Kooperation Gera – Temeswar "Gurre-Lieder" auf Geras Bühne: Monumentalwerk mit rund 400 Mitwirkenden
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22. September 2023, 04:00 Uhr
Am Wochenende wird in Gera das Musikspektakel "Gurre-Lieder" von Arnold Schönberg aufgeführt. Dafür hat sich das Orchester des Theaters mit der Banater Philharmonie aus Geras rumänischer Partnerstadt Temeswar, mit mehreren Solisten und Chören zusammengetan. Aufgeführt wird das Oratorium am 22. und 23. September 2023 in Gera sowie vom 28. bis 30. September 2023 in Temeswar. Kathleen Bernhardt war bei einer Probe dabei.
- Das Musikspektakel "Gurre-Lieder" vereint rund 400 Mitwirkende
- Das Werk erzählt eine tragische Liebesgeschichte
- Die zwei Aufführungen in Gera haben Seltenheitswert
Dirigent Gabriel Bebeşelea klopft auf sein Pult. Und dann passiert etwas Magisches: Über 100 Männerstimmen füllen klangvoll den Raum. Dabei war das eben noch nicht mal eine richtige Probe, sondern nur das erste Kennenlernen der Chöre. Bis eben haben sich die meisten Sänger noch nie gesehen. Doch für das Musikspektakel "Gurre-Lieder" werden bis zu 400 Mitwirkende auf der Bühne gebraucht.
Und so spielen die Orchester des Theaters Altenburg Gera und die Banater Philharmonie Temeswar zusammen. Dazu kommen jeweils die Theaterchöre, die Sänger der Ion Vidu-Schule Temeswar und der Konzertchor des Gymnasiums Rutheneum Gera. Die eigentlich große Bühne im Kultur- und Kongresszentrum Gera ist bis auf den letzten Platz optimal ausgenutzt. Doch es reicht nicht. Projektleiter Norbert Jan Skowronek verteilt die Chöre deshalb auch in den Rängen: "Ein Hörspektakel für die Zuschauer, wenn aus dem Hintergrund gesungen wird", schwärmt er mit leuchtenden Augen.
400 Mitwirkende aus Rumänien und Deutschland – ein Kraftakt für die Organisatoren
Unzählige logistische Herausforderungen hat das Orga-Team um den Projektmanager Norbert Jan Skowronek schon gelöst: Allein die Reise aus Rumänien nach Thüringen. Mit Bus und Flugzeug sind alle Beteiligten nach Gera angekommen. Wo schlafen die Musiker, wer kümmert sich um kleine Alltagsprobleme? Zum Glück gibt’s hier Caliope Braumann-Badea. Bis vor kurzem hat sie noch die erste Violine im Philharmonischen Orchester Gera gespielt. Nun ist die gebürtige Rumänin für ihre Landsleute da, hilft bei musikalischen, logistischen und zwischenmenschlichen Fragen weiter.
Die Stimmung auf der Bühne ist sehr gut!
"Es haben sich sogar Musiker aus anderen Orchestern bei uns gemeldet, weil sie einmal in so einem Werk mitspielen wollen", so der Projektmanager stolz. Jeweils für sich haben die Musiker und Sänger zu Hause geprobt. In dieser Woche wird nun alles zusammengeführt. Dirigent Gabriel Bebeşelea – ein Shootingstar unter den Dirigenten in Europa – lässt zuerst Streichinstrumente und Harfen erklingen. Täglich kommen nun neue Musiker hinzu. "Ich habe die Musiker anfangs geteilt, weil es wirklich sehr kompliziert und schwer zu spielen ist. Es ist ein sehr anstrengendes Stück", so Bebeşelea.
Auf Deutsch, Englisch und Rumänisch ruft er seine Anweisungen über die Bühne. Die Stimmung bei allen ist gelöst, es wird viel gelacht. Gemeinsam schaut man über Noten, gibt sich Tipps für dieses Meisterwerk: ein Oratorium in drei Teilen für Gesangssolisten, Sprecher, drei vierstimmige Männerchöre, achtstimmigen gemischten Chor und großes Orchester. Am 22. und 23. September muss das alles perfekt funktionieren.
Dänische Mythologie in romantische Musik verpackt
Erzählt wird in dem Stück übrigens eine klassische dramatische Liebesgeschichte, die im Mittelalter auf dem dänischen Schloss Gurre spielt: Der verheiratete Schlossherr Voldemar verliebt sich in eine Zofe – das kann nicht gut gehen. Es gibt einen Mord. Die Musik komponiert hat der Wiener Arnold Schönberg 1900 bis 1903, er wurde berühmt für seine sogenannte Zwölftonmusik, die nicht unbedingt jedem gefällt. Doch die "Gurre-Lieder" sind ganz anders, schwärmt der Dirigent:
Wunderschöne Spätromantik, fast ein bisschen Wagner. Es ist sehr innig und sehr persönlich.
Am 23. Februar 1913 hatten die "Gurre-Lieder" in Wien Premiere. So schreibt Florian Illies in seinem Erfolgsroman "1913": "(…) und das Publikum erwartet sehnsüchtig einen neuen Skandal (…) Doch der Skandal bleibt aus (…) mit tränennassen Gesichtern wurde dem Tondichter ein Dank entgegengerufen (…)".
Viele Konzertbesucher aus ganz Mitteldeutschland erhofft
Begeisterung – darüber wäre nicht nur Projektleiter Skowronek froh. Er allerdings hofft auf sehr viele Konzertbesucher aus ganz Mitteldeutschland. Die letzte Aufführung der "Gurre-Lieder" war im März 2021 an der Semperoper Dresden: Eine ausverkaufte Vorstellung, dann kam der Lockdown. "Alle die es damals verpassen mussten, können das nun – ein paar Kilometer weiter – in Gera nachholen".
Zwei Vorstellungen werden am 22. und 23. September in Gera gespielt. Dann zieht der komplette Tross ins rumänische Temeswar um. In der Europäischen Kulturhauptstadt 2023 stehen alle über 400 Mitwirkenden am kommenden Donnerstag bis Samstag auf der Bühne. Es ist Thüringens Beitrag zum Kulturhauptstadtjahr dort.
Weitere Informationen
"Gurre-Lieder" von Arnold Schönberg
Aufführungen am 22./23. September 2023
Kultur- und Kongresszentrum Gera
Schloßstraße 1
07545 Gera
Redaktionelle Bearbeitung: JB
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 20. September 2023 | 17:10 Uhr