FAQ Wie funktionieren Petitionen in Thüringen?

20. März 2023, 12:14 Uhr

Jeder hat das Recht, Petitionen, also Bitten und Beschwerden, beim Thüringer Landtag einzureichen. Im FAQ lesen Sie, worauf man dabei achten muss, wie man sie einreicht und was dann passiert.

Anfang März waren Schülerinnen und Schüler mit Eltern und Lehrern aus Stiebritz im Saale-Holzland-Kreis mit 2.600 gesammelten Unterschriften nach Erfurt in den Landtag gekommen. Ihr Anliegen: Endlich eine neue Turnhalle für den Sportunterricht zu bekommen. Die alte Turnhalle kann seit Jahren nicht mehr genutzt werden, also fällt der Sportunterricht für die Striebitzer Schüler aus.

Das Problem: Sie hatten die Unterschriften auf der falschen Plattform gesammelt, nämlich auf "change.org" statt auf der Petitionsplattform des Thüringer Landtags. Deshalb konnte zunächst keine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss des Thüringer Landtags stattfinden.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Landesverfassung des Freistaats Thüringen geben jedermann das Recht, sich mit einer Petition an seine Volksvertretung zu wenden.

Wie man eine Petition beim Thüringer Landtag einreicht, erklären wir hier.

Was ist eine Petition?

Eine Petition ist eine Beschwerde oder eine Bitte. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann solch eine Bitte oder Beschwerde beim Petitionsausschuss des Landtages einreichen.

Der Petitionsausschuss behandelt Bitten und Beschwerden im Zusammenhang mit dem Handeln von Behörden oder staatlichen Einrichtungen, die unter der Aufsicht des Freistaats Thüringen stehen. An den Petitionsausschuss können jedoch auch Anregungen zur Landesgesetzgebung herangetragen werden.

Wer kann eine Petition einreichen?

Jede und jeder. Unabhängig von Nationalität, Wohnort und Alter. "Petitionen kann jeder, sobald er auf der Welt ist, einreichen", sagt Anja Müller (Linke), Ausschussvorsitzende des Petitionsausschusses. Ein Unterausschuss des Petitionsausschusses ist die Strafvollzugskommission. Hier können Strafgefangene Petitionen einreichen. Anja Müller: "Es wird niemand ausgeschlossen."

eine Grafik zum Thema Petition
Eine Petition beim Thüringer Landtag kann man über ganz verschiedene Wege einreichen. (Symbolbild) Bildrechte: Colourbox.de

Wie reicht man eine Petition ein?

Beispielsweise schriftlich als Brief, per E-Mail an den Petitionsausschuss (petitionsausschuss@thueringer-landtag.de) oder mündlich. Dafür bietet der Petitionsausschuss alle zwei Monate Bürgersprechstunden in ganz Thüringen an. Auch eine persönliche Vorsprache im Landtag an den Petitionsausschuss ist möglich, dafür kann ein Termin vereinbart werden (0361/377 20 76).

"Unabhängig davon kann in jedem Abgeordnetenbüro eine Petition eingereicht werden", sagt Anja Müller. Zudem gibt es auf der Website des Thüringer Landtags ein Online-Petitionsformular. Ausschussvorsitzende Müller sagt zum Inhalt: "Hass und Hetze lassen wir nicht zu." Heißt, die Petition darf nicht die Rechte von anderen verletzen. Der Petitionsausschuss tagt einmal pro Monat.

Sollte eine Petition öffentlich oder nichtöffentlich gemacht werden?

Der Petitionsausschuss kann auf Antrag des Petenten beschließen, dass Petitionen auf der Petitionsplattform des Landtags im Internet veröffentlicht werden, sodass jeder sie lesen kann. Eine Voraussetzung für die Veröffentlichung ist, dass das Thema einen thüringenweiten Bezug haben muss.

Die veröffentlichten Petitionen können dann sechs Wochen lang auf der Petitionsplattform mitgezeichnet, also unterschrieben, werden. Bei der Unterschriftensammlung kann im Gegensatz zum Volksbegehren jeder mitzeichnen, auch Bürgerinnen und Bürger, die nicht in Thüringen wohnen. Erreicht eine Petition 1.500 Mitzeichnungen, findet zu dieser Petition eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss statt.

Für das Ergebnis des Anliegens spielt das keine Rolle, eine Veröffentlichung sorgt lediglich für öffentliche Aufmerksamkeit. "Wir bearbeiten alle Petitionen gleich, unabhängig davon, ob es eine Anhörung gibt oder nicht. Im Ausschuss wird nur geschaut, was man für den Petenten erreichen kann. Wir beschäftigen uns intensiv mit jeder Petition", betont Anja Müller.

Was passiert mit der Petition im Petitionsausschuss?

Der Petitionsausschuss, dem Politikerinnen und Politiker des Landtags angehören, beschäftigt sich mit der Petition und prüft, ob er helfen kann. Müller: "Wir diskutieren und debattieren im Ausschuss und versuchen, eine Lösung zu finden."

