Die Landeshauptstadt stimmt bei Landtagswahlen traditionell anders ab als der Rest von Thüringen, so auch bei der Wahl am vergangenen Sonntag. Ginge es nach den Erfurterinnen und Erfurtern, dann hätte die AfD die Wahl nur knapp vor der CDU gewonnen und die Linke wäre nicht ganz so dramatisch abgestürzt. Das Dreierbündnis aus CDU, BSW und SPD hätte wie auch im landesweiten Ergebnis knapp die Mehrheit verfehlt, dafür wären die Grünen in den Landtag eingezogen.

Aber auch Erfurt ist keine einheitliche Fläche. Je nach Stadtteil schneiden die Parteien ganz unterschiedlich ab. Detaillierte Ergebnisse aus den Urnenwahlbezirken zeigen, welche Parteien in welchen Nachbarschaften besonders beliebt sind. Weil die Briefwahl-Stimmen sich den Wahllokalen nicht zuordnen lassen, beziehen sich die Ergebnisse ausschließlich auf Menschen, die in den Wahlkabinen ihre Kreuze gesetzt haben.

Bei der Wahl am vergangenen Sonntag war Erfurt in 150 Urnenwahlbezirke eingeteilt. In jedem davon haben einige hundert Menschen ihre Stimme abgegeben. Färbt man die Bezirke nach der Gewinnerpartei ein, dann ergibt sich eine blau-schwarze Karte mit einigen grünen und dunkelroten Tupfern.

Die AfD erzielt ihre stärksten Ergebnisse mit bis zu 46 Prozent in Randbezirken wie Stotternheim, Melchendorf und Herrenberg. Auch im Plattenbaugebiet Moskauer Platz schneidet sie gut ab. In rund zwei Drittel der Wahlbezirke liegt die AfD auf dem ersten Platz.

Etwas weniger als ein Drittel der Wahlbezirke stimmt Schwarz. Vor allem Marbach, Hochheim und die Löbervorstadt sind CDU-Hochburgen.

In den restlichen Wahlbezirken liegen Linke und Grüne vorne. Die Linkspartei schneidet in der Andreasvorstadt überdurchschnittlich gut ab und die Grünen – landesweit bei gerade einmal 3,2 Prozent – holen im Stadtzentrum mancherorts jede fünfte Stimme. Beide Parteien können sich also ein paar Bastionen bewahren.

Bei den gezeigten Ergebnissen ist jedoch zu beachten, dass sie nur einen Teil der Wählerschaft abbilden. Rund ein Drittel der Wählerinnen und Wähler hat nach MDR-Berechnungen ihre Stimme per Brief abgegeben. Unter ihnen schneidet die AfD deutlich schlechter ab als in den Wahllokalen.

CDU und Linke erzielen hingegen unter Briefwählern bessere Ergebnisse. Könnte man diese Stimmen hinzuzählen, wäre auf den Karten vermutlich weniger blau und dafür mehr schwarz und dunkelrot zu sehen.

Auch auf der Karte der Zweitplatzierten sind viele Flächen blau und schwarz eingefärbt. Die AfD belegt meist dort den zweiten Platz, wo die CDU auf dem ersten Platz liegt und umgekehrt. Das heißt: Die Linkspartei – bei der Landtagswahl 2019 noch mit Abstand stärkste Kraft in Erfurt – landet in den meisten Wahlbezirken nur noch auf dem dritten oder vierten Platz.

Stattdessen taucht eine neue Farbe auf: Das Bündnis Sahra Wagenknecht holt in sieben Wahllokalen die zweitmeisten Stimmen. Besonders gut schneidet das BSW am Wiesenhügel und am Roten Berg ab.

Das beste Ergebnis erzielt das BSW jedoch in Rohda (Haarberg) am südöstlichen Rand von Erfurt, einem der kleinsten Urnenwahlbezirke der Landeshauptstadt. Von den 135 abgegebenen Zweitstimmen entfallen 29 auf das BSW (21,5 Prozent), die Grünen holen hier hingegen keine einzige Stimme.

Die Ergebnisse aus den Erfurter Nachbarschaften entsprechen also einem Muster, das auch in vielen anderen deutschen Großstädten zu finden ist: An den Rändern wählen die Erfurterinnen und Erfurter konservativ bis rechts, im Stadtzentrum schneiden Parteien wie die Grünen und die Linke besser ab.

Auf der Webseite der Stadt Erfurt können Sie mit Hilfe des Wahllokal-Finders herausfinden, in welchem Wahlbezirk Sie wohnen. Die folgende Tabelle zeigt, wie die Urnenwählerinnen und -wähler in Ihrer Nachbarschaft abgestimmt haben: