Thomas Kemmerich, 2023
Thomas L. Kemmerich - Spitzenkandidat der Thüringer FDP. Bildrechte: Thomas Kemmerich

Landtagswahl 2024 FDP-Spitzenkandidat Thomas Kemmerich

31. August 2024, 10:00 Uhr

Thomas Kemmerich sind schon viele – schmeichelhafte und weniger schmeichelhafte – Zuschreibungen verpasst worden. Politisches Stehaufmännchen. FDP-Alleinunterhalter. Umfaller. Kemmerich selbst hält sich für nichts weniger als die personifizierte Überlebens-Garantie der Freien Demokraten in Thüringen.

Wer dieser Tage durch Thüringen fährt, sieht Großflächen-Werbeplakate mit dem Gesicht von Thomas Kemmerich. Dazu der Spruch: "Hat gearbeitet, bevor er mitgeredet hat."

Die Botschaft soll sein: Ich bin kein Karriere-Politiker. Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal: Das Image der Berufspolitiker-Kaste ohne Erfahrungen außerhalb der Partei will der 59-Jährige lieber der Konkurrenz zuschieben. Und tatsächlich kann der FDP-Mann auf eine lange außerpolitische Karriere als Unternehmer verweisen.  

Kemmerichs Hang zur Selbstvermarktung 

Nach seinem Studium in Bonn hatte es Thomas Kemmerich aus seiner nordrhein-westfälischen Heimat nach eigenem Bekunden nach Thüringen gezogen. Er sei noch in der Nacht des Mauerfalls Richtung Osten gefahren, erzählt Kemmerich gern anekdotisch.

Kurz darauf bekommt er einen Job angeboten. Er soll Unternehmen im Transformations-Wirrwarr und bei der Privatisierung unterstützen. Aus dem Job macht Kemmerich eine Beraterfirma mit dutzenden Mitarbeitern. Bis heute betont er: "Ich habe die Firmen beraten und nicht abgewickelt."

Wer will, kann darin einen Seitenhieb auf SPD-Spitzenkandidat Georg Maier erkennen. Maier, ebenfalls im Westen geboren und mit späterer Ost-Karriere in der Politik, hatte eine Zeit lang für die Nachfolge-Organisation der Treuhand gearbeitet. Kemmerich dagegen ist bis heute, neben dem Politiker-Dasein, auch noch Unternehmer. 

FDP-Spitzenkandidat Thomas Kemmerich 2 min
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Kemmerich wirbt noch mit einem weiteren Großflächen-Plakat, das deutlich mehr provoziert. Auf diesem Plakat sind Cowboy-Stiefel, wie er sie gerne trägt, zu sehen. Vor den Stiefeln liegt ein Blumenstrauß.

Es ist die Szene nach Kemmerichs umstrittener Wahl zum Ministerpräsidenten im Frühjahr 2020. Die Mehrheit dafür war zustande gekommen, weil auch die AfD für den Liberalen gestimmt hatte. Der nahm das Amt trotzdem an. Die damalige Linken-Fraktionschefin hatte dem FDP-Mann aus Verärgerung darüber den Blumenstrauß vor die Füße geschmissen.

Jetzt, vier Jahre nach dem Dammbruch von Erfurt, wirbt Kemmerich ausgerechnet mit der Szene, in der das Land ins politische Chaos stürzte. "Zurückgetreten, um Anlauf zu nehmen", steht auf dem Plakat. Für seine Kritiker ein Affront.  

Die Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow steht vor Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) im Thüringer Landtag. Zwischen beiden liegt ein Blumenstrauß auf dem Boden.
Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow warf Thomas Kemmerich den Blumenstrauß demonstrativ vor die Füße. Bildrechte: MDR THÜRINGEN JOURNAL

Umgang mit dem Dammbruch 

Dass Kemmerich das Motiv abgesegnet hat, erklärt sich durch eine einzige Antwort. Danach gefragt, wie er in den Tagen nach der Wahl mit den Anfeindungen gegen sich und seine Familien umgegangen sei, sagt der FDP-Mann: "Es gibt Stimmen, die sagen: Du warst im Amt, warum bist Du nicht dringeblieben?"

