Sachsen Was das Heizungsgesetz für Vermieter und Mieter bedeuten könnte
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08. September 2023, 05:00 Uhr
Das Heizungsgesetz soll am Freitag im Bundestag beschlossen werden. Seit Monaten wird bereits darüber gestritten. Denn für Vermieter und Hauseigentümer in Sachsen wird die Umstellung auf eine Wärmepumpe teuer – und mit Alternativen ist es auch nicht einfach.
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- In Glauchau sind die Mietpreise niedrig
- Die Investitionskosten für eine Wärmepumpe sind hoch
- Rechnet sich eine Wärmepumpe überhaupt
- Alternativen in Glauchau sind nur schwer zu finden
Zahlreiche Mehrfamilienhäuser aus der Gründerzeit stehen in Glauchau. Es sind Zeugen aus einer Zeit, als es der Stadt in der Nähe von Zwickau noch wirtschaftlich gut ging. Ein Eigentümer dieser Mietshäuser ist Manfred Schubert – und er weiß sich keinen Rat, wenn am Freitag tatsächlich das sogenannte Heizungsgesetz beschlossen werden sollte.
Sein Haus hat sechs Wohnungen. Jede Etage hat eine eigene Gasheizung. Was passiert, wenn diese 30 Jahre alt wird oder wenn eine Heizung kaputtgeht? "Wie es dann mit dem Haus mal weitergeht, weiß ich nicht", sagt der ehemalige Maschinenbau-Ingenieur. Die Investition in eine Heizanlage mit Wärmepumpe würde zwischen 150.000 und 200.000 Euro kosten, schätzt er. Geld, dass Schubert nicht hat - und einen Kredit würde der 84-Jährige wohl auch nicht erhalten.
Selbst wenn er diese Summe stemmen könnte – in Glauchau steht jede fünfte Mietwohnung leer. Die Stadt hat 20.000 Einwohner. Alle zwei Tage verliert sie einen davon. So bröckelt der Putz immer weiter von den einst prachtvollen Fassaden der Gründerzeithäuser. Der Beschluss des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) verschärft das Problem.
"Unsere Mietpreise in diesem Haus bewegen sich ungefähr beim Durchschnitt von 3,88 Euro", erklärt Schubert. Eine höhere Kaltmiete wäre nicht vertretbar. "Dann haben wir überhaupt keine Mieter mehr." Für den Vermieter sei es bereits in den vergangenen Jahren schwierig gewesen, nach einem Familien-Auszug eine neue Mieter-Familie zu finden.
Mögliche Alternativen zum Einbau einer Wärmepumpe
Theoretisch lässt das GEG Alternativen zu – etwa Fernwärme. Doch die gibt es in Glauchau nicht und wird es auch absehbar nicht geben. Eine andere Alternative wäre die Gasheizung, die ab 2040 – laut Gesetzesvorlage – mit 60 Prozent Wasserstoff betrieben werden muss. Die Option steht im Gesetz. Nur: In der Wirklichkeit existiere sie noch nicht, erklärt Uwe Schneider, Experte vom Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima und selbst Unternehmer in der Heizungsbranche.
Diese neue Heizung kann heute noch nicht gekauft werden und dies in ein Gesetz niederzuschreiben, finde ich sehr sportlich.
"Diese neue Heizung kann heute noch nicht gekauft werden und dies in ein Gesetz niederzuschreiben, finde ich sehr sportlich", sagt Schneider. "Weil im Nachhinein dann die Endkunden wahrscheinlich wieder eine neue Heizung brauchen, die dann für diese 60-prozentige Beimischung geeignet ist."
Ein anderes Problem bei dieser Option im Gesetzestext: In Glauchau wird in näherer Zukunft gar kein Gas mit hohem Wasserstoff-Anteil zur Verfügung stehen können. "Ich denke nicht, dass wir in den nächsten zehn Jahren Wasserstoff haben werden", sagt der Geschäftsführer der Glauchauer Stadtwerke, Torsten Meyer. Er denkt, dass nur große Industriegebiete oder etwa Gasturbinen an das Wasserstoffnetz angeschlossen werden. "Da es in Glauchau aber relativ wenig diesbezügliche Industrie gibt, glaube ich jetzt nicht, dass Glauchau irgendwie vom Wasserstoff profitieren kann."
