Tarifverhandlung Leipziger Nahverkehr nach Streik wieder angelaufen
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23. Februar 2023, 07:55 Uhr
Nach 26 Stunden Warnstreik fahren seit Donnerstagmorgen wieder planmäßig Straßenbahnen und Busse in Leipzig. Während des Ausstandes stand der Nahverkehr komplett still. Das bekamen auch Fußball-Fans bei ihrer Anreise zum Champions-League-Spiel zu spüren. Mit dem Streik wollte die Gewerkschaft Verdi darauf aufmerksam machen, dass Nahverkehrsbeschäftigte in Leipzig schlechter bezahlt werden als andernorts in Sachsen und Mitteldeutschland. Am Donnerstag wird weiter verhandelt.
- Straßenbahnen und Busse in Leipzig fahren nach dem Streik wieder normal.
- Fußballfans mussten zu Fuß zum Champions-League-Spiel ins Stadion laufen.
- Verdi beklagt eine besonders schlechte Entlohnung der Beschäftigten im Leipziger Nahverkehr.
Der Betrieb bei den Leipziger Verkehrsbetrieben läuft seit dem frühen Donnerstagmorgen wieder planmäßig. Das teilte das Unternehmen auf seiner Internetseite mit. Nach 26 Stunden hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ihren Warnstreik um 5 Uhr wie angekündigt beendet. Bis dahin waren nach Unternehmensangaben alle Straßenbahnen und Busse der LVB in den Depots geblieben. Lediglich auf einigen von Subunternehmen bedienten Linien seien Busse gefahren.
Völkermarsch zum Fußball-Stadion
Die Folgen des Ausstandes bekamen am Abend zehntausende Fußball-Fans zu spüren, die das Champions-League-Achtelfinal-Hinspiel von RB Leipzig gegen Manchester City live vor Ort sehen wollten. Sie kamen mit den nicht vom Streik betroffenen Nahverkehrszügen und S-Bahnen maximal bis zum Hauptbahnhof und mussten den restlichen Weg zum Stadion größtenteils zu Fuß zurücklegen. Die Polizei sperrte für die Menschenmassen kurzzeitig Straßen, die zur Fußball-Arena führten. Einige Fans, die per Zug anreisten, hatten ihr Fahrrad mitgebracht, andere versuchten, einen Leih-E-Roller oder ein Taxi zu ergattern. Dazu verstopften wie üblich zahlreiche Autos die Straßen um das Stadion, vor allem im Waldstraßenviertel.
Druckmittel für bessere Löhne
Der Warnstreik hatte bereits am Mittwochmorgen 3 Uhr begonnen und damit auch den Berufsverkehr in Leipzig lahmgelegt. Dem Aufruf von Verdi waren Beschäftigte und Auszubildende der Leipziger Verkehrsbetriebe, der Leipziger Stadtverkehrsbetriebe, von LeoBus sowie von den Leipziger Aus- und Weiterbildungsbetrieben gefolgt. Ziel der Gewerkschaft war nach eigenen Angaben, zu Beginn der zweiten Tarifrunde den Druck auf die Arbeitgeberseite im öffentliche Dienst zu erhöhen.
Die LVB zahlten mit die schlechtesten Löhne in Mitteldeutschland, begründete Verdi-Vertreter Paul Schmidt den erneuten Ausstand. Im Vergleich zu anderen Städten in Sachsen gebe es für Leipziger Beschäftigte bisher keinen Inflationsausgleich. Schmidt verwies zudem auf den Fachkräftemangel, der sich bis 2030 weiter verschärfen werde. Auf der anderen Seite investiere das Unternehmen dreistellige Millionenbeträge in neue Fahrzeuge, Netzerweiterungen oder die Entwicklung neuer Angebote.
Während sich die Leipziger Verkehrsbetriebe für ihre neuen Straßenbahnen, Elektrobusse und die geplanten Angebotserweiterungen rühmen, bleibt das Personal völlig auf der Strecke.
Verdi betonte, mit den Streiks solle die Stadt Leipzig an das absolute Verkehrschaos erinnert werden, dass sie ohne einen funktionierenden Nahverkehr jeden Tag erleben würde. Die Linke in Sachsen unterstützte die Aktion. Der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Marco Böhme, sagte: "Natürlich tun Streiks weh - wie sonst sollten sie eine effektvolle Wirkung erzielen?".
Nach den Streiks wird wieder geredet
Die Gewerkschaft hofft, dass nach ihren Aktionen in Leipzig und anderen Städten Bewegung in die Tarifgespräche für die Beschäftigten von Bund und Kommunen kommt. Die zweite Gesprächsrunde in Potsdam wird nach einer nächtlichen Unterbrechung am Donnerstagvormittag fortgesetzt. Zuvor hatten die Verhandlungsführer bis zum späten Abend in kleiner Runde beraten. Eine Einigung war allerdings den Angaben zufolge noch nicht in Sicht. Die Gewerkschaften verlangen Einkommenssteigerungen von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Damit wollen sie verhindern, dass die hohe Inflation einen großen Anteil der Reallöhne auffrisst. Bund und Kommunen lehnen diese Forderung als wirtschaftlich nicht verkraftbar ab. Ein eigenes Angebot haben sie bisher aber auch nicht vorgelegt.
MDR (phb/kk/sth/stt)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 23. Februar 2023 | 05:30 Uhr