Interview mit Arzthelferin Warum streikt das Praxispersonal am Donnerstag in Sachsen?

07. Februar 2024, 18:47 Uhr

Jeder, der schon in einer Arztpraxis war, kennt sie: Die Medizinische Fachangestellten (MFA), die Termine vereinbaren, Chipkarten einlesen und Patienten betreuen. Am Donnerstag treten sie bundesweit in den Warnstreik, auch in Sachsen. Hintergrund sind die laufenden Tarifverhandlungen. Über die Gründe für den Streik hat MDR SACHSEN mit Marie Holtzsch aus Bautzen gesprochen. Sie ist die Vorsitzende des Landesverbandes Mitte-Ost der medizinischen Fachangestellten.

Frage: Frau Holtzsch, warum ist der Warnstreik der MFA nötig?

Marie Holtzsch: Die Arbeitgeberseite hat ein Gesamtpaket von 5,5 Prozent Erhöhung angeboten, das hauptsächlich in die unteren Gehaltsgruppen fließen soll und zu Lasten der höher quailfizierten MFA geht. Mit dem aktuellen Angebot erhalten die Berufsanfängerinnen nach drei Jahren Ausbildung immer noch weniger als Pflegekräfte nach einjähriger Ausbildung. Und den Kolleginnen und Kollegen mit 17 Jahren Berufserfahrung und hohen Zusatzausbildungen werden ganze 0,1 Prozent plus vorgeschlagen.

Wieviel Geld verdient eine MFA? - Der mittlere monatliche Bruttolohn von vollzeitbeschäftigten MFA liegt laut Bundesagentur für Arbeit bei 2.778 Euro, das sind rund 16 Euro pro Stunde. Bei den MFA unter 25 Jahren waren es 2.304 Euro. Das entspricht einem Stundenlohn von 13,30 Euro.
- Zum Vergleich: MFA im Öffentlichen Dienst erhalten ab März 2024 einen Bruttostundenlohn von 17,34 Euro. Der Mindestlohn für qualifizierte Pflegehilfskräfte mit einer mindestens einjährigen Ausbildung steigt auf 16,50 Euro.

- Der mittlere monatliche Bruttolohn von MFA, die bei gleicher Qualifikation statt in einer Arztpraxis als Sozialversicherungsfachangestellte bei einer Krankenkasse arbeiten, liegt bei 4.282 Euro, also um 1.500 Euro darüber.
Quelle: Praxis in Not - eine Initiative des Virchowbundes

Es geht also darum, dass eine bessere Qualifikation auch besser bezahlt wird? Ihr Verband fordert unter anderem 17 Euro pro Stunde als Einstiegsgehalt für Medizinische Fachangestellte.

Es darf nicht sein, dass eine Pflegehilfskraft mit einjähriger Ausbildung hinten heraus mehr verdient als eine MFA mit dreijähriger Ausbildung und vielen Zusatzqualifikationen. Wenn sie zum Beispiel die Praxismanagerin oder die Impfassistentin gemacht hat. Es geht um eine viel bessere Vergütung für die MFA. Denn sie sitzen nicht nur an der Anmeldung und lesen die Krankenkassenkarten ein. Die MFA nehmen auch Blut ab, wechseln Verbände, gehen mit den Problemen und Beschwerden der Patienten um. Wenn man dann mit 13 oder 14 Euro Stundenlohn und einer Berufserfahrung von 20 Jahren nach Hause geht, dann kann das keine Lösung sein.

Worauf müssen sich Patientinnen und Patienten am Donnerstag einstellen, wenn sie einen Termin in einer Praxis haben?

Es könnte zu längeren Wartezeiten kommen, weil eine oder mehrere MFA fehlen und der Arzt eventuell alleine arbeitet. Wir wissen jedoch nicht, welche Praxen sich in welchem Umfang beteiligen. Man sollte also vorher in der Arztpraxis anrufen, sein Anliegen ankündigen, sodass dies dann auch entsprechend von der Praxis koordiniert werden kann.

Vielen Dank für das Gespräch.

MDR (dw, vis)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 07. Februar 2024 | 16:30 Uhr

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