Die Kritik, er hätte das Amt gar nicht erst annehmen sollen, versucht Kemmerich so zu entkräften: "Dann hätte das halbe Land gesagt, ich sei ein Weichei. Antreten, die Mehrheit bekommen und dann Nein sagen." Und beiläufig ergänzt er: "Ich hatte eine Mehrheit, Ramelow hatte keine."  

Was dem Dammbruch folgte, war für Kemmerich eine Wahlperiode auf der Oppositionsbank. Unter seinem Vorsitz schrumpfte die Fraktion, nach dem Austritt Ute Bergners, zu einer Gruppe zusammen. Dennoch konnten die Liberalen durchaus parlamentarische Teilerfolge verzeichnen. Gleich zwei von ihnen eingebrachte Gesetze fanden eine Mehrheit. Stets kam die Mehrheit dafür durch CDU- und AfD-Stimmen zustande.  

Zweck-Optimist oder Realitätsverweigerer? 

Anfang April. Die Thüringer FDP hat zum Parteitag geladen und dafür den Saal eines großen Hotels in Weimar gemietet. Heimspiel für Kemmerich. Er wohnt unweit des Veranstaltungsorts.

Im Thüringen-Trend, der MDR-Wahlumfrage, ist der gelbe Balken, mit dem die Demoskopen stets die Werte der FDP ausweisen, zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr vorhanden. Die Partei ist in den nicht mehr messbaren Bereich gerutscht. Andere Umfragen sehen die Liberalen damals und heute bei zwei Prozent. Wäre das auch das Ergebnis am Wahlabend, säße die FDP künftig nicht mehr im Landtag. 

Umso erstaunlicher, was Kemmerich an diesem Tag als Ziel für den Wahlabend ausgibt: acht bis zehn Prozent. Die Delegierten sind zufrieden. Sie wählen den Landesvorsitzenden mit überwältigendem Ergebnis zum Spitzenkandidaten. Ernstzunehmende Konkurrenz gibt es für Kemmerich nicht in der Partei. Der Dammbruch 2020 scheint vergessen und verziehen. Zumindest im heimischen Landesverband.

Die Bundespartei trägt dem Thüringer Spitzenkandidaten die Vorgänge von damals noch immer nach. Finanzielle und personelle Unterstützung aus der Berliner Parteizentrale wird es nicht gegeben. Zu stören scheint das Kemmerich allerdings wenig. Im Gegenteil. Als Verstoßener kann er ohne Rücksicht gegen die Bundesregierung, deren Teil die Bundes-FDP ist, austeilen. 

Regierungsbeteiligung als erklärtes Ziel 

Der Wahlkampf hat begonnen und Kemmerich setzt vor allem auf drei Themen. Bildungspolitik mit weniger Unterrichtsausfall, den digitalen Umbau der öffentlichen Verwaltung und seinen persönlichen Bekanntheitsgrad. Diesen führt der 59-Jährige häufig an, wenn es darum geht, seine Mitstreiter vom eigenen Wert zu überzeugen. "Ich glaube, die Leute hören mir zu, die können mit meinem Namen und meinen politischen Inhalten etwas anfangen", erklärt Kemmerich.  

Der FDP-Spitzenkandidat ist überzeugt: "Wenn wir das angepeilte Ziel am Wahltag schaffen, sind wir in der Position, Verantwortung für dieses Land übernehmen zu wollen." Während die Umfragen den Liberalen den Absturz in die außerparlamentarische Opposition ankündigen, träumt der Spitzenkandidat von einer Regierungsbeteiligung. 

Kemmerich peilt Deutschland-Koalition an 

In welcher Konstellation er mitregieren will, hat Kemmerich bereits öffentlich gemacht. "Die Schnittmengen sind mit CDU und SPD am größten. Wir sehen ein erfolgreiches Beispiel für eine Deutschland-Koalition im Nachbarland Sachsen-Anhalt, wo eine FDP-Ministerin sehr erfolgreich auch die Digitalisierung betreibt. Das könnte Vorbild sein." Koalitionen mit Linken, BSW, Grünen und der AfD schließt der 59-Jährige aus.  

Thomas Kemmerich 8 min
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8 min

Thomas Kemmerich ist Spitzenkandidat für die FDP in Thüringen. Sehen Sie hier ein ausführliches Interview mit ihm.

Mi 07.08.2024 15:00Uhr 07:52 min

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