Der Cospudener See im Süden Leipzigs ist einer der beliebtesten Seen des Neuseenlandes
Bislang ankern nur wenige Motorboote am Cospudener Hafen. Neue Regelungen des Wasserrechts sollen es Motorbootsportlern einfacher machen. Bildrechte: imago/Rainer Weisflog

Neue Rechtsgrundlage Motorboot-Ansturm auf Cospudener See befürchtet

21. Februar 2023, 12:43 Uhr

Idyllisch schaukeln einige Segelboote auf dem Cospudener See. Doch mit der Ruhe könnte es bald vorbei sein. Das befürchten zumindest Leipziger Politiker und Umweltverbände. Da sich die rechtlichen Regelungen ändern, könnte die Sondergenehmigung für Motorboote wegfallen. Bislnag dürfen nur einzelne Boote mit Verbrennungsmotor auf dem See fahren. Die Sächsische Landesdirektion beruft sich bei den geplanten Änderungen auf geltendes Recht und Umweltschutzauflagen.

Bisher ankern nur wenige Motorboote am Cospudener See. Doch hier könnten künftig mehr Motorboote fahren als bisher. Zumindest sollen Sondergenehmigungen für motorbetriebene Boote bald nicht mehr nötig sein. Das sieht ein Entwurf der Landesdirektion Sachsen vor, über den noch im Laufe des Jahres entschieden werde, sagt Behördensprecher Holm Felber. Ausgangspunkt dafür sei das Sächsische Wassergesetz, sagt Felber: "In diesem Gesetz ist festgelegt, dass der Cospudener See ein schiffbares Gewässer sein wird." Das heißt: Das Wassergesetz sieht vor, dass neben Elektrobooten auch Motorboote jeglicher Art auf dem Cospudener See fahren dürfen.

Was sieht das Sächsische Wassergesetz für den Cospudener See vor? Mit dem Sächsischen Wassergesetz von 2013 wurde die Schiffbarkeit des Cospudener Sees und anderer Seen wie dem Zwenkauer See im Leipziger Süden festgelegt. Durch diese Regelung sollen motorbetriebene Ausflugsschiffe sowie motorbetriebene und auch nicht motorbetriebene Sportboote auf dem Cospudener See zulässig werden. Für alle Seen, auf denen die Schiffbarkeit ausgesprochen wird, gilt gleiches Recht. Dennoch können für die Seen Regelungen getroffen werden, die auf die Verhältnisse vor Ort angepasst sind. Sächsische Landesdirektion

Linke: Motorboote weiter nur mit Ausnahme genehmigen

Die Linken-Fraktion im Sächsischen Landtag befürchtet hingegen Lärm- und Abgasbelästigung sowie eine größere Unfallgefahr, wenn das neue Wasserrecht gilt. Die Bedenken: Fällt die Sondergenehmigung für Motorboote weg, könnte es zu einem Ansturm von Motorbootfahrern kommen. Deswegen fordert die Partei, dass Boote mit fossiler Antriebstechnik weiterhin nur mit Sondergenehmigung auf dem Cospudener See zulässig sind. "Zehntausende Menschen nutzen den Cossi zur Erholung. Wer dem Verkehrslärm und den Abgasen in der Stadt entfliehen will, soll nicht am See neuen Lärm und neue Abgase vorfinden", sagt der Leipziger Linken-Landtagsabgeordnete Marco Böhme.

Zehntausende Menschen nutzen den 'Cossi' zur Erholung. Wer dem Verkehrslärm und den Abgasen in der Stadt entfliehen will, soll nicht am See neuen Lärm und neue Abgase vorfinden.

