Politisch motivierte Kriminalität Deutlich mehr rechte Straftaten in Thüringen
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29. März 2023, 18:57 Uhr
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten hat im vergangenen Jahr einen vorläufigen Höchststand erreicht. Rund die Hälfte der erfassten Straftaten werden dem rechten Spektrum zugeschrieben. Thüringens Innenminister zeigt sich besorgt.
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist in Thüringen im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Das geht aus der Statistik für 2022 hervor, die Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) am Mittwoch vorgestellt hat. Demnach wurden über 3.100 Delikte erfasst - und somit fast 400 Fälle mehr als im Jahr 2021. Auch im Vergleich zu Jahren vor der Corona-Pandemie ist ein Anstieg erkennbar.
Maier sprach von besorgniserregenden Zahlen. Die Gesellschaft werde durch verschiedene Krisen belastet. "Der russische Angriffskrieg und seine Folgen, Nachwirkungen der Corona-Pandemie, der zunehmende politische Extremismus wirken sich belastend auf das gesellschaftliche und politische Klima in Deutschland aus", sagte Maier. Das führe dazu, dass die politische Auseinandersetzung in der Gesellschaft verrohe.
Mehr Straftaten bei Kundgebungen
Zu politisch motivierten Taten zählen kleinere Delikte wie das Beschädigen von Wahlplakaten, aber auch schwere Gewaltverbrechen aus zum Beispiel rassistischen Motiven. Maier und der Präsident des Landeskriminalamts, Jens Kehr, wiesen darauf hin, dass die Zahlen vor dem Hintergrund stiegen, dass es vergangenes Jahr keine Wahl in Thüringen gab. In Wahljahren steigt die Zahl politisch motivierter Straftaten erfahrungsgemäß.
Über 500 politische Straftaten wurden demnach allein bei Demonstrationen begangen. Darunter waren auch etliche Angriffe auf Polizisten. Dem Innenminister zufolge fanden bei vielen Demos Rechtsextremisten Anschluss an Reichsbürger, Querdenker oder Gegner der Corona-Regeln.
Maier: Rechtsextremismus größte Gefahr
Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider. Rund die Hälfte der erfassten Straftaten wurde 2022 als politisch rechts motiviert eingestuft. Bei einem großen Teil der erfassten Straftaten ging es um Propagandadelikte, wenn etwa Hakenkreuze an die Wand geschmiert oder Flyer verbotener Organisationen verteilt wurden. Maier bezeichnete den Rechtsextremismus als größte Gefahr für die Demokratie in Thüringen.
Die politisch motivierten Straftaten aus dem linken Spektrum gingen wieder etwas zurück. 353 solcher Fälle wurden erfasst, 2021 waren es noch 443. Die politisch motivierten Gewaltdelikte verdoppelten sich im Vergleich zum Jahr 2018. Damals wurden 104 solcher Straftaten erfasst, im vergangenen Jahr waren es 261. In neun Fällen ermittelten die Behörden wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Diese Straftaten wurden den Bereichen ausländische Ideologie oder religiöse Ideologie zugeordnet.
Über 1.000 Straftaten nicht zugeordnet
Über 1.000 Fälle konnten laut Ministerium nicht eindeutig einer bestimmten politischen Motivation zugeordnet werden. "Hintergrund sind hier insbesondere Straftaten im Umfeld von Demonstrationen gegen die Pandemie-Maßnahmen oder die Kriegsfolgen", sagte Maier. Für ihn sei diese Kategorie eine unbefriedigende Lösung. "Insbesondere das Protestgeschehen in Ostthüringen ist teilweise eng mit rechtsextremen Strukturen verknüpft", so der Innenminister.
Auffällig ist die deutlich gestiegene Aufklärungsquote im vergangenen Jahr. So wurden 54,6 Prozent der Fälle aufgeklärt. Im Jahr davor waren es noch 42,1 Prozent. Landeskriminalamtschef Kehr erklärte dies mit der teils einfacheren Ermittlung von Tatverdächtigen bei Demonstrationen, wo Straftaten "vor den Augen der Polizei" begangen werden.
MDR/dpa (sar)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 29. März 2023 | 19:00 Uhr