Meinungsstreit Politik uneins: Soll Sachsen einen Feiertag für Aufrüstung opfern?
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03. März 2023, 18:00 Uhr
Mit 100 Milliarden Euro will die Bundesregierung die Bundeswehr aufrüsten. Ob zur Finanzierung ein Feiertag abgeschafft werden muss, ist umstritten. Die Debatte folgt einem Gesetzesentwurf aus Dänemark. Das Land will wegen höherer Verteidigungsausgaben den christlichen Feiertag "Großer Gebetstag" streichen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Thorsten Frei lobte gegenüber den Sendern RTL/N-TV das "starkes Signal". Kritik gab es in Sachsen von SPD und Linke.
- Arbeitgeberverband lobt den dänischen Vorstoß.
- Die Linke sieht ein einseitiges Interesse der Wirtschaft am Wegfall eines Feiertages.
- Auch in Dänemark gab es Widerstand gegen die Regierungspläne vor allem von zwei Seiten.
In der Frage, ob für die kostspielige Aufrüstung der Bundeswehr ein Feiertag geopfert werden muss, gehen die Meinungen zwischen einzelnen Parteien und Verbänden in Sachsen stark auseinander. Hintergrund ist eine Idee aus Dänemark. Das Land will ab dem Jahr 2024 einen christlichen Feiertag streichen und die Bürger und Bürgerinnen zur Arbeit bitten. Mit dem Erlös sollen höhere Rüstungsausgaben finanziert werden. Aus den Fraktionen von Linke und SPD kam deutliche Kritik. Für die Arbeitgeber in Sachsen ist dagegen diese Vorstellung keineswegs tabu.
Diesen Streit gibt es nicht zum ersten Mal. Es wurde bereits 1995 bundesweit der Buß- und Bettag abgeschafft - nur nicht in Sachsen. Damals musste die Pflegeversicherung finanziert werden.
Ein Tag mehr Arbeit: Kein Problem für Arbeitgeberchef
Der sächsische Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner hat am Dienstag die Pläne aus Dänemark positiv kommentiert. Wie Nachbar Dänemark, sähen sich "alle europäischen Staaten" neuen Herausforderungen in der Sicherheitspolitik gegenüber. Die dänische Lösung bezeichnete Brückner als "klug". Sie sei es wert, genau geprüft zu werden. Auch stimmte Sachsens Arbeitgeberchef der dänischen Regierungschefin zu, dass es "kein Problem" sei, "einen Tag mehr arbeiten zu müssen".
Demgegenüber hält der sächsische Landesvorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Alexander Krauß, die Überlegung "für unrealistisch. Jeder vorgeschlagene Feiertag würde auf den Widerstand von einzelnen Interessengruppen wie beispielsweise der Kirche stoßen", sagte der CDU-Politiker MDR SACHSEN.
Sachsens Regierungskoalition kriegt es noch nicht einmal hin, den Beschäftigten jene Feiertage wiederzugeben, die aufs Wochenende gefallen sind.
Linken-Fraktionschef: Feiertagsverzicht nutzt nur Wirtschaft
Dagegen hat der Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt im Sächsischen Landtag vor der Idee gewarnt. Das Argument, man müsse für Rüstungsfinanzierung auf einen Feiertag verzichten, sei "eine bewusste Irreführung". Laut Gebhardt hat Sachsen "im Vergleich schon wenige Feiertage" - auch weil es keinen Ersatz gibt, wenn sie auf ein Wochenende fallen. In Ländern wie beispielsweise Australien, Großbritannien, Irland und Spanien werden Feiertage, die auf einen Sonntag fallen, grundsätzlich am darauffolgenden Montag nachgeholt, wie die "Tagesschau" berichtet hat.
Die Wirtschaft bekomme so zusätzliches Arbeitsvolumen, "oft ohne Mehrkosten". Das sei nicht "im Interesse der Mehrheit", kritisierte der Linkenchef. Auch begegneten "viele Menschen" Krieg und Militär "zu Recht skeptisch bis ablehnend".
Wie die Sächsische Zeitung am Donnerstag berichtete, kam auch Kritik von der SPD. So forderte der sächsische SPD-Co-Vorsitzende Henning Homann, eine Finanzierung der Stärkung der Bundeswehr dürfe "nicht auf dem Rücken von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausgetragen werden". In Dänemark hatten laut Medienberichten auch Kirchen und Gewerkschaften gegen die Streichung des Feiertags Widerstand angemeldet.
Wer bestimmt in Deutschland eigentlich über die Feiertage?
Nationale Feiertage legen in Deutschland die Länder fest. Einzige Ausnahme ist laut Bundesinnenministerium der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober. An diesem Tag trat im Jahr 1990 die damalige DDR dem Geltungsbereich des Grundgesetzes bei. Im Einigungsvertrag wurde er daher zum Nationalen Feiertag erhoben.
Durch die Feiertagsgesetze der Länder sind neun Feiertage bundeseinheitlich gesetzlich geschützt, sechs davon sind christlichen Ursprungs:
• Neujahr
• Karfreitag
• Ostermontag
• Christi Himmelfahrt
• Pfingstmontag
• 1. Mai
• Tag der Deutschen Einheit
• erster Weihnachtstag
• zweiter Weihnachtstag
Darüber hinaus hat jedes Bundesland andere gesetzliche Feiertage.
Umfragen zeigen, dass viele Menschen bei einigen Feiertagen gar nicht so genau wissen, was sich hinter einigen der Feiertage verbirgt. Laut der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland von der Giordano-Bruno-Stiftung gehört nur noch die Hälfte der Bevölkerung einer der beiden großen Kirchen an.
In Sachsen ist zudem der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag festgelegt. Außerdem wird in bestimmten, katholischen Regionen der Fronleichnam und Allerheiligen begangen, nämlich in Gemeinden des sorbischen Siedlungsgebietes im Landkreis Bautzen: Bautzen (nur in den Ortsteilen Bolbritz und Salzenforst), Crostwitz, Göda (nur im Ortsteil Prischwitz), Großdubrau (nur im Ortsteil Sdier), Hoyerswerda (nur im Ortsteil Dörgenhausen), Königswartha (nicht im Ortsteil Wartha), Nebelschütz, Neschwitz (nur in den Ortsteilen Neschwitz und Saritsch), Panschwitz-Kuckau, Puschwitz, Räckelwitz, Radibor, Ralbitz-Rosenthal und Wittichenau. Entscheidend ist dabei laut Deutschen Gewerkschaftsbund der Arbeitsort, nicht der Wohnort eines Arbeitnehmers.
MDR (wim)/kna
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 03. März 2023 | 12:00 Uhr