Marco Böhme Abgeordneter der Linken im Sächsischen Landtag

Ein weiteres Argument sei die schützenswerte Flora und Fauna in und am See, erklärt Böhme. Die Hälfte des Cospudener Sees sei geschützt. "Die Staatsregierung muss darauf hinwirken, dass die Landesdirektion als obere Wasserbehörde den Sportbootverkehr auf dem See nur innerhalb gesunder Grenzen genehmigt. Fossile Antriebe müssen ausscheiden", so Böhme. Auch die Städte Leipzig und Markkleeberg befürchten eine unbeschränkte Motorbootnutzung. Unterdessen hat der Leipziger Umweltverbund "Ökolöwe" eine Petition mit mittlerweile über 8.000 Unterschriften (Stand: 21.02.2023) gegen die Pläne der Landesdirektion gestartet.

Bootsverkehr nur auf Elektroboote beschränken

Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) kritisiert die Abschaffung der Sondergenehmigung für Motorboote. Motorbetriebene Boote dürften nicht unbeschränkt in diesem beliebten Naherholungsgebiet fahren, sagt Melanie Lorenz vom BUND Leipzig: "Der See wird seit Jahrzehnten für Erholungssuchende genutzt. Hier gibt es viele Schutzgebiete, wo besonders streng geschützte Vogelarten leben." Der Vorschlag des BUND: Den motorisierten Bootsverkehr auf Elektroboote beschränken.

Menschen am Badestrand am Cospudener See
Der Cospudener See ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wassersportler und Badegäste. Umweltverbände befürchten einen Ansturm von Motorbooten. Bildrechte: imago images/Travel-Stock-Image

Landesdirektion schließt Beschränkung auf Elektroboote aus

Eine Beschränkung auf Elektroboote sei rechtlich nicht möglich, teilt die Landesdirektion Sachsen mit. Denn: Das Sächsische Wassergesetz sehe keine Unterscheidung zwischen Verbrennungs- und Elektrobooten vor. Boote mit Antriebsarten jeglicher Art können laut Landesdirektion nur auf Grundlage des Wassergesetzes nicht verboten werden. Man könne zwar motorangetriebene Sportboote gänzlich ausschließen, teilte die Behörde mit. Dann dürften aber auch E-Sportboote oder Fahrgastschiffe nicht mehr auf dem See fahren. Auf Anfrage von MDR SACHSEN teilt Holm Felber von der Landesdirektion Sachsen mit, dass auch mit der Erklärung der Schiffbarkeit Schutzmaßnahmen gelten. "Die Grundlagen, die für alle Seen angewendet werden, sind mit dem Arten- und Naturschutzrecht und dem Emissionsschutz die gleichen", sagt Felber.

Die Grundlagen, die für alle Seen angewendet werden, sind mit dem Arten- und Naturschutzrecht und dem Emissionsschutz die gleichen.

Holm Felber Sprecher der Landesdirektion Sachsen

Das neue Wasserrecht beinhalte keine unbeschränkte Motorboot-Freigabe, argumentiert Felber: "Die Verträglichkeit des Motorbootverkehrs ist mit den Verhältnissen vor Ort zu prüfen." Entsprechende Schutzmaßnahmen würden aktuell diskutiert. So seien Regelungen wie am Berzdorfer See bei Görlitz möglich, wo der Bootsbetrieb zeitlich und für bestimmte Seebereiche eingeschränkt sei. Am Cospudener See bleibe etwa die Südspitze weiterhin für den Bootsverkehr gesperrt, erklärt Felber. Die Bedenken der Stadt Leipzig sowie der Umweltvereine und -verbände würden berücksichtigt.

Bootanzahl durch Schadstoffausstoß und Liegeplätze begrenzt

Wie Landkreis Leipzig auf Anfrage von MDR SACHSEN mitteilt, werde aktuell keine bestimmte Anzahl an Booten für den Cospudener See festgelegt. Ausschlaggebend für die Begrenzung sei hingegen der Ausstoß der Verbrennungsmotoren an Kohlenwasserstoff in Kilogramm pro Jahr (Kg HC/a). Dieser Grenzwert liegt den Angaben zufolge für den Cospudener See bei 493 kg HC/a. Gegenwärtig würden 260 kg HC/ am See gemessen. Zweitakt-Motoren und zu alte Motoren seien ausgeschlossen. "Es gibt keine daher Begrenzung der Menge außer durch den Schadstoffausstoß und den Liegeplätzen", so das Landratsamt.

