Kriminalität Zahl der Einbrüche in Pößneck wieder rückläufig
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04. Mai 2023, 15:42 Uhr
Nach über 200 Einbrüchen und Vandalismus-Delikten im letzten halben Jahr ist laut Polizei in Pößneck wieder Ruhe eingekehrt. Viele Einwohner fühlen sich trotzdem unsicher - am 3. Mai gab es deshalb eine Einwohnerversammlung.
Um die 50 Pößneckerinnen und Pößnecker sind am Abend in den Bilke-Festsaal gekommen, um von Vertretern von Stadt und Polizei zu hören, wie es nach einer Serie von Straftaten um die Sicherheit in Pößneck bestellt ist. Eine Bürgerinitiative um Wolfgang Kleindienst hatte die Einwohnerversammlung im Stadtrat durchgesetzt. "Uns interessiert, wie man das zukünftig gemeinsam in den Griff kriegen will“, sagt Kleindienst. "Uns interessiert weniger, wer die Täter sind, sondern dass sie erwischt werden und dass dann auch eine Strafe folgt."
Fast täglich Einbrüche und Vandalismus
Ein Rückblick: Seit Juli 2022 klagten die Pößnecker fast täglich über Einbrüche und Vandalismus. Unter vergleichbaren Städten in Thüringen ist Pößneck damit Spitzenreiter. Die meisten Fälle betrafen die Innenstadt. Wenn die mutmaßlichen Täter ermittelt werden konnten, waren sie schnell wieder auf freiem Fuß. Unter den Opfern sorgte das für Frust und Enttäuschung. "Die Täter sind der Polizei oft schon länger bekannt", sagte damals Bürgermeister Michael Modde (Freie Wähler). "Ich weiß, dass die Beamten selbst verärgert sind, wenn sie die so schnell wieder laufen lassen müssen."
Täter ermittelt, doch wieder freigelassen
Doch laut Staatsanwaltschaft Gera gelten hohe Hürden für eine Untersuchungshaft. Auf Anfrage teilten die Geraer mit: "Für eine Untersuchungshaft muss neben dem dringenden Tatverdacht sowohl ein Haftgrund als auch die Verhältnismäßigkeit gegeben sein." Flucht, Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr zählen als gesetzliche Haftgründe. Beispiele aus anderen Bundesländern wie in Bayern, wo Tatverdächtige schneller in U-Haft geschickt werden, sieht die Staatsanwaltschaft nicht als mögliche Gründe. Das Gesetz gäbe hier eigentlich keinen Spielraum.
150 Straftaten in drei Monaten festgestellt
Der Schleizer Polizeichef Klaus Mergner berichtete am Abend über die Polizeieinsätze der letzten Monate in Pößneck. Nach der Häufung der Straftaten sei die Stadt zum Schwerpunkt erklärt worden. Damit kamen alle verfügbaren Kräfte in Pößneck zum Einsatz. Auch Zivilbeamte und Beritschaftspolizei. "Wir haben allein von Dezember bis Februar rund 90 Zivilbeamte zum Einsatz gebracht", sagt Klaus Mergner. "Wir haben damit etwa 150 Straftaten festgestellt. Und wir konnten dadurch die Straftaten eindämmen." Jetzt sei die Kriminalität in Pößneck wieder auf ein "normales Niveau" gefallen.
Laut der Leiterin der Kriminalpolizei in Saalfeld Katrin Krüger werden alle Pößnecker Fälle von einer Arbeitsgruppe in Saalfeld gebündelt bearbeitet. Außerdem gibt es bei der Staatsanwaltschaft Gera einen festen Mitarbeiter für die inzwischen 100 Verfahren, die die Polizei abschließen konnte. Bei der Hälfte der Fälle gäbe es auch Tatverdächtige, so Katrin Krüger. "Die Täter sind meist männlich, zwischen 18 und 38 Jahren alt und einheimische Pößnecker", so das Fazit der Kriminalistin.
"Die Ermittlungen seien schwierig gewesen", ergänzt Klaus Mergner. Viele mögliche Zeugen hätten nicht aussagen wollen. Sie befürchteten Nachteile, oder gar selbst zum Opfer zu werden. Für die Geschädigten, meist kleine Gewerbetreibende ist das ärgerlich. Schon im Februar hatte Margit Gedanitz, die Inhaberin der kleinen Postfiliale, das Schweigen der Pößnecker beklagt. "Die Täter sind vielen bekannt", sagte sie damals. "Doch keiner will sie anzeigen."
Appell an Zivilcourage der Pößnecker
Deshalb appellierten am Abend auch Polizei und mehrere Anwesende für mehr Zivilcourage. Stadtrat Steve Richter (Grüne/ SIP) forderte die Stadtverwaltung auf, Zivilcourage zu stärken. Seine Fraktionskollegin Constanze Truschzinski plädierte dafür, die Anwohner in Sachen Zivilcourage zu schulen, damit sie sich im Ernstfall richtig verhalten. Wie groß die Unsicherheit ist, zeigte eine Pößneckerin, die über ihre Erlebnisse mit einer Gruppe Jugendlicher in der Innenstadt berichtete, die lärmend und pöbelnd durch das Zentrum gezogen sei. "Ich hatte meine Kinder dabei", sagt sie. "Trotzdem hätte ich am liebsten Fotos gemacht." Klaus Mergner rät zur Vorsicht. Täter könnten dann aggressiv werden. Besser sei es, die Polizei zu rufen und dann von den Betreffenden eine gute Beschreibung zu liefern.
Emotional wurde es in der ansonsten sachlichen Debatte, als viele Anwesende beklagten, dass aus ihrer Sicht den Tätern keine oder nur milde Strafen drohen. "Die haben das Gefühl, wir sind die Chefs in der Stadt", sagte ein Gewerbetreibender. "In ein bis zwei Jahren haben wir ein Riesenproblem, weil diese Gruppen immer neue Leute um sich scharen."
Kontroverse Debatte zu Videoüberwachung
Kontrovers wurde auch eine Videoüberwachung diskutiert, die in Pößneck schon länger im Gespräch ist. Nico Schwenke, in der Stadtverwaltung zuständig für das Ordnungsamt, stellte den Stand des Projektes vor. Drei Standorte werden momentan favorisiert. Bei Kosten pro Kamera in Höhe von etwa 30.000 Euro sei mehr nicht zu stemmen. Viele der Anwesenden befürchten, dass sich die Kriminalität dann nur innerhalb der Stadt verlagert.
Laut Nico Schwenke sehen die Erfahrungen anderer Städte in Thüringen allerdings anders aus. So hätten zum Beispiel Sonneberg und Suhl gute Erfahrungen gemacht. Trotzdem muss die Stadtverwaltung noch einige Hausaufgaben erledigen. "Wir müssen das System vor allem datenschutzkonform machen", sagt Schwenke. "Sonst müssen wir die teuren Kameras vielleicht ganz schnell wieder abbauen."
Bürgermeister Michael Modde wünscht sich eine noch bessere Zusammenarbeit mit der Polizei und Justiz, aber auch mit den sozialen Partnern vor Ort. Polizeichef Klaus Mergner beklagte eine angespannte Personalsituation im Landkreis, will aber mit seinen Beamten weiter verstärkt in Pößneck präsent bleiben.
MDR (adr/dr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 04. Mai 2023 | 19:00 Uhr
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