Kritik von Rechnungshof Vorwürfe der Vetternwirtschaft beim Sozialministerium: Sondersitzung im Landtag

31. August 2023, 20:28 Uhr

Nicht integres Verhalten, korruptionsgefährdete Strukturen: Nachdem in der vergangenen Woche der Landesrechnungshof einige Fördermittelvergaben mit deutlichen Worten kritisiert hatte, fand am Donnerstag eine Sondersitzung des Landtags statt. Sachsens Sozialministerin Köpping (SPD) wies dabei die Vorwürfe zurück. Die vom Rechnungshof bemängelten Vergabeverfahren und mögliche Korruptionsvorwürfe haben trotzdem Konsequenzen für einen beteiligten Staatssekretär.

Nach Vorwürfen im Zusammenhang mit der Vergabe von Fördermitteln des Sozialministeriums ist der Sächsische Landtag am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) wies in ihrer Rede die Anschuldigungen deutlich zurück. Parteipolitische und persönliche Interessen hätten bei Förderverfahren keine Rolle gespielt, sagte Köpping. Niemand in ihrem Haus habe rechtswidrige Bescheide erlassen wollen. Die Generalstaatsanwaltschaft habe keinen Anhaltspunkt für strafbares Verhalten gefunden.

Weitere Aufklärung gefordert

Die AfD-Fraktion hatte die Sondersitzung des Parlaments beantragt und von "Clanstrukturen" gesprochen. Die anderen Parteien kritisierten am Donnerstag den Zeitpunkt der Debatte, weil der Landesrechnungshof den zugrunde liegenden Bericht noch nicht veröffentlicht habe. Die AfD wolle über "ungelegte Eier reden und mit der von ihr beantragten Sondersitzung nur Unruhe stiften," sagte Sören Voigt von der CDU-Fraktion. Es verbiete sich, eine solche Debatte aus dem Bauch heraus zu führen.

Valentin Lippmann von den Grünen sah im Verhalten der AfD ein "bizarres Schauspiel". Unter dem Deckmantel vermeintlicher Transparenz wolle ausgerechnet die AfD angeblich Schaden von Rechtsstaat und Demokratie abwenden, so Lippmann. Gleichwohl forderten auch die Fraktionen von CDU, Grünen, Linken und SPD Aufklärung zu den Kritikpunkten des Rechnungshofes.

Auch der Rechnungshof hatte in einem Interview mit dem MDR die von der AfD beantragte Sitzung kritisiert. Die Debatte sei verfrüht, weil der abschließende Prüfbericht noch nicht vorliege.

Staatssekretär soll entlassen werden

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass der mutmaßlich verantwortliche Sozialstaatssekretär Sebastian Vogel (SPD) aus dem Amt scheiden. Köpping sagte bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, sie habe Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gebeten, Vogel in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.

Scharfe Kritik vom Rechnungshof

In der vergangenen Woche hatte der Sächsische Landesrechnungshof die Fördermittelvergabe für Integrationsmaßnahmen des Sozialministeriums harsch kritisiert. Laut eines Prüfberichts der Behörde hatte es in diesem Zusammenhang eine "Vielzahl von Anzeichen für nicht integres Verhalten" gegeben. Außerdem hätten sich "korruptionsgefährdete Strukturen" gebildet.

Unter anderem soll Staatssekretär Vogel gegen das sogenannte Mitwirkungsverbot verstoßen haben. Als ehemaliger Abteilungsleiter soll der Dresdner entgegen interner Richtlinien an der Vergabe von Fördermitteln an Vereine wie den Ausländerrat Dresden beteiligt gewesen sein. Vogel war früher Vorsitzender dieses Vereins. Außerdem habe er Fördermittel an einen Verein vergeben, in dem seine Lebensgefährtin Geschäftsführerin ist. Vogel (Jahrgang 1979) war seit Juli 2021 Staatssekretär im Ministerium für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Bei der Prüfung durch den Rechnungshof ging es vor allem um die Anfangsjahre der Integrationsförderung von 2016 bis 2019. Seither sei der Vollzug der Richtlinie durch das Sozialministerium und die Sächsische Aufbaubank mehrfach angepasst und verbessert worden, hieß es aus dem Ministerium.

Köpping hatte Fehler eingestanden

Sozialministerin Köpping hatte bereits nach Bekanntwerden des Berichts Fehler eingestanden. Es schmerze sie sehr, dass es in den ersten Jahren der Integrationsförderung offenbar zahlreiche Defizite im Vollzug gegeben habe, so in der vergangenen Woche Köpping.

Doch auch unter Zeitdruck und widrigen Umständen müssen Verwaltungsprozesse so professionell organisiert werden, dass kein Raum für Spekulationen entstehen kann. Das ist zu kurz gekommen.

Petra Köpping sächsische Sozialministerin (SPD)

Ihr Haus habe inmitten des Syrienkriegs und der Flüchtlingskrise eine große Aufgabe zu bewältigen gehabt. Es sei darum gegangen, Kommunen, Ehrenamtlichen und Geflüchteten schnell und unbürokratisch zu helfen, "um den sozialen Frieden zu wahren". Trotz der Umstände hätten die Verwaltungsprozesse aber so organisiert werden müssen, dass kein Raum für Spekulationen hätte entstehen können. Das sei zu kurz gekommen, gestand Köpping ein.

Reaktion des kritisierten Staatssekretärs

Der kritisierte Staatssekretär Vogel sagte, er habe zu keinem Zeitpunkt seiner Tätigkeit persönliche oder parteipolitische Vorteile gesucht oder erlangt. Vielmehr sei wegen seines "damaligen Bemühens, unbürokratisch und unkonventionell zu handeln, im verwaltungsrechtlichen Sinne eben teilweise auch sehr unprofessionell gehandelt und entschieden worden".

MDR (ben/dka)/dpa/epd

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 30. August 2023 | 19:00 Uhr

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