Chemiestoffe für Munition Rüstungskonzern Rheinmetall prüft Aufbau von Pulverfabrik in Sachsen
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30. Januar 2023, 13:11 Uhr
Für die Bundeswehr muss neue Munition beschafft werden, der Rüstungskonzern Rheinmetall prüft deshalb auch den Aufbau einer Pulverfabrik in Sachsen. Es würde sich um eine millionenschwere Industrieansiedlung handeln.
- Die Bundeswehr leidet unter Munitionsmangel.
- Rheinmetall will deshalb mehr Munition produzieren und prüft den Bau eines Pulverwerks in Sachsen.
- Knackpunkt ist wohl vor allem noch die Höhe möglicher Subventionen.
Der Rüstungskonzern Rheinmetall prüft den Aufbau eines Pulverwerks in Sachsen. Nach MDR-Informationen sollen in der Fabrik chemische Vorprodukte für Munition hergestellt werden. In der Anlage würden also nicht direkt Raketen oder Patronen produziert.
Rheinmetall-Chef Armin Papperger hatte am Wochenende in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, Rheinmetall erwäge, für den wachsenden Munitionsbedarf ein weiteres Pulverwerk in Sachsen zu betreiben, und forderte hierfür Investitionen des Staates. "Das ist ein Spezialchemiewerk, das einen Preis zwischen 700 und 800 Millionen Euro haben wird", hatte Papperger laut Reuters gesagt. Das sei ein Investment, das die Industrie nicht alleine tragen könne. "Das ist ein Investment für die nationale Sicherheit, die man braucht. Und hier braucht man natürlich den Bund", hieß es laut Reuters weiter.
Pulverwerk: Entscheidung vermutlich noch Anfang des Jahres
Als Standort für eine neue Rheinmetall-Fabrik könnte nach MDR-Informationen ein Gelände zwischen Leipzig und Bitterfeld im Gespräch sein. Infrage käme zum Beispiel das geplante Industriegebiet westlich von Delitzsch in Sachsen nahe der Autobahn 9. Ob es sich wirklich um diesen Standort handelt, ist allerdings noch unklar. Rheinmetall wollte das auf MDR-Anfrage weder bestätigen noch dementieren.
Das ist ein Investment für die nationale Sicherheit.
Die Entscheidung über die Ansiedlung könnte nach MDR-Informationen noch in den ersten vier Monaten dieses Jahres fallen. Ein Knackpunkt ist laut Insidern wohl noch die Höhe von möglichen staatlichen Subventionen für den Aufbau der Fabrik. Zudem ist der mitteldeutsche Standort offenbar nicht der einzige, der geprüft wird. Die sächsische Staatskanzlei bestätigte eine mögliche Ansiedlung von Rheinmetall auf eine Anfrage des MDR Ende des vergangenen Jahres nicht. Ein Sprecher sagte damals aber, dass man eine Ansiedlung sehr begrüßen würde.
Bundeswehr hat nur wenig Munition
Die Bundesregierung steht beim Thema Munition derzeit massiv unter Druck. Im Herbst hatten mehrere Medien berichtet, dass die Munitionsvorräte im Ernstfall nur wenige Tage reichen würden. Genaue Angaben machte die Bundesregierung mit Verweis auf Geheimhaltung nicht, wie aus einer Kleinen Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Jens Lehmann Ende vergangenen Jahres hervorging. Zudem ist Deutschland bei Vorprodukten teilweise aus Lieferungen von Nicht-Nato-Staaten abhängig.
Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) bezifferte die nötigen Ausgaben für Munition auf 20 Milliarden Euro. Im Herbst fand deshalb ein Munitionsgipfel mit beteiligten Unternehmen im Kanzleramt statt. Konkrete Ergebnisse wurden nicht bekannt.
Rheinmetall baut Produktion aus
Rheinmetall ist in Deutschland einer der größten Munitionsproduzenten – Mitte Dezember hatte der Rüstungskonzern angekündigt, die Munitionsfertigung in Deutschland auszubauen. Derzeit wird dafür bereits eine neue Produktionslinie für Mittelkalibermunition in Niedersachsen aufgebaut, damit sollen ab Sommer unter anderem Geschosse für den an die Ukraine gelieferten Gepard-Flugabwehrpanzer hergestellt werden.
Die Ankündigung war eine Reaktion auf ein Veto der Schweiz gegen Munitionslieferungen aus Deutschland an die Ukraine. Die Munitionsproduktion für den Gepard war bisher nur in einem Schweizer Werk möglich. Der Export von Altbeständen des für die Flugabwehrkanonenpanzer Gepard benötigten Waffenmaterials hätte aber der Zustimmung der Schweizer Regierung bedurft, die jedoch mit Hinweis auf die eigene Neutralität ablehnte.
Neues Werk in Ungarn, Firmenübernahme in Spanien
Anfang Januar hatte Rheinmetall zudem angekündigt, eine Sprengstofffabrik in Ungarn aufzubauen und mitzubetreiben. Außerdem wurde ein spanischer Munitionshersteller übernommen. In der entsprechenden Pressemitteilung hatte Rheinmetall im November geschrieben, dass angesichts des absehbar großen Bedarfs in vielen Ländern sich der Konzern für erwartete Neuausschreibungen zur Munitionsbeschaffung bestmöglich aufstellen wolle. "Von strategischer Bedeutung ist dabei auch der für Rheinmetall entstehende Zugriff auf Produktionskapazitäten von Munitionspulver, bei dem in Europa mittlerweile Engpässe entstanden sind."
Weltweit hat Rheinmetall rund 30.000 Mitarbeiter, rund die Hälfte davon in Deutschland. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat der Börsenwert des Konzerns um das Zweieinhalbfache zugelegt. Für 2022 meldete das Unternehmen einen Rekordumsatz von 6,4 Milliarden Euro.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 30. Januar 2023 | 11:09 Uhr