in Eisenach, ein Speicher in Gotha und einer in Breitenworbis können jeweils 10 MWh speichern, in Hildburghausen und Eisfeld sind jeweils zwei 12 MWh möglich.
Diese Speicher sind Teil des TEN-Netzes, weitere sechs sind für das erste Halbjahr 2025 beantragt. Zum Vergleich: Die ersten sechs entstanden zwischen 2020 und 2022.
Wie sind die Stromnetze organisiert?
Das Stromnetz ist vergleichbar mit unserem Straßennetz. Es gibt quasi Autobahnen, Bundestraßen, Landstraßen und Ortsstraßen. Dabei sollen möglichst kurze Wege überbrückt werden. Wer in der Nähe eines Windparks wohnt, der wird vor allem Windstrom in der Streckdose haben.
Die Steckdose ist mit dem Niederspannungsnetz ("Ortsstraßen") verbunden, das läuft mit 400 V. Es versorgt Haushalte und kleinere Betriebe. Hinter diesen 400 V (Drehstrom) stecken drei Phasen und etwas Physik. Wird nur eine Phase genutzt mit dem Neutralleiter, kommen dann eben 230 V aus der Dose.
Über dem Niederspannungsnetz liegen die "Landstraßen" = Mittelspannungsnetz im Bereich 1 bis 60 kV. Das transportiert Strom in die Städte und Gewerbegebiete. Das Mittelspannungsnetz ist angebunden an das Hochspannungsnetz mit 110 kV, das quasi als Bundestraße auch Industrieanlagen und größere Stadtwerke verbindet.
Die ganz großen Masten sind dann Teil des Höchstspannungsnetzes (220 kV oder 380 kV, das große Kraftwerke und ganze Regionen miteinander verbindet). Die Umspannwerke zwischen den Netzen sind sozusagen die Abfahrten und Kreuzungen. Dort stehen dann in der Regel auch die Regelspeicher.
Keine Angst vorm Blackout
Mit der Angst der Menschen kann man gute Geschäfte machen. Und sei es auch nur durch Klicks. Wirklich Strommangel gab es punktuell zu DDR-Zeiten, z.B. wenn die Kohle festgefroren war und einzelne Kohlekraftwerke nicht unter Volllast arbeiten konnten, wurden nur einzelne Phasen versorgt, es sank die Frequenz. Mitunter kamen auch nur noch 200 V aus den Steckdosen. Weil die Röhrenfernseher das übelnahmen, haben wir einen Spannungsregler davor geklemmt.
Dass es heute in Deutschland dunkel wird, weil nicht genügend Strom vorhanden ist, das ist ausgeschlossen. Dafür sorgt schon unser europaweites Netz. Allenfalls die Übertragungswege könnten Probleme bereiten, wenn der Netzausbau nicht mit dem steigenden Verbrauch Schritt hält oder wenn durch Havarien usw. Leitungen kurzfristig wegbrechen, wodurch andere Leitungen überlastet werden würden.
Die Herausforderungen für die Netzbetreiber ist das Regeln. Früher gab es nur wenige große Kraftwerke, heute eben viele kleine. Das ist anders, aber dank der Digitalisierung in diesem Bereich genauso beherrschbar, sagt Martin Schreiber von der TEN. Und dazu tragen eben auch die Regelspeicher bei.
MDR (ifl,lou)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 04. März 2025 | 15:10 Uhr
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