Ehrenamt Wunsch-Oma Heidi: So entlastet sie Familie Lemke aus Leipzig
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25. Februar 2024, 12:31 Uhr
Familien ohne verfügbare Großeltern fehlt eine wichtige Stütze in der Kinderbetreuung. Der Leipziger Verein Sefa hilft und vermittelt ihnen Wunsch-Omas. Beide Seiten profitieren von dem Projekt. Wir haben einen Tag mit Wunsch-Oma Heidi und "ihren" Enkeln miterlebt.
Clemens läuft auf dem Spielplatz über die Wackelbrücke in rund vier Metern Höhe. "Schau mal, Omi", ruft der Elfjährige. Heidi Klein schaut nach oben. Denn sie ist gemeint - obwohl sie nicht mit dem Jungen verwandt ist. Die 71-Jährige aus Markranstädt macht mit beim Großelterndienst der Leipziger Senioren- und Familienselbsthilfe (Sefa). Sie ist eine Wunsch-Oma.
Eltern und Senioren können sich bei dem Projekt bewerben und werden, vor allem nach örtlicher Nähe, zugeteilt. Nach einem Kennenlerngespräch folgen sechs Wochen Probezeit, bevor es losgeht.
Das sind die Vorteile für die Wunsch-Oma
Heidi Klein macht schon seit 17 Jahren mit, Clemens und seine Schwester Ines sind ihre Wunsch-Enkel fünf und sechs. "Man ist immer in Bewegung, man kommt mit Leuten in Kontakt und man muss mitdenken, zum Beispiel wenn sie mit Hausaufgaben kommen", zählt die Rentnerin die Vorteile auf. "Und man wird ja auch in die Familie integriert."
Meistens dienstags kommt sie zu Familie Lemke, holt die Kinder von der Schule ab, dann gehen sie nach dem Kaffeetrinken entweder auf den Spielplatz oder spielen zu Hause. "Und Eis essen ist ganz wichtig im Sommer", berichtet die Wunsch-Oma.
Wunsch-Oma als Teil der Familie
An diesem Dienstag führt die Rentnerin am Esstisch Fingerspiele vor. Die achtjährige Ines schaut gebannt zu. Mutter Solveig Lemke ist auch dabei. Die Krankenschwester und ihr Mann sind beruflich stark eingebunden, die eigenen Eltern nicht verfügbar. Daher sind sie dankbar für Heidi Kleins Einsatz. Für Solveig Lemke selbst ist Heidi Klein mehr als eine Bekannte oder eine Babysitterin. "Das Verhältnis ist sehr freundschaftlich, fast schon mütterlich, weil ich mit ihr auch über private Dinge offen reden kann", erzählt die 45-Jährige.
Wunsch-Großeltern für Kinder dringend gesucht
Die Sefa hat den Großelterndienst 2002 gestartet. Er finanziert sich durch Fördermittel, ehrenamtliche Mitarbeiter organisieren den Dienst. Die Wunsch-Großeltern erhalten eine Aufwandsentschädigung von vier Euro pro Stunde von den Familien. Zwischen 2015 und 2023 hat die Sefa an rund 150 Familien Wunsch-Großeltern vermittelt, berichtet die Vorsitzende Karla Töpfer.
Die Nachfrage bei den Familien sei groß - aber es fehlen Wunsch-Omas und -Opas ab 50 Jahren. Für Karla Töpfer geht es bei dem Projekt um mehr als nur gemeinsame Freizeit und Betreuung, sondern um das Verständnis zwischen den Altersgruppen. "Die Gesellschaft hat sich gewandelt und das Miteinander und die gegenseitige Unterstützung der Generationen hat ein bisschen gelitten", merkt Karla Töpfer an. Das sei früher selbstverständlich gewesen.
Bei Clemens, Ines und Heidi ist davon nichts zu spüren. Wunsch-Oma Heidi motiviert, erklärt, herzt und tituliert Ines abwechselnd als "Schatzi", "Schneckchen" oder "Fräulein Schnappergusche". Ab und zu muss die ältere Dame aber auch mal schimpfen auf dem Spielplatz. "Clemens, nich’ knien - kuck dir mal deine Hose an", ruft die 71-Jährige.
Clemens steht schuldbewusst, aber grinsend, auf und klopft sich den nassen Sand von der Hose. Echten Streit gibt es nie. "Da bin ich ganz rigoros und sage, wenn es nicht funktioniert, dann komme ich nicht mehr. Und dann ist wieder Ruhe", erzählt die ehemalige Verkäuferin lachend.
Kontakte zwischen Wunsch-Enkeln und -Großeltern bleiben
Viele der Enkel-Wunschoma-Beziehungen überdauern sogar die angestrebte Betreuungszeit. Heidi Klein erhält immer noch Geburtstagsglückwünsche von ihren früheren Schützlingen. Karla Töpfer berichtet: "Teilweise geht es bis zu zehn Jahre und länger, wobei die Kinder die Betreuung in dem Sinn ja nicht mehr brauchen - aber es hat sich eben eine Beziehung entwickelt."
Auch Solveig Lemke hofft, dass Wunsch-Oma Heidi "noch sehr lange da ist, weil es für uns alle sehr bereichernd ist." Und auch Clemens' Lehrer dürften sich freuen, dass Oma Heidi alles im Blick hat, wie sich beim Abschied zeigt: "Mach's gut, Großer, und übe für die Arbeit!" "Welche Arbeit?"
MDR (ali/kk)
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