75 Jahre Kriegsende Bad Berka - Eine Kleinstadt in den Kriegswirren
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Das geheime Öldepot
In Bad Berka entdeckten die Amerikaner riesige Öltanks versteckt im Wald. Sie waren Teil eines Lufttankdepots, das Flugzeuge mit Treibstoff versorgte. Die Amerikaner zerstörten das Lager.
Bad Berka war ein Ort, an dem in den letzten Kriegsmonaten vieles zusammen kam. Obwohl die meisten Männer als Soldaten eingezogen worden waren, war die Stadt 1945 voller Menschen. Zahlreiche geflüchtete obdachlose Familien aus Westdeutschland, Berlin und später aus den Ostgebieten drängten in die Stadt. Hinzu kam eine Vielzahl an Fremdarbeitern. Der Wohnraum war knapp. So wurde jeder Abstellraum, Keller oder Stall als Unterkunft genutzt. Auch die Wehrmacht hatte zahlreiche Gebäude in Beschlag genommen und nutzte sie als Lazarette. Die Schule war eine Außenstelle des Auswärtigen Amtes Berlin.
(Über-)Leben im Krieg
Auch Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald waren in Bad Berka oft zu sehen. Sie mussten einen Stollen von der heutigen Klosterbergschule bis zur Ilm bauen, der vermutlich zum Schutz wertvoller Güter vor Bomben dienen sollte. Zwischen Tiefengruben und Tonndorf befand sich außerdem ein KZ-Außenlager. Die KZ-Häftlinge waren auf Baustellen beschäftigt, pflasterten den Brauhausplatz oder bauten den Felsenkeller zu einem Luftschutzkeller um. Der Kontakt zu den Häftlingen war für die Bevölkerung verboten und wurde durch die SS streng überwacht.
Darüber hinaus wurde ab 1943 im historischen Jagdzeughaus mitten in Bad Berka ein Lager für den zurückgelassenen Besitz der im Konzentrationslager ermordeten Juden eingerichtet. Lange für die Bevölkerung unerkannt, wurde das Lager ab März 1945 für die Menschen, die dringend Kleidung benötigten, geöffnet. Die Judensterne an den Sachen verrieten ihre Herkunft. Doch die Not war so groß, so dass die Sachen neue Besitzer fanden.
Am 5. April 1945 griffen alliierte Jagdbomber einen Zug aus Weimar im Bahnhof von Bad Berka an. 28 Menschen starben bei dem Angriff, viele wurden schwer verletzt. Das Gelände des Bahnhofs wurde zerstört. Zwischen dem 7. und 10. April wurden die Bewohner Zeuge von drei großen Häftlingskolonnen, die vom Jonastal nach Buchenwald getrieben wurden. Mindestens 67 Menschen starben im Stadtgebiet.
Die ganze Stadt war vom Geklapper ihrer Holzschuhe erfüllt, dazwischen die Kommandos und das Fluchen der SS-Wachmannschaften und das Bellen der Begleithunde. Die Bevölkerung an den Straßenrändern schwieg, versuchte Brot, Kartoffeln und Wasser zu reichen. Oft wurden sie von den SS-Männern brutal zurückgestoßen, ja sogar bedroht."
Das versteckte Tankdepot
Mit der Firma Kuge hatte man außerdem einen Rüstungsbetrieb nach Bad Berka verlagert. Hier wurden feinmechanische Bauteile für Waffen hergestellt. Und ein strategisch noch bedeutenderes Ziel befand sich im Ilmtal: Zwischen Bad Berka und dem Ortsteil München war ein Lufttanklager zur Treibstoffversorgung der deutschen Flugzeuge eingerichtet. Gut getarnt im Wald wurde hier unterirdisch und in Gebäuden Rohbenzin hergestellt, um Flugplätze in Thüringen zu beliefern. Tankwagenzüge rollten täglich durch Bad Berka, unter anderem zum Flugplatz Nohra. Nachdem alliierte Bomber Anfang April das Tanklager nur knapp verfehlten, trafen am 9. April 1945 die Flugzeuge das Ziel und lösten enorme Detonationen aus. Ortschronist Ludwig Häfner beschrieb die Explosion:
Weithin sichtbare Feuersäulen schossen in den Himmel, Teile von Tankwagen, Gleisen, Fässern und Mischbehältern, sogar ganze Rohrsysteme und Anlagen flogen weit in die Umgebung bis hinüber zur Tannrodaer Straße. Das Lager war voll getroffen. Es blieben nur Ruinen, Schrott, eine Kraterlandschaft und ein verwüsteter Wald. Auch Tote und Verletzte hatte es gegeben, deren Zahl jedoch nicht bekannt wurde. Bis heute tauchen in diesem Gebiet noch immer Bomben auf, die entschärft werden müssen.
Das letzte Aufgebot
Kurz darauf rückten amerikanischen Truppen nach Bad Berka vor. Der Volkssturm von Bad Berka setzte sich, wie überall dieser Tage, aus Alten, Invaliden und 16-Jährigen Jungen zusammen. Mit alten Gewehren, Panzerfäusten und wenigen Panzern bereiten sie vom Adelsberg aus die Verteidigung der Stadt vor. Die ganze Nacht zum 12. April hielt der amerikanischen Artilleriebeschuss an. Viele der Deutschen Kämpfer waren verwundet oder hatten sich abgesetzt. Am Morgen um 9 Uhr fuhren amerikanische Truppen mit Panzern und Fahrzeugen westlich an die Stadt. Der einzige verbliebene Angestellte im Rathaus ging ihnen mit weißer Fahne entgegen um Bad Berka zu übergeben. Daraufhin wurden in der gesamten Stadt weiße Fahnen gehisst.
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit vom Tag | 01. April 2020 | 18:00 Uhr