Rechtsterrorismus Anwalt verharmlost "Sächsische Separatisten" als Wandergruppe
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08. November 2024, 17:28 Uhr
Gibt es die "Sächsischen Separatisten" etwa gar nicht? Der Anwalt eines der mutmaßlichen Rechtsterroristen stellt die festgenommenen Beschuldigten als harmlose Wandergruppe dar. Dabei ist der Jurist Kohlmann selbst Teil der rechtsextremen Bewegung und vertritt häufig Anhänger der Szene vor Gericht. Sein Mandant hat offenbar zum Auffliegen der Gruppe erheblich beigetragen, weil er in Online-Chats zu viel preisgab.
Der Anwalt eines Mitglieds der mutmaßlich rechtsextremistischen Terrorgruppe "Sächsische Separatisten" hat sämtliche Vorwürfe der Bundesanwaltschaft als unzutreffend zurückgewiesen. Martin Kohlmann, der den mutmaßlichen Rädelsführer Jörg S. vertritt, erklärte am Freitag auf MDR-Anfrage, es gebe überhaupt keine Gruppierung mit diesem Namen. Nach seinen Worten soll es sich lediglich um einen losen Freundeskreis handeln, der sich gelegentlich Wandern und zweimal zum Paintball-Spielen getroffen habe.
Führender "Freier Sachse" vertritt mutmaßlichen Rechtsterroristen
Auf die Frage nach den Überzeugungen und Zielen der Gruppenmitglieder antwortete Kohlmann, die Leute würden sich im AfD-Umfeld bewegen. Weiter erklärte der Anwalt wörtlich: "Wären es wirklich sächsische Separatisten, wären sie ja wohl bei uns." Damit meint Kohlmann offensichtlich die "Freien Sachsen".
Der Jurist ist Vorsitzender der rechtsextremistischen Kleinstpartei, die vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall für verfassungsfeindliche Bestrebungen beobachtet wird. Diese strebt laut ihrer Satzung eine weitreichende Autonomie Sachsens und notfalls die Abspaltung von der Bundesrepublik Deutschland an.
Auslieferungsverfahren läuft noch
Kohlmanns Mandant Jörg S. ist der letzte der am Dienstag festgenommenen acht Beschuldigten, dessen Haftbefehl noch nicht in Vollzug gesetzt werden konnte. Er war nicht in Sachsen, sondern im polnischen Zgorzelec. Seine Auslieferung ist zwar beantragt, könnte sich aber nach Aussage der Bundesanwaltschaft verzögern, falls Rechtsmittel dagegen eingelegt werden.
Hat der Rädelsführer online zu viel geredet?
Jörg S. ist nach Informationen des Rechercheverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung mitverantwortlich dafür, dass die "Sächsischen Separatisten" überhaupt aufgeflogen sind. Er soll in einschlägigen rassistischen Onlinekanälen Details zu ihm, seiner Gruppe und deren mutmaßlichen Plänen preisgegeben haben. Das sei einem Mitarbeiter der US-amerikanischen Bundespolizei FBI aufgefallen, der dort verdeckt als sogenannte Online-Vertrauensperson agiert haben soll. Das FBI übermittelte demnach den deutschen Ermittlungsbehörden seine Erkenntnisse.
Gruppe wollte gesellschaftliches Chaos ausnutzen
Der Generalbundesanwalt wirft den acht gefassten Beschuldigten die Mitgliedschaft in einer inländischen terroristischen Vereinigung vor. Ihr Ziel sei gewesen, nach einem erwarteten staatlichen und gesellschaftlichen Zusammenbruch, in Sachsen und angrenzenden Gebieten mit Waffengewalt einen Staat nach nationalsozialistischem Vorbild zu errichten und unerwünschte Personen durch ethnische Säuberungen zu entfernen. Mindestens drei der Beschuldigten sind Mitglied der AfD. Sie sollen aus der Partei ausgeschlossen werden.
MDR (stt)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 08. November 2024 | 11:30 Uhr