Impression vom Doktor-Wald-Weg, der im Thüringer Wald zwischen Stützerbach, Frauenwald und Schmiedefeld verläuft
Der Thüringer Wald - das "grüne Herz" von Thüringen. Bildrechte: MDR/Lisa Wudy

Image-Kampagne "Grünes Herz Deutschlands": Kommt die umstrittene Thüringen-Marke zurück?

09. Januar 2025, 14:53 Uhr

"Das ist Thüringen" und "Thüringen entdecken" - so wirbt der Freistaat derzeit für sich. Das will das Wirtschaftsministerium nun ändern - nicht nur mit einem bekannten Slogan.

Die neue Landesregierung will das "Grüne Herz Deutschlands" wieder als Marketing-Dachmarke für Thüringen zurückholen. Das sagte der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Marcus Malsch (CDU) MDR THÜRINGEN. Bislang gebe es dazu Gespräche, aber noch keine Beschlüsse.

Gegründet werden solle auch eine neue Agrar-Marketing-Gesellschaft. Sie soll mit Ideen und Geld helfen, damit sich Thüringer Lebensmittel besser verkaufen - aber auch Möglichkeiten schaffen, dass kleine Unternehmen Hilfe aus Wissenschaft und Technik für ihre innovativen Produkte bekommen. So einen Wunsch hat zum Beispiel der Kloßhersteller Schadinis aus Gotha.

Marcus Malsch CDU wettert gegen Ministerpräsident Bodo Ramelow
Marcus Malsch (CDU), Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, will wieder mit dem Slogan "Grünes Herz Deutschlands" für Thüringen werben. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Strahlkraft Thüringens bündeln

Landwirte wollen wieder als Hersteller von Nahrung gesehen werden und nicht nur als Wiesenpfleger. Thüringen müsse seine Traditionen als Identität wiederfinden, meint zum Beispiel Hellma Ortmann von der Gartenzwerg-Manufaktur in Gräfenroda. Das hört Staatssekretär Malsch gerne. Mit der Agrar-Marketing-Gesellschaft will er - so wörtlich - die Strahlkraft Thüringens wieder bündeln.

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Noch unter der rot-rot-grünen Landesregierung war im Landtag eine Debatte um die touristische Vermarktung Thüringens ausgebrochen. Im September 2023 diskutierten bei einem Symposium in Bad Liebenstein im Wartburgkreis Historiker und Tourismusexperten, ob der Freistaat den früheren Slogan "Grünes Herz Deutschlands" wiederbeleben sollte.

Bad Liebensteins damaliger Bürgermeister und jetziger Landrat des Wartburgkreises, Michael Brodführer, war einer der Ersten, der das forderte. Die FDP im Landtag sprach sich ebenfalls dafür aus. Die AfD schlug dagegen "Thüringen - Herzstück Deutschlands" vor. Der damalige tourismuspolitische Sprecher der Linksfraktion, Knut Korschewsky, sagte, das sogenannte Grüne Herz habe eine völkische Vergangenheit, das müsse jedem, der das Thema anspricht, bewusst sein.

Linke-Fraktion kritisiert Vorhaben

Den Vorstoß aus dem Wirtschaftsministerium weist die Linke-Fraktion im Landtag zurück. Der Sprecher für Wirtschaftspolitik, Andreas Schubert, sagte am Mittwoch: "Statt über einen wieder aufgewärmten Kampagnentitel mit einem einschlägig belasteten Slogan zu diskutieren, sollte die Landesregierung sich lieber um gute Rahmenbedingungen für die Thüringer Wirtschaft sowie faire Arbeitsbedingungen und gute Entlohnung für die Beschäftigten in Thüringen kümmern."

Der Begriff "Grünes Herz" sei historisch belastet und könne nicht unkritisch übernommen werden. Dieser habe im Nationalsozialismus eine fragwürdige Renaissance erlebt. Es sei irritierend, dass die CDU das ignoriert.

Andreas Schubert
Andreas Schubert ist Sprecher für Wirtschaftspolitik der Linke-Fraktion im Thüringer Landtag. Bildrechte: Thüringer Linksfraktion

CDU: "Grünes Herz" steht für Wiedererkennungswert

Dagegen sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Andreas Bühl: "Die Initiative des Wirtschaftsministeriums verdient jede Unterstützung. Das 'Grüne Herz' steht für Thüringens Identität und Wiedererkennungswert." Die aktuellen Leit-Mottos "Das ist Thüringen" und "Thüringen entdecken" wirkten generisch und austauschbar. Eine emotionale Bindung könne damit nicht erreicht werden. Anders sei das beim "Grünen Herz". Es brauche nicht mehr verschiedene Slogans für Tourismus und Landesvermarktung.

Andreas Bühl, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag (03.09.2024)
Andreas Bühl ist Vorsitzender der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Begriff geht auf August Trinius zurück

Der Begriff "Grünes Herz Deutschlands" geht auf den Schriftsteller August Trinius (1851-1919) zurück. Er verwendete ihn 1896 zum ersten Mal in dem Sammelband "Das ist des Deutschen Vaterland", sagt der Erfurter Historiker Steffen Raßloff. 14 Jahre später erscheint Trinius' Buch "Das grüne Herz Deutschlands - Eine Wanderfahrt durch den Thüringer Wald". "Es ist eine Mischung aus Wander- und Naturbeschreibungen und Schilderungen zur Kultur und Geschichte. Es gab nicht viele Autoren, die das zu dieser Zeit so konnten. Das erklärt Trinius' große Popularität", sagt Steffen Raßloff.

Auffällig sei seine blumige, emphatische Sprache. Auch dass Trinius stolz auf die Gründung des Kaiserreiches und seine deutsche Heimat gewesen sei, entgehe den Leserinnen und Lesern nicht. "Aber das war der Geist des 19. Jahrhunderts."

Trinius als Wegbereiter der Nationalsozialisten darzustellen, halte ich für abwegig.

Steffen Raßloff Historiker

Völkische Passagen, in denen Trinius das eigene Volk absolut setzt und als ethnisch reine Gemeinschaft definiert, könne Raßloff in dem Buch nicht erkennen. "An keiner Stelle erhebt sich Trinius über die Nachbarvölker. Ihn als Wegbereiter der Nationalsozialisten darzustellen, halte ich für abwegig." Man dürfe nicht vergessen, dass Trinius bereits 1919 starb, also 14 Jahre vor dem Beginn der Nazi-Herrschaft.

Der Historiker Steffen Raßloff
Der Historiker Steffen Raßloff lebt und arbeitet in Erfurt. Bildrechte: Daniel Beck

Das "Grüne Herz", mit dem Trinius das in der Mitte Deutschlands gelegene Thüringen bezeichnete und seine Lage in der außergewöhnlich reizvollen Natur meinte, sei dann in der Weimarer Republik wieder aufgetaucht. Nachdem 1920 der Freistaat Thüringen gegründet worden war, habe die Tourismusbehörde "das grüne Herz" zum Aushängeschild gemacht. "Die Nationalsozialisten haben den Begriff weiter in Anspruch genommen und für ihre Zwecke instrumentalisiert", führt Raßloff aus. Zu DDR-Zeiten verschwand das "Grüne Herz" - und tauchte 1990 mit der Gründung des Bundeslandes Thüringen wieder auf.

Gedenktafel zu August Trinius in der Nähe der Wachsenburg bei Arnstadt
August Trinius (1851-1919) Bildrechte: MDR/Nicky Scholz

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MDR (adi/co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 08. Januar 2025 | 18:00 Uhr

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