Anrainer befürchten keinen Ansturm von Motorbooten

Für Bootsnutzerinnen und -nutzer würde das neue Wasserrecht vieles vereinfachen, sagt der Vorsitzende des Leipziger Seesportvereins Danny Naumann. Derzeit seien noch mehrere Genehmigungen notwendig, etwa um eine Segelregatta zu veranstalten. Sobald der Cospudener See als schiffbares Gewässer gilt, sei nur noch die wasserrechtliche Genehmigung der Landesdirektion notwendig. Für Motorboote schränkt Naumann jedoch ein: "Der See hat nicht die Kapazität, um unbegrenzten Motorbootbetrieb verkraften zu können. Deswegen wird es da eine Einschränkung geben müssen."

Der See hat nicht die Kapazität, um unbegrenzten Motorbootbetrieb verkraften zu können. Deswegen wird es da eine Einschränkung geben müssen.

Danny Naumann Vorsitzender des Leipziger Seesportvereins

Doch einen Ansturm der Motorbootsportler befürchtet Naumann nicht. Denn die Liegeplätze für Boote seien jetzt schon ausgelastet. Auch mit dem neuen Wasserrecht könne der Landkreis Leipzig über die Verträglichkeit neuer Liegeplätze entscheiden. Wichtig für Neumann: Alle Wassersportlerinnen und -sportler sollten den Cospudener See in einem gewissen Rahmen nutzen können: "Wir sind für eine gesunde Steuerung der Anzahl der Boote und gegen Verbote."

Neues Wasserrecht macht es Touristen einfacher

Auch für Christian Conrad sind die Befürchtungen unbegründet. Von den 180 Liegeplätzen am Cospudener Hafen seien jetzt schon etwa zehn Prozent durch Motorboote belegt, sagt der Hafenbetreiber. Doch die Anzahl der Liegeplätze müsse auch künftig genehmigt werden und bleibe begrenzt, sagt Conrad. Er unterstützt die Schiffbarkeitserklärung für den Cospudener See. Denn das umständliche Genehmigungsprozedere falle dann weg: "Für uns ändert sich nur das Rechtssystem. Es wird unbürokratischer und im üblichen Rechtssystem viel besser verankert als über das mühsame Einzelgenehmigungsrecht."

Für uns ändert sich nur das Rechtssystem. Es wird unbürokratischer und im üblichen Rechtssystem viel besser verankert.

Christian Conrad Hafenbetreiber des Cospudener Sees

Gerade für Touristen sei die aktuelle Rechtslage unattraktiv, sagt Conrad. Bootsfahrerinnen und -fahrer müssten sich derzeit für jeden See der Leipziger Seenplatte eine Einzelgenehmigung besorgen. Mit der Schiffbarkeit gelte dann Allgemeinrecht, erklärt der Hafenbetreiber: "Man könnte dann mit dem Boot auf alle Seen fahren, die schiffbar sind. Wenn der Zwenkauer See noch für schiffbar erklärt wird, könnte man einen Teil des Leipziger Seenlandes befahren. Das ist ja jetzt gar nicht machbar."

Entscheidung noch offen

Wann und in welcher Form der Cospudener See für schiffbar erklärt wird, ist laut Landesdirektion derzeit noch offen. Die Landesdirektion prüfe derzeit noch die Stellungnahmen der Stadt Leipzig, der Landkreise sowie von Umweltverbänden. Geplant sei, die Allgemeinverfügung im Laufe dieses Jahres zu erlassen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 08. Februar 2023 | 17:55 Uhr

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