Eine über 90-jährige Dame führt mit ihrem Smartphone ein Telefongespräch.
Seniorinnen und Senioren in Sachsen haben im Jahr 2023 mehr als zwei Millionen Euro an Betrüger verloren, die mittels Schockanrufen und dem sogenannten "Enkeltrick" an die Ersparnisse ihrer Opfer gelangten. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Balk

Kriminalität Millionenschaden durch Schockanrufe und Enkeltrick in Sachsen

04. August 2024, 06:30 Uhr

Sie versetzen ihre zumeist älteren Opfer in eine Schockstarre und lassen diese alles Misstrauen vergessen. Täter, die sich am Telefon als Enkel oder falscher Polizist ausgeben, haben in Sachsen zunehmende Erfolge mit ihrer Betrugsmasche. Die Polizei setzt im Kampf dagegen auf Aufklärung. Dennoch sind die Fallzahlen und Schadenshöhen stark angestiegen.

  • Telefonbetrüger haben in Sachsen im Vorjahr einen Schaden in Millionenhöhe angerichtet.
  • Unter den Geschädigten ragt nach Polizeierkenntnissen besonders eine Altersgruppe heraus.
  • Zur Prävention holt die Polizei Banken und Sparkassen mit ins Boot.

Sogenannte Enkeltrick- und Schockanrufe haben 2023 in Sachsen einen Schaden von 2,3 Millionen Euro verursacht. Laut Landeskriminalamt (LKA) ist das eine Verzwanzigfachung seit 2015. Im gleichen Zeitraum habe sich die Zahl der Fälle verfünffacht. Hinzu komme eine Dunkelziffer.

Ein älterer Herrr hält ein Telefon an seinem Ohr. 15 min
Bildrechte: IMAGO/Fotostand

Betrugsopfer meist im Rentenalter

Die Geschädigten der Betrüger seien meist zwischen 60 und 90 Jahre alt. So wurde in Dresden zuletzt eine 82-Jährige um 121.000 Euro betrogen. Auch Menschen mittleren Alters seien betroffen, etwa bei Gewinnversprechen. "Die Täter sind hochprofessionell", erklärte Enrico Lange, Leiter des Betrugsdezernats der Dresdner Kriminalpolizei, MDR SACHSEN. Sie versetzten das Opfer in eine Schockstarre, aus der es sich rational nicht befreien könne.

Ein Mann gibt einem Anderen 50-Euro-Scheine
Die meist unbekannten Betrüger haben es mit der Enkeltrick-Masche auf das Geld ihrer Opfer abgesehen. In Sachsen richten sie jedes Jahr einen Millionenschaden an. (Symbolbild) Bildrechte: imago/imagebroker

Laut Janin Eissig vom LKA trauen sich Geschädigte oft aus Scham nicht, zur Polizei zu gehen oder sich den Angehörigen anzuvertrauen. Sie zögen sich zurück. "Das kann ganze Familien zerstören."

Die Täter sind hochprofessionell und versetzen das Opfer vom ersten Moment an in eine Schockstarre, aus der man rational nicht ausbrechen kann.

Enrico Lange Leiter Dezernat für Wirtschaftskriminalität, Betrug und Cybercrime der Kripo in Dresden

Wer steckt hinter der Betrugsmasche?

Der Polizei zufolge gab es häufig Fälle von Schockanrufen aus Polen. Dabei handele es sich beispielsweise um in Banden organisierte deutsche Auswanderer. Dennoch gebe es Ermittlungserfolge. Zuletzt habe die Polizei in Chemnitz einen mutmaßlichen Betrüger, der aus Tschechien agierte, ermittelt. Der wurde festgenommen. Die Chancen, ihr Geld wieder zu bekommen, seien für Betroffene äußerst gering. "Die Täter brauchen das Geld für ihren Lebensunterhalt und geben es sofort aus", warnte Lange.

Wie kann man Betrug erkennen und sich schützen?

  • Hellhörig werden, wenn Anrufer Geld oder andere Wertgegenstände fordern. Die Polizei fragt nie danach.
  • Polizisten kommen nicht vorbei, um Geld abzuholen oder fordern eine Kaution.
  • Schwere Unfälle sind kein Kapitalverbrechen und bringen einen nicht sofort ins Gefängnis.
  • Den Anrufern am Festnetz keine zusätzliche Handynummer(n) nennen.
  • Sich als Paar nicht vom Anrufer trennen lassen.
  • Bei der Bank im Auftrag der Anrufer keine Lügen erzählen, um Geld zu bekommen.
  • Im Verdachtsfall die Polizei verständigen. Nicht die Rückruftaste nutzen, sollte man vermeintlich mit der "110" angerufen worden sein, sondern selbst "110" wählen.
  • Verdächtige SMS oder Whatsapp-Nachrichten sichern und zur Anzeige bringen.
  • Mit Angehörigen über Schockanrufe reden.


Quelle: Polizei Sachsen

Auf dem Display eines Smartphones steht eine Whats App-Nachricht, die im Tonfall betrügerischen Nachrichten nachempfunden ist, die dazu genutzt werden, Geld zu bekommen.
Vorsicht bei solchen Nachrichten. Sie werden von Betrügern versendet, um an Geld zu kommen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Polizei Chemnitz informiert auf Sommertour

Mittlerweile sind auch Banken und Sparkassen gut informiert. Die Angestellten seien oft die letzte Instanz, um den Betrug zu verhindern. Die Polizei in Chemnitz kooperiert zur Prävention über Schockanrufe und Enkeltrick mit Sparkassen. Bis Ende August rollt ihr Präventionsmobil durch Mittelsachsen, den Erzgebirgskreis und Chemnitz, darunter zu Sparkassenfilialen. Die Über-Land-Präventionstour hat 34 Stationen und endet am 20. August am Obermarkt in Freiberg.

Betrugsmaschen oft vielfältig

Wie die Polizei MDR SACHSEN weiter sagte, sind die Betrugsmaschen vielfältig wie das Leben. So gebe es neben dem Enkeltrick beispielsweise auch Anrufe von Anlagebetrügern. Informationsmaterial zum Schutz vor Telefonbetrug finden Bürgerinnen und Bürger dazu auf der Internetseite der Polizei in Sachsen zu ihrer Aufklärungskampagne "Hör' genau hin. Telefonbetrug kann jeden treffen."

MDR (wim/hel)/mina

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Der Nachmittag | 02. August 2024 | 14:00 Uhr

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