Dabei werden auch Ministerien und Fachabgeordnete mit einbezogen. "Wir holen uns Stellungnahmen ein und wir machen häufig Ortsbesuche, um uns die Sachen anzuschauen. Da kommt das jeweilige Ministerium mit, Referenten schauen sich das an", sagt die Ausschussvorsitzende. Über den Stand seiner Petition wird der Petent schriftlich informiert. "Der Petent kann jederzeit bei unserer Verwaltung anrufen", ergänzt Anja Müller.

Was passiert nach der Prüfung der Petition durch den Ausschuss?

Der Petitionsausschuss schlägt eine Lösung des Problems vor und schickt diese an den Petenten. Ob die Anliegen letztlich wirklich umgesetzt werden, liegt jedoch nicht in der Macht des Ausschusses, sondern hängt davon ab, ob beispielsweise Verwaltungen auf die Empfehlungen eingehen oder der Landtag entsprechende Gesetze fasst.

"Wir sind nur ein empfehlender Ausschuss, kein beschließender", sagt Vorsitzende Müller. Dass der Ausschuss nur Empfehlungen aussprechen darf, liegt am Verwaltungssystem. In Kommunen zum Beispiel gilt die kommunale Selbstverwaltung. "Das ist auch gut so", sagt Anja Müller. Doch, so Müller: "Meistens kommen wir auf einen guten Weg. Allein die Empfehlungen machen einen großen Druck."

Welche Petitionen haben es zu einer öffentlichen Anhörung geschafft?

In einer der jüngsten Petitionen - "Meiningen - ein Wäldchen in Not, der Strupp-Wald in Gefahr" - wollen Bürger den Strupp-Wald in Meiningen retten. Ziele der Petition sind ein Stopp des Bebauungsplans, ein sofortiger Rodungsstopp und die Wiederaufforstung des Wäldchens. Die Petition sammelte 1.626 Mitzeichnungen.

Auch die Petition um den "Erhalt des Perinatalzentrums Level 1 in Suhl" hat es geschafft, genügend Unterschriften für eine öffentliche Anhörung zu sammeln. Das Ziel: "Die Thüringer Gesundheitsministerin wird aufgefordert, von ihren Möglichkeiten zum Fortbestand des Zentrums unmittelbar Gebrauch zu machen." Hier unterzeichneten 13.478 Menschen.

Die Rutsche auf der Buga: Ein Beispiel für eine erfolgreiche Petition

Dass nicht immer die großen politischen Fragestellungen verhandelt werden, zeigt dieses Beispiel: 2021 reichte eine Sechsjährige aus Erfurt die erste Kinderpetition im Landtag ein. Sie wollte, dass alle Kinder die Buga-Rutschen auf dem Petersberg in Erfurt benutzen dürfen. Denn sie fand es ungerecht, dass ihre kleine Schwester nicht rutschen durfte, weil sie zu jung war. Nach der Erprobung der Rutschen in den ersten Wochen wurde das Mindestalter für die Benutzung der Rutschen aufgehoben, sodass nun auch jüngere Kinder rutschen durften.

Wir haben ein richtig gutes Petitionsgesetz, das beste bundesweit.

Anja Müller (Linke) Vorsitzende des Petitionsausschusses des Thüringer Landtags

Das Petitionsgesetz in Thüringen, so Anja Müller, sei "das beste bundesweit". "Ich halte das für eine der wichtigsten niederschwelligen Demokratiemittel, die man nutzen kann. Wir können nur jedem mitgeben: Nutzt dieses Instrument, ihr könnt damit Dinge verändern."

2022 wurden laut Müller, die seit 2019 Ausschussvorsitzende ist, circa 700 Petitionen eingereicht. "Wir hatten im vergangenen Jahr mindestens zwei Anhörungen pro Ausschusssitzung." Die Mehrzahl der eingereichten Petitionen werde also "recht still" bearbeitet.

Müller: Beschlüsse im Petitionsausschuss meistens einstimmig

Im Ausschuss sitzen Politikerinnen und Politiker aus den Fraktionen des Landtags (vier Linke-Mitglieder, drei AfD-Mitglieder, drei CDU-Mitglieder, ein FDP-Mitglied, eine SPD-Mitglied und ein Grünen-Mitglied). Die Zusammenarbeit funktioniere gut, erzählt die Ausschussvorsitzende. "Natürlich gibt es auch konträre Diskussionen, aber meistens läuft das unproblematisch, weil wir die Menschen im Blick haben, wir sehen die Ungerechtigkeiten." Meistens seien die Beschlüsse einstimmig.

Nächste Petitionsausschusssitzung am 30. März

Die Schülerinnen und Schüler aus Stiebritz haben inzwischen eine Petition beim Landtag eingereicht. Am 30. März wird im Petitionsausschuss darüber entschieden, ob sie als öffentliche Petition Chancen hat. Es sehe gut aus für diese Petition, denn 2.600 Unterschriften seien ein "starkes Indiz" dafür, dass ein allgemeines Interesse vorliegt, sagte Anja Müller.

MDR (caf)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 02. März 2023 | 19:00 Uhr

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