Goldmedaille für Gemeinden Dorfleben mit Zukunft: Wie Bollstedt in Thüringen von einem Wettbewerb profitierte

11. Juni 2021, 21:31 Uhr

Die Anmeldefrist für den Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" ist jetzt wegen Corona bis August verlängert worden. Es gibt noch zu wenig Bewerber. Im vergangenen Jahr hatte Bollstedt den Bundeswettbewerb gewonnen. Was die Auszeichnung dem Ort gebracht hat, wie es heute da aussieht und ob das Preisgeld schon ausgegeben ist, erzählen der alte und der neue Bürgermeister.

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Kennen Sie Bollstedt? Wenn nicht, sind Sie damit nicht alleine. Bürgermeister Thomas Ahke und sein Amtsvorgänger Hagen Lindner müssen immer wieder erklären, wo das preisgekrönte Dorf liegt und was es so besonders macht. Im vergangenen Jahr hat die Gemeinde nämlich den Bundeswettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" gewonnen und dafür eine Goldmedaille bekommen.

Dorf-Wettbewerb hat vieles verändert

Begonnen hatte alles schon 2017 mit der Bewerbung für den Regionalwettbewerb. Als die Jury damals durch Bollstedt lief, um die Preisträger für den Regionalwettbewerb zu finden, nahmen die etwa 1.000 Einwohner allerdings kaum Notiz davon - und die meisten waren skeptisch bezüglich der Chancen auf einen Preis. Auch Thomas Ahke: "Ich finde Bollstedt wunderschön, aber ich dachte damals, dass wir nichts Besonderes sind", erinnert er sich.

Wir haben wirklich durch diesen Wettbewerb unser Dorf mit anderen Augen gesehen. Wir schätzen jetzt viel mehr, was wir hier haben.

Hagen Lindner

Aber dann ging es Schlag auf Schlag. Denn im Regionalwettbewerb war Bollstedt 2017 Dritter geworden und im Landeswettbewerb 2018 Zweiter. "Da blieb ja für den Bundeswettbewerb nur Platz eins", witzelt Bürgermeister Thomas Ahke.

Auf der Grünen Woche in Berlin Anfang des Jahres wurde der Preis dann übergeben. Mit zwei Bussen war man aus Bollstedt angereist zu diesem Ereignis. Außer Ruhm und Ehre gab es noch 15.000 Euro. Ahke ergänzt: "Die Euphorie, die Energie durch diesen Preis hat uns durch die ganze Corona-Zeit getragen."

Preisgeld gut angelegt

Ein Teil des Geldes ist mittlerweile im neuen Spielplatz verbaut, daneben sprudelt ein Froschbrunnen, jetzt soll der Anger neu gestaltet werden. Denn der wird momentan kaum genutzt. Der Ortsteilrat und die Vereinsvorsitzenden haben das gemeinsam entschieden. "Wir hatten ja während der Corona-Einschränkungen genug Zeit, Ideen zu entwickeln", erzählt Hagen Lindner.

Künftig sollen hier Kinder spielen können, es wird einen Rastplatz für Fahrradfahrer geben, die den Unstrut-Radweg nutzen. "Typischerweise ist der Anger ja Treffpunkt für Jung und Alt", sagt Thomas Ahke. "Das soll wieder so werden. Deshalb pflanzen wir auch eine Linde und bauen eine schöne Rundbank." Und weil auch noch ein Brunnen dazukommen soll, reicht das Preisgeld am Ende natürlich nicht. Etwa 100.000 Euro, schätzen Lindner und Ahke, wird der Anger kosten. Aber die Fördermittel dafür sind schon avisiert.

Neue Ideen: Noch grüneres Bollstedt

Wenn der Bürgermeister zum runden Geburtstag gratuliert oder zur Goldenen Hochzeit gibt es in Bollstedt übrigens keinen Präsentkorb oder Blumenstrauß - hier bekommen die Jubilare ein Bäumchen. Mit einer Tafel versehen, werden die dann auf einer Fläche am Dorfrand gepflanzt und bald wird dort ein Mischwald wachsen. Denn den Bollstedtern ist es wichtig, ihren Ort noch grüner zu machen.

Auch ein traditioneller Bauerngarten wurde im öffentlichen Bereich angelegt, gepflegt wird der vom Kindergarten. All diese Ideen, das gesamte Dorfleben - Bürgermeister Ahke sieht die Ursache dafür vor allem im regen Vereinsleben der Gemeinde. "Das war früher schon so und jetzt, wo wir zur Stadt Mühlhausen gehören, ist das noch wichtiger geworden."

