Flüchtlingskinder gehen durch ein Zelt der Flüchtlingsunterkunft.
Laut dem Thüringer Landesverwaltungsamt sind derzeit fast 2.000 Geflüchtete in den Erstaufnahmen des Landes in Suhl, Hermsdorf und Eisenberg untergebracht. (Symbolfoto) Bildrechte: picture alliance/dpa | Arne Dedert

Migrationsministerium Aufnahmestopp für Flüchtlinge in Suhl bleibt - Land will Unterkünfte ausbauen

17. Oktober 2023, 07:32 Uhr

Die Probleme, Geflüchtete in Thüringen unterzubringen, nehmen kein Ende. Ministerin Denstädt will Unterkünfte ausbauen. Doch kurzfristig bleibt der Aufnahmestopp für Suhl. Kritik kommt nicht nur von der Opposition.

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Aufgrund anhaltender Probleme Flüchtlinge in Thüringen unterzubringen, will Migrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne) die vom Land betriebenen Unterkünfte ertüchtigen und erweitern. In den Aufnahmeeinrichtungen an den Standorten Suhl, Hermsdorf und Eisenberg sollen insgesamt rund 2.250 Plätze bereitgestellt werden.

Alle drei Einrichtungen sollen so ausgestattet werden, dass sie als Außenstellen zur Verteilung im sogenannten Easy-Verfahren der Länder gemeldet werden können, sagte Denstädt am Montag bei einer Sondersitzung des Migrationsausschusses im Thüringer Landtag.

Das Easy-Verfahren ist ein System zur Verteilung der in Deutschland ankommenden Geflüchteten auf die Bundesländer. "Die zu bewältigenden Probleme bei der Unterbringung und Integration der außerordentlich hohen Zahl an ankommenden Menschen sorgen für erhebliche Belastungen - das weiß die Landesregierung und handelt entsprechend", sagte die Ministerin am Montag. Die rot-rot-grüne Landesregierung rechnet damit, dass bis Jahresende noch bis zu 4.500 weitere Flüchtlinge nach Thüringen kommen könnten.

Knapp 2.000 Flüchtlinge aktuell in Erstaufnahmen des Landes

Demnach ist geplant, dass in Suhl in der Regel nicht mehr als 800 Menschen untergebracht werden. Aber: "In Situationen mit hohen Ankunftszahlen kann eine Belegung darüber hinaus möglich sein", hieß es weiter. Nach Angaben des Landesverwaltungsamtes waren am Montag jedoch 1.306 Menschen in der Erstaufnahme in Suhl untergebracht, in Hermsdorf waren es 565 und in Eisenberg 111.

Die Einrichtung in Eisenberg verfügt aktuell über 132 Plätze. Mitte 2024 soll die Erstaufnahme Eisenberg nach Plänen des Landes Thüringen über eine Kapazität von rund 400 Plätzen verfügen. In Hermsdorf ist eine umgebaute Halle für laut dem Landesamt für Bau und Verkehr maximal 710 Flüchtlinge vorgesehen. Dort sollen die neu Ankommenden aber eigentlich nur wenige Tage bleiben und dann auf die Kommunen verteilt werden. In die Einrichtung können wegen mehreren Fällen von Krätze derzeit keine weiteren Flüchtlinge aufgenommen werden.

Bei der Hermsdorfer Notunterkunft handelt es sich um eine Halle, in der lediglich Klappbetten aufgestellt sind, die durch Bauzäune und Planen voneinander abgetrennt sind. Außerdem soll bis Ende Oktober ein Bauantrag zur Nutzung der Halle in Hermsdorf als Flüchtlingsunterkunft eingereicht werden, sagte Denstädt. "Davon war in der Annahme, dass der Betrieb der Halle kurzfristig wiedereingestellt werden würde, abgesehen worden", hieß es in der Mitteilung. Ein genehmigter Bauantrag ist die Voraussetzung dafür, dass die Einrichtung nicht mehr nur als Notunterkunft für Flüchtlinge geführt wird. Der zuständige Saale-Holzland-Landrat Andreas Heller (CDU) hatte unlängst gedroht, die Erstaufnahme in Hermsdorf wegen unzumutbarer hygienischer und medizinischer Zustände zu schließen.