Gasheizung und das Problem mit Wasserstoff
Unabhängig von Glauchau: Bisherige Gasheizungen vertragen einen Anteil von zehn bis 20 Prozent Wasserstoff. Würde mehr Wasserstoff zugesetzt, wie es die Bundesregierung vorschreibt, müssten alle alten Gasheizungen ersetzt werden.
Das sah Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) vor Kurzem noch anders. Er hatte Anfang April gesagt: "Gesetzliche Grundlage ist, dass, wenn man in einem selbstgenutzten Wohneigentum lebt, man mit den Heizungen solange weitermachen kann, wie man will. Also niemand muss eine funktionierende Gas- und Ölheizung ausbauen."
Auf Anfrage von MDR Investigativ lehnt das Ministerium ein Interview zu den kritischen Punkten des GEG ab, solange das Gesetz nicht beschlossen sei. Das GEG sollte ursprünglich bereits Anfang Juli und damit vor Beginn der Sommerpause beschlossen werden. Doch das Bundesverfassungsgericht stoppte die Abstimmung, weil nicht ausreichend Zeit für die Abgeordneten vorhanden gewesen sei, um sich in den Gesetzentwurf einzulesen.
Grünen-Parteizentrale und das Problem mit der Wärmepumpe
Da an manchen Orten auch die Alternativen fehlen – zurück zur Wärmepumpe: Welche Möglichkeiten gibt es dabei für Mehrfamilienhäuser? Beispiele, wo eine solche Technik in bestehende Mietshäuser bereits eingebaut worden ist, sind offenbar selten. "Es gibt immer wieder Überlegungen. Es ist natürlich im Zusammenhang mit Sanierungen möglich, solche Lösungen zu finden", sagt der Präsident des Landesverbandes Sachsen von Haus und Grund", Rene Hobusch (FDP). "Aktuell kenne ich jetzt keinen Fall."
Ein seltener Fall ist die Parteizentrale der Grünen in Berlin. Dort wird seit knapp vier Jahren versucht, eine Erdwärmepumpe in Gang zu bringen, wie das Magazin der "Spiegel" zuerst berichtet hat. Dafür musste im Hinterhof umfangreich gebohrt werden. Es braucht eine Genehmigung der Behörde, Spezialmaschinen und Fachpersonal. Um das ehemalige Wohnhaus in Berlin-Mitte klimaneutral heizen zu können, muss außerdem ein aufwendiges System aus Röhren verlegt werden. Dessen Installation habe sich als besonders schwierig erwiesen. Das Ganze soll rund fünf Millionen Euro kosten. Die Grünen haben auf schriftliche Fragen von MDR Investigativ nicht geantwortet.
Kann sich der Einbau einer Wärmepumpe rechnen?
Nach Berechnung des Verbandes der Wohnungswirtschaft müssten 250 Euro für den zu beheizenden Quadratmeter investiert werden, um auf eine Wärmepumpe umzustellen. Mögliche Mieterhöhungen sind durch den Gesetzgeber aber gedeckelt, bei einem Familienhaus mit zehn Einheiten sind es 1,08 Euro. Rechnet man Zins, Tilgung und staatliche Förderung mit ein, ist die Investition erst nach 29 Jahren wieder eingespielt.
"Nachdem was wir wissen, hält eine Wärmepumpe maximal 15 Jahre", sagt der Präsident des Verbandes der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko. "Da gehen nun nicht alle Bestandteile auf einmal kaputt. Aber ein Hauptbestandteil ist der Kompressor und der hält in der Regel halt nicht länger als genau diese 15 Jahre."
Das würde bedeuten, dass sich der Einbau einer Wärmepumpe für einen Vermieter rechnet, ist rein mathematisch ausgeschlossen. Da sich aber auch die Miete erhöht, sind sowohl Vermieter als auch Mieter die Verlierer.
"Aus meiner Sicht, ganz persönlich, ist die grundsätzliche Frage: Ist dieses Gesetz überhaupt notwendig", sagt der FDP-Bundestagsabgeordneten Nico Tippelt aus Glauchau. Seine Partei will am Freitag dem "Heizungsgesetz" zustimmen, obwohl er sich selbst damit nicht so recht wohl fühlt. "Wir haben eine CO2-Bepreisung, und die führt ja automatisch dazu, dass fossile Brennstoffe teurer werden. Und das setzt ja Anreize oder gewisse wirtschaftliche Zwänge."
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR exakt | 06. September 2023 | 20:15 Uhr
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