Tag der offenen Tür 111 Jahre Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig - ein Blick in die Hidden Places

12. März 2023, 19:29 Uhr

Seit 1912 werden in Leipzig Bücher, Zeitschriften und Karten gesammelt. Die Deutsche Nationalbibliothek überlebte zwei Kriege und zählt heute mehr als 41 Millionen Medien. Damit ist sie eine der größten Bibliotheken weltweit und teilt sich die Aufgaben mit der Schwestereinrichtung in Frankfurt am Main. Zum Geburtstag gewährte das Haus nun einen Blick hinter die Kulissen.

Die weit verzweigten Gänge und Räume der Deutschen Nationalbibliothek sind gefüllt mit neugierigen Besucherinnen und Besuchern, die es sich nicht nehmen lassen wollten, an diesem Sonntag einmal hinter die Kulissen des 111 Jahre alten Hauses zu blicken. Tom Diener ist angenehm überrascht vom großen Ansturm. Es ist schon die dritte Gruppe, die der Mitarbeiter heute an die "Hidden Places" des Bauwerks führt, jene versteckten Orte, die Besucher sonst nicht zu Gesicht bekommen.

Eröffnet mitten im Krieg

Dazu erzählt er spannende Fakten. Etwa, dass die Aufzüge die Ebenen des Haupthauses bereits bei der Eröffnung 1914 miteinander verbunden haben. "Das war eine echte technische Innovation, damit man schnell Dinge nach oben schicken konnte", schwärmt er. "Der Bau wurde mitten im Ersten Weltkrieg fertig und konnte deshalb erst 1916 eingeweiht werden. Schon damals machte man sich Gedanken, wie man langfristig Platz schaffen kann für die Bücher." Die Auslastung von 1,5 Millionen Bänden sei bereits 1930 erreicht worden. 1934-36 wurde der erste Erweiterungsbau errichtet, in den 1960er-Jahren der zweite.

Erweitungsbau in Planung

Mittlerweile gehören vier Gebäudeteile zur Nationalbibliothek, sagt Direktor Michael Fernau. "Wir planen tatsächlich bereits den fünften Erweiterungsbau, sind also jetzt dabei, den Bau am anderen Ende unseres Grundstücks vorzubereiten, damit wir dort 200 laufende Regalkilometer unterbringen können." Und auch neue Server brauchen Platz. Denn die Nationalbibliothek sammelt auch digitale Publikation, mittlerweile alljährlich viermal mehr als Bücher oder Zeitschriften.

Wir planen bereits den fünften Erweiterungsbau. Derzeit bereiten wir den Bau am anderen Ende unseres Grundstücks vor, um dort 200 laufende Regalkilometer unterbringen können.

Michael Fernau Direktor Deutsche Nationalbibliothek

Unterirdischer Tunnel

Schon bei der ursprünglichen Planung des Hauses wurde ein unterirdischer Tunnel errichtet, um ein mögliches zweites Gebäude auf der anderen Straßenseite mit dem Hauptgebäude zu verbinden, erklärt Tom Diener. Dazu kam es jedoch nie. Stattdessen wurde der Raum laut Diener im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzkeller genutzt und dient heute als Archiv für die mehr als 25 Millionen Karteikarten, die vor der Digitalisierung in den 1990er-Jahren von Hand geführt wurden. Generationen von Wissenschaftlern und Studenten suchten in den alten Holzkästen nach den gewünschten Büchern. Heutzutage bestellt man alles online.

Bücher, Zeitschriften, Karten

Durch die Nähe zur Rüstungsindustrie auf der technischen Messe wurde das Gebäude bei den Bombenangriffen der Alliierten mehrfach getroffen. "Aber nicht so massiv, dass es nicht wieder aufgebaut werden konnte", sagt Diener. Neben den Büchern, von denen immer zwei Exemplare in den Bestand wandern, sammelt die Nationalbibliothek auch Zeitschriften – von Klatsch- und Fernsehmagazinen bis hin zu Fachliteratur. Mittlerweile werden die nicht mehr in einzelnen Sammelordnern gebunden, sagt Diener, da die Zahl der Zeitschriften in den letzten Jahren explosionsartig angestiegen ist. Auch Karten gehören von Anfang an zum Sammelbestand der Deutschen Bücherei, wie das Haus bis 2006 genannt wurde.

Die Führung durch das Haus endet in der Rotunde unter dem Dach. Zu DDR-Zeiten war hier das Archiv und der Lesesaal der Forschungsliteratur, die etwa nationalsozialistische Schriften und sittenwidrige Literatur beherbergte. Heute ist hier der Yoga-Kursraum des Hauses mit einem prächtigen Blick über die Dächer von Leipzig.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 11. März 2023 | 19:00 Uhr

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