Oma und Enkelin lachen.
Wunsch-Oma Heidi Klein und ihre Wunsch-Enkelin Ines Lemke genießen die gemeinsame Zeit. Bildrechte: Markus Gärtner

Ehrenamt Wunsch-Oma Heidi: So entlastet sie Familie Lemke aus Leipzig

25. Februar 2024, 12:31 Uhr

Familien ohne verfügbare Großeltern fehlt eine wichtige Stütze in der Kinderbetreuung. Der Leipziger Verein Sefa hilft und vermittelt ihnen Wunsch-Omas. Beide Seiten profitieren von dem Projekt. Wir haben einen Tag mit Wunsch-Oma Heidi und "ihren" Enkeln miterlebt.

Clemens läuft auf dem Spielplatz über die Wackelbrücke in rund vier Metern Höhe. "Schau mal, Omi", ruft der Elfjährige. Heidi Klein schaut nach oben. Denn sie ist gemeint - obwohl sie nicht mit dem Jungen verwandt ist. Die 71-Jährige aus Markranstädt macht mit beim Großelterndienst der Leipziger Senioren- und Familienselbsthilfe (Sefa). Sie ist eine Wunsch-Oma.

Eltern und Senioren können sich bei dem Projekt bewerben und werden, vor allem nach örtlicher Nähe, zugeteilt. Nach einem Kennenlerngespräch folgen sechs Wochen Probezeit, bevor es losgeht.

Oma mit Enkelinnen auf Spielplatz.
Wunsch-Oma Heidi Klein spielt mit Clemens und Ines auf dem Spielplatz in Leipzig. Bildrechte: Markus Gärtner

Das sind die Vorteile für die Wunsch-Oma

Heidi Klein macht schon seit 17 Jahren mit, Clemens und seine Schwester Ines sind ihre Wunsch-Enkel fünf und sechs. "Man ist immer in Bewegung, man kommt mit Leuten in Kontakt und man muss mitdenken, zum Beispiel wenn sie mit Hausaufgaben kommen", zählt die Rentnerin die Vorteile auf. "Und man wird ja auch in die Familie integriert."

Meistens dienstags kommt sie zu Familie Lemke, holt die Kinder von der Schule ab, dann gehen sie nach dem Kaffeetrinken entweder auf den Spielplatz oder spielen zu Hause. "Und Eis essen ist ganz wichtig im Sommer", berichtet die Wunsch-Oma.

Mutter sitzt mit Oma und Enkelinnen gemeinsam an einem Tisch.
Heidi Klein (2.v.l.) gehört für Mama Solveig (2.v.r.) und die Kinder Clemens (rechts) und Ines zur Familie. Bildrechte: Markus Gärtner

Wunsch-Oma als Teil der Familie

An diesem Dienstag führt die Rentnerin am Esstisch Fingerspiele vor. Die achtjährige Ines schaut gebannt zu. Mutter Solveig Lemke ist auch dabei. Die Krankenschwester und ihr Mann sind beruflich stark eingebunden, die eigenen Eltern nicht verfügbar. Daher sind sie dankbar für Heidi Kleins Einsatz. Für Solveig Lemke selbst ist Heidi Klein mehr als eine Bekannte oder eine Babysitterin. "Das Verhältnis ist sehr freundschaftlich, fast schon mütterlich, weil ich mit ihr auch über private Dinge offen reden kann", erzählt die 45-Jährige.

Wunsch-Großeltern für Kinder dringend gesucht

Eine ältere Frau.
Karla Töpfer von der Sefa sucht neue Wunsch-Großeltern. Bildrechte: Markus Gärtner

Die Sefa hat den Großelterndienst 2002 gestartet. Er finanziert sich durch Fördermittel, ehrenamtliche Mitarbeiter organisieren den Dienst. Die Wunsch-Großeltern erhalten eine Aufwandsentschädigung von vier Euro pro Stunde von den Familien. Zwischen 2015 und 2023 hat die Sefa an rund 150 Familien Wunsch-Großeltern vermittelt, berichtet die Vorsitzende Karla Töpfer.

Die Nachfrage bei den Familien sei groß - aber es fehlen Wunsch-Omas und -Opas ab 50 Jahren. Für Karla Töpfer geht es bei dem Projekt um mehr als nur gemeinsame Freizeit und Betreuung, sondern um das Verständnis zwischen den Altersgruppen. "Die Gesellschaft hat sich gewandelt und das Miteinander und die gegenseitige Unterstützung der Generationen hat ein bisschen gelitten", merkt Karla Töpfer an. Das sei früher selbstverständlich gewesen.

Der Verein Senioren- und Familienselbsthilfe vermittelt Wunschomas und -opas an Familien und umgekehrt 2 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
2 min

Do 17.10.2019 12:57Uhr 02:15 min

https://www.mdr.de/volontariat/video-346684.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Bei Clemens, Ines und Heidi ist davon nichts zu spüren. Wunsch-Oma Heidi motiviert, erklärt, herzt und tituliert Ines abwechselnd als "Schatzi", "Schneckchen" oder "Fräulein Schnappergusche". Ab und zu muss die ältere Dame aber auch mal schimpfen auf dem Spielplatz. "Clemens, nich’ knien - kuck dir mal deine Hose an", ruft die 71-Jährige.

Clemens steht schuldbewusst, aber grinsend, auf und klopft sich den nassen Sand von der Hose. Echten Streit gibt es nie. "Da bin ich ganz rigoros und sage, wenn es nicht funktioniert, dann komme ich nicht mehr. Und dann ist wieder Ruhe", erzählt die ehemalige Verkäuferin lachend.

Oma und Enkelinnen schauen auf Smartphone.
Heidi Klein (rechts) und ihre Wunsch-Enkel Clemens (Mitte) und Ines wollen auch künftig in Kontakt bleiben. Bildrechte: Markus Gärtner

Kontakte zwischen Wunsch-Enkeln und -Großeltern bleiben

Viele der Enkel-Wunschoma-Beziehungen überdauern sogar die angestrebte Betreuungszeit. Heidi Klein erhält immer noch Geburtstagsglückwünsche von ihren früheren Schützlingen. Karla Töpfer berichtet: "Teilweise geht es bis zu zehn Jahre und länger, wobei die Kinder die Betreuung in dem Sinn ja nicht mehr brauchen - aber es hat sich eben eine Beziehung entwickelt."

Auch Solveig Lemke hofft, dass Wunsch-Oma Heidi "noch sehr lange da ist, weil es für uns alle sehr bereichernd ist." Und auch Clemens' Lehrer dürften sich freuen, dass Oma Heidi alles im Blick hat, wie sich beim Abschied zeigt: "Mach's gut, Großer, und übe für die Arbeit!" "Welche Arbeit?"

MDR (ali/kk)

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