Batteriezellen Das große Wettrennen: Wie CATL seinen Fachkräftehunger in Arnstadt stillen will
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18. Februar 2023, 06:00 Uhr
Der wichtigste Autobatterien-Hersteller der Welt produziert seit kurzem in Thüringen. Noch hat CATL nicht alle seiner 2.000 Stellen in Arnstadt besetzt. Und saugt deshalb den Fachkräftemarkt ab.
Reizvoller könnten die Zeiten vermutlich nicht sein für Menschen, die wissen, wie man eine Produktionsanlage bedient oder über ausgewiesene Kenntnisse in der Elektrotechnik verfügen. Gerade in Thüringen: Denn seitdem der chinesische Batteriezellenproduzent CATL in seinem Werk in Arnstadt in der Nähe Erfurts die Produktion hochfährt, tummeln sich auch die Jobanzeigen. Und das Rennen der Rekrutierungsteams der in Thüringen ansässigen Zulieferer- und Produktionsfirmen um neues und fähiges Personal dürfte ins nächste Level aufgestiegen sein.
Batterien für E-Autos aus Thüringen
Ungefähr 1.000 Angestellte arbeiten momentan in Arnstadt - bis zu 2.000 sollen es einmal werden. In der Fabrik in Thüringen stellen sie Lithium-Ionen-Zellen in "strikten Reinraumbedingungen" her, weshalb die Produktion laut CATL aufwändiger als in einer Chip-Fabrik ist. Die einzelnen Batteriezellen werden dann in Module zusammengesetzt und schlussendlich von "allen namhaften europäischen" Autobauern in die E-Fahrzeuge eingesetzt werden, so CATL auf Anfrage.
Damit alles läuft und das Werk in Zukunft jährlich Batterien für bis zu 120.000 Autos produzieren kann, braucht CATL aber nicht nur interessierte Automotive-erfahrene Leute und Maschinenbedienerinnen, sondern auch Kaufleute und Logistiker. Seine genaue Rekrutierungsstrategie will das Thüringer Team nicht verraten - denn die entscheidet darüber, wie erfolgreich CATL sich gegen andere Arbeitgeber durchsetzen kann.
Genaue Rekrutierungsstrategie bleibt geheim
Die vom Thüringer Rekrutierungsteam beantwortete und vom chinesischen Hauptsitz abgesegnete Presseanfrage verrät nur so viel: Die Personalbeschaffungsstrategie sei "vielfältig und kreativ" – laut eigener Aussage mit Erfolg: "Monatlich wachsen wir sehr stark", heißt es. CATL setze auf klassische Bewerbertage, die Zusammenarbeit mit beispielsweise der Arbeitsagentur und auf klassische Personalvermittler und -vermittlerinnen.
CATL saugt den Markt gerade richtig ab.
Eine von ihnen, die den Markt gut kennt und nicht für CATL arbeitet, beobachtet, wie das Unternehmen "unter Hochdruck" versucht Fachkräfte zu binden. Anonym sagt sie: "CATL saugt den Markt gerade richtig ab." Weil der Personalhunger so groß ist und es in Europa keine Fachkräfte gibt, die sich detailliert mit der Produktion von Batteriezellen auskennen, ist CATL dabei aber auch auf Weiterbildung angewiesen.
Chinesen lernen Deutsche an
Das Unternehmen versucht in seinen Stellenanzeigen nicht nur Quereinsteiger anzusprechen, sondern setzt auch auf den Know-how-Transfer durch chinesische Kollegen. Zusätzlich werden beispielsweise Quereinsteiger in Weiterbildungsprogrammen mit Trägern in der Region geschult. Nach Angaben der Landesarbeitsagentur werden aktuell rund 500 einheimische Bewerber weitergebildet, um sich für einen Job bei CATL zu qualifizieren.
Bereits seit dem Aufbau des Standorts arbeiten in Arnstadt chinesische Angestellte aus der Zentrale in Ningde. Sie verfügen laut Sprecherin bereits über zehn Jahre Erfahrung in der Batteriezellproduktion und lernen die lokalen Mitarbeiter mit ein, damit diese "die Technologie verstehen". Der Großteil der Chinesen wird jedoch dauerhaft wieder zurückkehren. Wie CATL-Europachef Matthias Zentgraf der "Zeit" sagte, wird sich ihr Anteil an der Belegschaft bei zehn bis 15 Prozent einpendeln.
Markt für Fachkräfte enorm angespannt
Wie schwer es für Unternehmen generell ist, den eigenen Personalhunger zu stillen, verrät ein Blick auf die Angebotsseite des Marktes: Das Thüringer Arbeitsministerium sieht die Verfügbarkeit von geeigneten Arbeitskräften "angespannt". "Die durchschnittliche Vakanzzeit bei den Agenturen für Arbeit in Thüringen zur Besetzung dort gemeldeter Stellen beträgt aktuell 153 Tage und ist in den gewerblich-technischen Berufen eher noch höher." 44 Prozent der Personalabgänge machten zudem Kündigungen aus - eine Verdopplung im Vergleich zu vor zehn Jahren.
Die durchschnittliche Vakanzzeit bei den Agenturen für Arbeit in Thüringen zur Besetzung dort gemeldeter Stellen beträgt aktuell 153 Tage.
Wie das Ministerium erklärt, ist es für Klein- oder Kleinstunternehmen allerdings noch schwieriger als für Großkonzerne wie CATL oder tarifgebundene Unternehmen. CATL zahle zwar bisher noch nicht tarifgebundene Löhne, orientiere sich jedoch an ihnen. Die Wechselbereitschaft für mehr Lohn beschreibt das Arbeitsministerium in Thüringen generell als hoch - ob CATL davon profitiert, hänge aber auch von seinem Renommee ab.
Deutschland hat Nachholbedarf
"Der Batteriehunger wird auf jeden Fall gigantisch werden", ergänzt Rico Chmelik von Automotive Thüringen, dem hiesigen Lobby- und Netzwerkverein in der Autoindustrie. Die Ansiedelung von CATL in Thüringen sieht er als "Chance für uns, in dem Bereich Know-how zu sammeln."
Gleichzeitig macht eine Umfrage von Automotive Thüringen zusammen mit dem Chemnitz Automotive Institute klar: 80 Prozent der Automobilzulieferer in der Region können heute schon nicht mehr alle offenen Stellen besetzen. Für Chmelik ist deshalb wichtig, neben der Neugewinnung von Fachkräften vor allem bestehendes Personal in die Weiterbildung zu schicken, um sie fit für neue Produktionsprozesse, beispielsweise in der Batteriezellenproduktion zu halten.
MDR (dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 11. Januar 2023 | 18:10 Uhr
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