Aufnahmestopp in Suhler Erstaufnahme verlängert - Krätze in Hermsdorfer Aufnahme

In Suhl gilt aufgrund der Überfüllung seit Anfang Oktober ein Aufnahmestopp, der nun bis Sonntag verlängert wurde. Der Bund habe der angefragten Verlängerung zugestimmt, sagte eine Sprecherin des Landesverwaltungsamtes der Deutschen Presseagentur. Ministerin Denstädt kündigte zudem im Landtagsausschuss einen runden Tisch an, um mit der Stadt Suhl zu kommunizieren.

Denstädt kündigte 1.000 weitere Unterbringungsplätze für Flüchtlinge an

Um die Landeserstaufnahmeeinrichtungen zu entlasten, solle schließlich in Nord-, Mittel-, Südwest- und Ostthüringen jeweils schnellstmöglich eine Gemeinschaftsunterkunft mit einer Zielgröße von landesweit insgesamt zusätzlichen 1.000 Unterbringungsplätzen eingerichtet werden, erklärte das Ministerium weiter.

AfD und CDU kritisieren Flüchtlingsunterbringung

Der Auftritt von Denstädt sorgte für Kritik bei den anderen Thüringer Parteien im Landtag. Der migrationspolitische Sprecher der Thüringer CDU-Fraktion, Stefan Schard, sagte, die Abgeordneten hätten auf konkrete Fragen kaum Antworten bekommen. Er sprach von einem "katastrophalen Bild" von den Zuständen und den Vorhaben, um Flüchtlinge unterzubringen. Aus der AfD warf der Abgeordnete Stefan Möller der Landesregierung vor, "keine Kontrolle über die Zugangszahlen" zu haben. Thüringen rase "noch tiefer in die Krise". Bereits Anfang Oktober hatte der Thüringer FDP-Chef Thomas Kemmerich Denstädt Stillstand in der Thüringer Flüchtlingspolitik vorgeworfen.

Die Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss erklärte am Montag, dass dringender Handlungsbedarf bestehe. Das Migrationsministerium habe bereits wichtige Schritte unternommen, um die angespannte Situation in der Suhler Erstaufnahmeeinrichtung zu entspannen. Es müssten jedoch noch weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Grüne und Linke weisen Kritik an Denstädt zurück

Zudem hatten Grüne und Linke am Montag die Kritik von SPD-Kommunalpolitikern an Migrationsministerin Denstädt zurückgewiesen. Babett Pfefferlein von den Grünen sagte MDR THÜRINGEN, das Verhalten der SPD-Politiker sei überhaupt nicht hilfreich. Die Situation in der Flüchtlingspolitik sei schwierig. Sich jetzt gegenseitig Vorwürfe zu machen, sei kontraproduktiv. Stattdessen müssten die Koalitionspartner von Linkspartei, Grünen und SPD gemeinsam nach Lösungen suchen.

Ähnlich äußerte sich Katharina König-Preuss von der Linken. Es bringe nichts, die Kritik auf eine Person oder auf ein Ministerium zu reduzieren. Statt zu erzählen, was alles besser funktionieren könnte, müsse die Koalition die Probleme lösen, sagte König-Preuss MDR THÜRINGEN. Dass es in der Migrationspolitik besser laufen könne, stelle aber niemand in Frage, so die Linke-Politikerin.

SPD-Politiker kritisierten Migrationsministerin

In der vergangenen Woche hatten die fünf SPD-Landräte Thüringens sowie Erfurts SPD-Oberbürgermeister Andreas Bausewein Migrationsministerin Doreen Denstädt scharf kritisiert. Sie warfen der Grünen-Politikerin Versagen vor. An der Spitze des Ressorts herrsche eine grandiose Überforderung, so Bausewein. Denstädt habe die krisenhaften Zustände nicht wahr- oder nicht ernst genommen.

MDR (jn)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 16. Oktober 2023 | 19:00 Uhr

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