Landtagswahl 2024 Wie die 18-Uhr-Prognose zustande kommt
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01. September 2024, 16:59 Uhr
Mithilfe der Nachwahlbefragung weiß der MDR schon um 18 Uhr, wie das Wahlergebnis zur Landtagswahl in etwa ausfallen wird. Am Sonntag sind in 180 Wahllokalen in ganz Thüringen Mitarbeitende des Umfrageinstituts infratest dimap unterwegs. Ihr Ziel: Möglichst viele Wählerinnen und Wähler dazu ermuntern, den anonymen Fragebogen auszufüllen. Aus denen leiten die Wahlforscherinnen und Wahlforscher dann eine konkrete Prognose für das Wahlergebnis ab.
- Bei der Landtagswahl werden in 180 Thüringer Wahllokalen Nachwahlbefragungen durchgeführt.
- Damit kann der MDR schon um 18 Uhr eine erste Wahlprognose geben.
- Die Wahlnachbefragung ist repräsentativ und unterscheidet sich kaum von dem tatsächlichen Wahlergebnis.
"Gehören Sie zum Wahlkreis 131?" Luisa S. steht neben einem kleinen Tisch im Vorraum einer Erfurter Kita. Seit kurz nach 7 Uhr steht ist sie hier und hat ihren kleinen Stand aufgebaut. Eine dunkelblaue Box mit der Aufschrift "18-Uhr-Prognose", ein paar Klemmbretter mit Fragebögen, Stifte. Mehr braucht sie nicht.
Es ist kurz nach 8 Uhr. Die Wahllokale in ganz Thüringen sind offen. Die ersten haben schon gewählt, einige im Jogging-Outfit oder mit Brötchentüte in der Hand. Zwei Kreuze noch vor dem Frühstück.
Wahlprognose, nicht Wahlergebnis
Luisa hat eine Mission: Möglichst viele Wählerinnen und Wähler dazu ermuntern, den Fragebogen für die Wahlprognose auszufüllen. Beauftragt wurde sie dafür von infratest dimap, einem Umfrageinstitut für Wahl- und Meinungsforschung. Dieses sorgt bei Wahlen dafür, dass die ARD schon um 18 Uhr eine Wahlprognose abgeben kann. Wahlprognose, nicht Wahlergebnis, das ist wichtig.
Beides wird nämlich oft verwechselt, sagt Dr. Stefan Merz, Wahlforscher und bei infratest dimap verantwortlich für die Wahlsonntage. "Wir versuchen, möglichst frühzeitig zu erfahren, wie die Wahl ausgegangen ist, damit die Berichterstattung stattfinden kann."
Die Wahlprognose sagt eine Verteilung der Stimmen hervor, die dem tatsächlichen Wahlausgang sehr nahe kommt. Damit das auch bei der Thüringer Landtagswahl klappt, stehen die Mitarbeitenden von infratest dimap heute vor 180 ausgewählten Wahllokalen im Freistaat.
20.000 Wählerinnen und Wähler sollen idealerweise den Fragebogen ausfüllen. Befragt werden sie anonym: Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss und welche Partei gewählt wurde. Jeder, der mitmacht, füllt den Fragebogen selbst aus. Die Mitarbeiter von infratest dimap vor Ort sehen also nicht, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Erhebung auf den Fragebögen ankreuzen.
"Erstmal fragen sich viele Leute, was ich hier mache. Aber wenn sie dann den Grund erfahren, warum ich hier stehe, machen viele gern mit", sagt Luisa. Bisher haben etwa 20 Leute den Fragebogen ausgefüllt. Um 08:45 Uhr gibt sie den Mitarbeitenden von infratest dimap am Telefon eine erste Zwischenbilanz. Das geht dann jede Stunde so, bis die Wahllokale um 18 Uhr schließen.
Wahlprognose und tatsächliches Wahlergebnis unterscheiden sich kaum
Die Nachwahlbefragung oder Nachwahlerhebung ist keine Neuerfindung. Seit 1996 erforscht infratest dimap für die ARD und ihre Rundfunkanstalten, zum Beispiel auch den MDR, alle Wahlen im Land, ob Bundestag, Kommunalwahl oder Europawahl.
Die Prognosen, die sie für die Wahlen herausgeben, kommen den tatsächlichen Wahlergebnissen sehr nah. Bei der Prognose zur Bundestagswahl 2021 unterschieden sich die Werte der 18-Uhr-Prognose in der ARD und den tatsächlichen Wahlergebnissen zwischen 0,8 Prozentpunkten (Union) und 0,1 Prozentpunkten (Die Linke).
Wenn uns alle Wähler anlügen würden, wäre auch die Prognose schief.
Das klappt so, weil alle erhobenen Daten, durch die Wahlforscherinnen und Wahlforscher von infratest dimap mithilfe von Modellen und komplexen Rechensystemen ausgewertet werden. Das macht die Wahlprognose repräsentativ. Ohne die Bereitschaft der Wählerinnen und Wähler geht aber nichts, sagt Dr. Stefan Merz: "Wenn uns alle Wähler anlügen würden, wäre auch die Prognose schief."
Bei der Nachwahlerhebung sind aber nicht nur die Stimmanteile der einzelnen Parteien für die Wahlforschenden interessant. Sie geben auch eine Prognose für die Sitzverteilung im Parlament. Und: Sie erforschen das Wahlverhalten der Thüringerinnen und Thüringer. Wie unterschiedlich wählen Männer und Frauen, Jung und Alt, Arbeiter und Akademikerinnen?
Für Luisa wird es heute noch ein langer Tag werden. Bis 18 Uhr sammelt sie die Fragebögen der Wählerinnen und Wähler, danach ist sie bei der Auszählung der Fragebögen dabei. Damit alle möglichst schnell wissen, wie der zukünftige Landtag in Thüringen aussehen könnte.
MDR (aw)