Anmeldeschluss für Wettbewerb verlängert

Bisher haben sich zu wenig Dorfgemeinschaften beim Ministerium angemeldet. In der Corona-Pandemie war es schwer, zusammen über Ideen für eine Bewerbung und die entsprechende Präsentation nachzugrübeln. Deshalb ist der Anmeldeschluss jetzt auf Ende August verschoben worden.

Aus dem Landwirtschaftsministerium heißt es dazu: "Gesucht werden Dörfer, die als Gemeinschaft dafür sorgen, dass ihr Ort attraktiv und lebenswert ist und bleibt. Dabei werden nicht nur die sichtbar erreichten Erfolge bewertet, sondern vor allem die bereits erzielten Schritte einer ganzheitlichen Dorfentwicklung. Im Mittelpunkt steht das Engagement der Dorfgemeinschaft."

Hagen Lindner bestätigt das: "Es geht nicht darum, dass alles schon fertig ist. Wir haben uns damals einfach so präsentiert, wie wir sind, mit allen Stärken und Schwächen. Und das hat die Jury offenbar überzeugt."

Bollstedt punktet mit toller Gemeinschaft

Das Zusammenleben im Dorf war eines der Kriterien der Jury. "Und hier in Bollstedt macht eben nicht jeder seins, die Vereine helfen sich auch gegenseitig", erzählt Hagen Lindner. "Egal, ob bei regulären Arbeitseinsätzen oder in Notfällen." Er schätzt, dass mehr als 70 Prozent der Bollstedter in dem einen oder anderen Verein Mitglied sind. Erst im Verlauf des Wettbewerbs hat er gemerkt, dass das nicht überall so ist. "Wir haben wirklich durch diesen Wettbewerb unser Dorf mit anderen Augen gesehen. Wir schätzen jetzt viel mehr, was wir hier haben."

Erste Runde startet jetzt - Bewerbungsfrist läuft

Der Regionalwettbewerb 2021 ist aber nur die erste Stufe im Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft". Die Gewinnerdörfer qualifizieren sich nämlich für den Landeswettbewerb 2022 und möglicherweise für den Bundeswettbewerb 2023. Teilnahmeberechtigt sind räumlich geschlossene Orte, Ortschaften oder Ortsteile mit überwiegend dörflichem Charakter und einander angrenzende Dörfer mit insgesamt höchstens 3.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Nächster Wettbewerb wird schon vorbereitet

Die Konkurrenz aus Bollstedt müssen die Bewerber übrigens nicht fürchten. Denn die Gemeinde kann dieses Jahr nicht am Regionalwettbewerb teilnehmen. Bollstedt vertritt nämlich jetzt Deutschland beim Nachhaltigkeitswettbewerb Entente Florale Europe. Thomas Ahke: "Das ist für uns eine große Ehre, aber es bleibt auch noch eine ganze Menge zu tun." Wenn Bollstedt weiter so zusammenhält, kommt also vielleicht bald ein neuer Preis dazu. Und spätestens dann, da sind der alte und der neue Bürgermeister sicher, kennt man die kleine Gemeinde Bollstedt in ganz Europa.

Entente Florale Europe Die Entente Florale Europe (französisch für Blumiges Einvernehmen) ist ein europaweiter Wettbewerb, der die Bürger in Städten, Gemeinden und Dörfern dazu anhalten will, die Wohn- und Lebensqualität zu erhöhen. Aus dem ursprünglichen Pflanzen- und Blumenwettbewerb hat sich inzwischen ein Wettbewerb entwickelt, der im Kriterienkatalog wesentlich mehr Anforderungen an die Bewerber stellt als eine rein optische Ortsbildverschönerung. 1977 als britisch-französische Initiative gegründet, nehmen mittlerweile zwölf europäische Staaten teil.

Zahlen & Fakten

Im Wettbewerb des Bundes-Landwirtschaftsministeriums wurden acht Goldmedaillen vergeben, außerdem 15 mit 10.000 Euro dekorierte Silberne, unter anderem an den Landessieger Waffenrod-Hinterrod (Kreis Hildburghausen). Für Thüringen gab es seit 1995 fünf weitere Golddörfer: darunter Donndorf, Wechmar und Tiefengruben.

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Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 19. Mai 2021 | 16:00 Uhr

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