Der neue Zuschauerraum der Musikalischen Komödie in Leipzig nach der Wiedereröffnung im April 2021.
Das Programm für die neue Spielzeit wurde in der Musikalischen Komödie im Leipziger Westen vorgestellt. Bildrechte: Tom Schulze

2024/2025 Neue Spielzeit an der Oper Leipzig: Vielfalt, große Geschichten und Howard Carpendale

08. März 2024, 17:32 Uhr

Große Geschichten, Ensemble-Pflege und wichtige Themen stehen im Zentrum des neuen Spielplans der Oper Leipzig. Am Freitag hat das Theater seine Pläne für die Spielzeit 2024/25 vorgestellt. Auf dem Programm steht eine Ritter-Oper, die ein Bach-Sohn komponiert hat. Das Ballett startet unter neuer Leitung mit gleich fünf Premieren. Und in der Musikalischen Komödie gibt es mit "Hello Again" ein Musical mit Songs von Howard Carpendale und ein Kammerstück über eine Geschlechtsangleichung.

Howard Carpendale, eine Ritteroper von Bach und humanistisches Tanztheater: Die Oper Leipzig hat am Freitag die Pläne für die kommende Saison 2024/25 vorgestellt. Neben zwei kleineren Projekten sind insgesamt zwölf größere Neuproduktionen und 27 Wiederaufnahmen geplant. 

Intendant Tobias Wolff spricht mit Blick auf den neuen Spielplan von einem "Kunstwerk": "Der Spielplan bietet das große Format. Er bietet aber auch Themen der Zeit. Er bietet Diskussionsstoff, junge Künstlerinnen und Künstler, alte Haudegen. Er bietet viele Frauen am Dirigentenpult und als Regisseurinnen. Ich bin stolz auf mein Team", sagte der Chef der Leipziger Oper MDR KULTUR.

Abenteuer in Ritter-Oper von Bach-Sohn und Bellinis "Norma" an der Leipziger Oper 

Als erste Premiere der neuen Spielzeit ist gleich ein unbekanntes Stück geplant: "Amadis, der Ritter" von Johann Christian Bach, dem Sohn des berühmten Thomaskantors Johann Sebastian Bach. Bei der Pressekonferenz kündigte Tobias Wolff die Produktion als ein Stück für die ganze Familie an, da es auf alten Rittergeschichten beruht.

Am Pult erarbeitet wird die Oper von Andreas Reize – dem amtierenden Thomaskantor in Leipzig. In der Schweiz hat Reize bereits mehrere Musiktheaterprojekte realisiert, er gilt als Spezialist für Barockmusik. Laut Intendant Wolff war es nie eine Frage, ob Reize an einer Opernproduktion in Leipzig beteiligt wird, sondern nur wann. Inszeniert wird das Stück von Antje Thoms. 

Porträt-Foto von Thomaskantor Andreas Reize
Thomaskantor Andreas Reize wird eine Oper eines Bachsohns dirigieren. Bildrechte: imago images/foto-leipzig.de

Bei der Vorstellung von Vincenzo Bellinis "Norma" verweist Operndirektorin Cornelia Preissinger immer wieder auf die Konfliktlinien in dem Opernklassiker: Krieg, Geschlechterrollen und Generationenstreit. Gespielt wird das Stück mit einer Arie, die Richard Wagner geschrieben hatte, als er die Oper selbst aufgeführt hat.

Für seine Inszenierung wird der Regisseur Anthony Pilavacchi auf Bühnenbild und Kostüme einer anderen Produktion zurückgreifen, die wegen der Corona-Pandemie nicht realisiert werden konnte. Für das Leitungsteam der Leipziger Oper war es undenkbar, dass die Ausstattung ungenutzt entsorgt werden sollte – immerhin hat sich das Theater Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. 

Weitere Premieren sind die späte Rossini-Oper "Die Reise nach Reims" und "Pique Dame" von Peter Tschaikowsky. Bei der letzten Produktion werden vor allem Opernfans aus Sachsen-Anhalt bekannte Namen sehen: Für das Bühnenbild ist der "Faust"-Preisträger Sebastian Hannak verantwortlich, der bemerkenswerte Arbeiten an der Oper Halle geschaffen hat. Am Pult steht Anna Skryleva, Generalmusikdirektorin des Theaters Magdeburg.

Unter dem Label "360 Grad" sind zudem Projekte geplant wie die Kinderoper "Jakob und der König vom Siebenmalsiebenland" oder Konzerte für Menschen, die dement sind oder nicht lange ruhig bleiben können.

Tobias Wolff: Ein Mann in Anzug lehnt sich lässig an.
MIt dem neuen Programm möchte Wolff große Gefühle und wichtige Fragen ansprechen. Bildrechte: Tom Schulze

Schostakowitsch: Andris Nelsons gibt sein Debüt in der Oper Leipzig

Eine wichtige Rolle für die Saison-Planung spielt außerdem das breite Repertoire der Oper Leipzig. Dafür greift Intendant Tobias Wolff auch auf die Arbeit seiner Vorgänger wie Ulf Schirmer zurück. "Wir sind ein Repertoiretheater, wir sind ein Ensembletheater – und das Repertoire gehört zu unserem Selbstverständnis", so der Opernchef. Das Publikum liebt es laut Wolff, bekannte Inszenierungen mehrmals zu sehen. Wiederaufnahmen stärkten also die Beziehung zum Publikum.

