Das Dorf Pödelwitz neben dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain, 2019 3 min
Audio: Pödelwitz - ein Meilenstein auf Weg zum Modelldorf Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woitas
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Wie ein Verein versucht, ein Dorf an der Tagebaukante wiederzubeleben

MDR AKTUELL Do 20.03.2025 06:55Uhr 03:11 min

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Tschüss Kohle, Hallo Zukunft – 2025 Mibrag lässt Häuser in Pödelwitz verfallen

20. März 2025, 11:24 Uhr

Kohle als Energieträger verschwindet immer mehr. In diesem Wandel müssen sich die Kohlereviere zurechtfinden. In Pödelwitz wollen alte und neue Dorfbewohner versuchen, den Ort, der eigentlich für die Kohle darunter abgebaggert werden sollte, wiederzubeleben. Das ist schwierig, da die Häuser, die der Mibrag gehören, zunehmend verfallen. Doch ein Haus konnten sie dem Konzern nun abkaufen.

Britta Veltzke
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Von außen betrachtet wäre es verständlich, wenn die, die Pödelwitz wiederbeleben wollen, einfach hinschmeißen würden – sich einen anderen Ort suchen für ihre Ideen von einer Dorfgemeinschaft, die sich viel teilt, hilft, vor Ort lebt und arbeitet – und das möglichst ohne Umwelt und Klima zu schaden. So die Vision.

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Episodencover für Tschüss Kohle, Hallo Zukunft einstellen 11 min
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Pastorin Friederike Kaltofen unterstützt den Verein "Pödelwitz hat Zukunft" – ist mit ihrer Kirche selbst aktiver Teil des Dorfes. Wenn man ihr aber so zuhört, klingt sie wenig optimistisch. "Der Status Quo ist nach wie vor seit 2021 derselbe. Unbeweglichkeit." Die Ideen würden immer mehr und man habe Ansatzpunkte, um Dinge umzusetzen. Aber im Großen und Ganzen sei die Situation unverändert.

Häuser in Pödelwitz, die Mibrag gehören, verfallen zusehends

Ein blauer Bauwagen im Hintergrund hinter Bäumen eine barocke Kirche
Im Pfarrgarten von Pödelwitz wohnen junge Dorfbewohner. Bildrechte: Britta Veltzke

Der Grund: Die Häuser im Dorf, die nahezu alle dem Kohleunternehmen Mibrag gehören, verfallen zusehends. Dabei könnte der Verein sie gut gebrauchen. Die überwiegend jungen Dorfbewohner, die in den vergangenen Jahren nach Pödelwitz gezogen sind, wohnen provisorisch im Pfarrgarten, wo eine Jurte und ein Bauwagen stehen.

Die Mibrag, die umliegenden Gemeinden und der Landkreis wollen in einem langwierigen Prozess ein Konzept für die ganze Region um die Kohlegruben herum entwickeln. Wie genau und wann das konkret losgeht, steht nicht fest. "Da haben wir eine Perspektive auf 2030", sagt Kaltofen.

Strategie aus Rheinischem Revier für Pödelwitz wohl nicht umsetzbar

Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick in Richtung Westen. Im Sommer 2024 hat eine Gemeinde im Rheinischen Revier ein leergezogenes Dorf am Tagebau Hambach gekauft. Knapp 37 Millionen Euro gingen für das Dorf an den Energiekonzern RWE – finanziert aus dem Fördertopf für die noch aktiven Braunkohlereviere.

Dass das Beispiel eine Blaupause für Pödelwitz sein könnte, hält der für das Dorf zuständige Groitzscher Bürgermeister Maik Kunze für ausgeschlossen – erstens, weil seitens der Mibrag derzeit keine Verkaufsbereitschaft bestehe. Zweitens – teilt er schriftlich mit: "Auch halte ich es für absolut unwahrscheinlich, dass der Freistaat Sachsen eine solche oder ähnlich hohe Summe für Pödelwitz bereit ist aufzubringen."

"Tschüss Kohle, Hallo Zukunft!" Über zehn Jahre hinweg begleitet MDR AKTUELL Menschen aus dem Mitteldeutschen Revier durch den Kohleausstieg. Was geht verloren? Was kommt neu?

Der "Vielseithof" in Pödelwitz – ein inklusives Hofprojekt

Zwei Frauen stehen auf einem Weg.
Lio und Friedrike Kaltofen auf dem Weg zum "Vielseithof" in Pödelwitz. Bildrechte: Britta Veltzke

Und doch ist es dem Verein "Pödelwitz hat Zukunft" jetzt gelungen, zumindest eine Immobilie zu ergattern. Friederike Kaltofen und Lio vom Verein laufen zu ihrer jüngsten Errungenschaft. Sie bleiben an einem länglichen Gebäude hinter der Kirche stehen: die künftige Keimzelle für die Ideen des Vereins: der "Vielseithof" – ein inklusives Hofprojekt.

"Es geht darum, Wohnraum zu schaffen, unter anderem für Menschen mit Betreuungsbedarf. Wir wollen gerne hier eine solidarische Landwirtschaft starten", sagt Lio. Diese solle vor allem Gemüse produzieren, aber auch Obst, was im Dorf selber und in der Region verwendet werden kann.

So ist Stück für Stück eine unglaubliche Bewegung daraus geworden, wie das bei Pödelwitz immer wieder passiert.

Friedrike Kaltofen

Außerdem wollen sie in ihrem Vielseithof eine inklusive Hofkantine und einen Baubetrieb gründen, in dem auch Menschen mit Behinderung helfen können, das Dorf wiederzubeleben. Etwa 300.000 Euro hat der Verein für den Kauf gesammelt. Ein Teil sind Spenden, ein anderer Teil geliehenes Geld. Friederike Kaltofen ist begeistert, wie gut das funktioniert hat.

"Es gab immer mehr Menschen, die sich dafür interessiert haben. Und so ist Stück für Stück eine unglaubliche Bewegung daraus geworden, wie das bei Pödelwitz immer wieder passiert." Im Frühjahr wollen sie hier loslegen – im Kleinen ausprobieren, was sie für das ganze Dorf vorhaben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. März 2025 | 06:55 Uhr

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