Insgesamt kehren in der Sparte Oper 16 Produktionen in den Spielplan zurück. Dabei gibt es auch hier eine Art Premiere: Im Rahmen des Schostakowitsch-Festivals wird Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons die Oper "Lady Macbeth von Mzensk" dirigieren. Damit gibt Nelsons sein Debüt im Orchestergraben der Oper.

Andris Nelsons dirigiert
Zum ersten Mal wird Andris Nelsons in der Oper Leipzig dirigieren. Bildrechte: imago/imaginechina

Neustart für das Leipziger Ballett 

Tradition, Ensemble-Pflege und Vielfalt – das sind auch die Leitlinien für das Leipziger Ballett. Das wird ab September 2024 offiziell von Rémy Fichet geleitet, der selbst mehrere Jahre in der Compagnie getanzt hat. Er betont, dass er das Ensemble ohne personelle Veränderungen übernehmen kann, alle Tänzerinnen und Tänzer bleiben in Leipzig. 

Für seine erste Spielzeit hat Fichet mehrere Gäste nach Leipzig eingeladen: Lauren Lovette, eine US-amerikanische, neoklassische Choreografin zeigt ihre Sicht auf die berühmte Geschichte von "Romeo und Julia". Anna Skryleva dirigiert dafür die Musik von Sergej Prokofjew und andere Werke. Martin Chaix erzählt das japanische Märchen der Mondprinzessin.  

Zentral für die neue Leitung der Tanztheater-Sparte sind neue Impulse und Vielfalt, bestätigt Rémy Fichet im Gespräch. Das wird vor allem in dem Doppelabend "Humans" deutlich, der nicht neoklassisch, sondern modern sein wird: Sofia Nappi wird feministische Geschichten zeigen und Louis Stiens setzt sich mit einer Produktion des Leipziger Balletts aus DDR-Zeiten auseinander.

Auch wenn Fichet betont, wie wichtig neue Choreografien für die Compagnie sind, wird er auch einen anderen Kern des Leipziger Ballett bedienen: die Pflege des choreografischen Werks von Uwe Scholz. Dafür studiert er unter dem Titel "Scholz Symphonien" zwei Werke des ehemaligen Leipziger Ballettchefs neu ein. Begleitet werden alle Stücke von dem Gewandhausorchester – Fichet spricht von einem großen Glück, auf dieses Orchester zurückgreifen zu können. 

Scharz-Weiß Bild von einem Mann in Hemd.
Das Werk des Choreografen Uwe Scholz wird in Leipzig besonders gepflegt. Bildrechte: Andreas Birkigt

Star auf der Musical-Bühne 

Kenner und Fans kannten das erste Highlight an der Musikalischen Komödie schon länger: das Musical "Hello Again". Rund um die Songs von Howard Carpendale hat Thomas Hermanns die Geschichte eines Ehepaars entwickelt. Der Sänger hat schon vor Monaten angedeutet, dass dieses Werk in Planung ist und der Vorverkauf hat bereits begonnen. 

Außerdem stehen neue Inszenierungen von "Evita" von Andrew Lloyd Webber und "Orpheus in der Unterwelt" von Jacques Offenbach auf dem Plan. Der Klassiker aus dem 19. Jahrhundert soll dabei von einem umfassenden pädagogischen Programm begleitet werden, um auch junges Publikum für die Kunstform Operette und für die Musikalische Komödie zu begeistern.

Zusätzlich ist im Venus-Saal ein Kammer-Musical von Rory Six geplant. In "Ein wenig Farbe" denkt Helena am Abend vor ihrer Geschlechtsangleichung über ihre Transition nach. Verkörpert wird diese Figur von Amy und damit zum ersten Mal von einer Sängerin, die eine Transfrau ist. 

Diese Produktion sind an der Oper Leipzig geplant

In der Oper Leipzig:
ab 21. September 2024: "Amadis, der Ritter", Oper von Johann Christian Bach
ab 26. Oktober 2024: "Romeo und Julia", Ballett von Lauren Lorette
ab 1. Dezember 2024: "Norma", Oper von Vincenzo Bellini
ab 1. Februar 2025: "Humans", Doppel-Abend des Leipziger Balletts
ab 15. März 2025: "Die Reise nach Reims", Oper von Giachino Rossini
ab 9. April 2025: "Jakob und der Köng vom Siebenmalsiebenland", Jugendprojekt in der Garderobenhalle der Oper
ab 12. April 2025: "Die Mondprinzessin", Ballett von Martin Chaix
ab 10. Mai 2025: "Pique Dame", Oper Peter Tschaikowsky
ab 20. Juni 2025: "Black Box", Tripel-Abend des Leipziger Balletts

Adresse:
Opernhaus
Augustusplatz 12
04109 Leipzig

In der Musikalischen Komödie:
ab 25. Oktober 2024: "Ein wenig Farbe", Kammermusical von Rory Six
ab 2. November 2024: "Hello! Again?", Musical von Thomas Hermanns mit Songs von Howard Carpendale
ab 29. März 2025: "Evita", Musical von Andrew Lloyd Webber
ab 24. Mai 2025: "Orpheus in der Unterwelt", Operette von Jacques Offenbach

Adresse:
Musikalische Komödie
Dreilindenstraße 30
04177 Leipzig

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 09. März 2024 | 08:40 Uhr

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