Selbstversuch Lastenrad-Training in Leipzig: Wie leicht fällt der Umstieg?

23. Oktober 2022, 08:00 Uhr

Seit dem Sommer vermietet die Stadt Leipzig 30 Lastenfahrräder, die an verschiedenen Stationen über eine App benutzt werden können. Das Projekt TINK läuft noch bis Dezember. Außerdem gibt seit Jahren Interessengruppen, die regelmäßig Infotreffen und jährliche Wettbewerbe veranstalten. Gemeinsam hat die Stadt mit ihnen am Sonnabend ein Lastenrad-Training im Leipziger Osten angeboten. Angesprochen waren alle, die noch nie ein Lastenrad ausprobiert haben. Eine perfekte Gelegenheit für MDR SACHSEN-Reporterin Sina Meißgeier, sich von den Vorteilen überzeugen zu lassen.

Als notorische Autofahrerin (Typ: "Kleiner Stadtflitzer") ohne Kind oder Hund habe ich mich bisher noch nicht bemüßigt gefühlt, einmal ein Lastenfahrrad auszuprobieren. Dabei sind diese in Deutschlands Großstädten längst angekommen und mindestens für einige Familien aus den Leipziger Stadtvierteln Südvorstadt oder Schleußig zum Lebensstil geworden. Doch ich habe da einige Bedenken: Die Lastenräder sehen schwer aus, kosten mehrere Tausend Euro in der Anschaffung und ich frage mich, wie viel und vor allem wie sicher man damit einen Einkauf, Gartengeräte oder sogar Personen durch den hektischen Straßenverkehr transportieren kann.

ADFC: Stadt-Infrastruktur und Lastenrad-Typ müssen passen

Anne Schumann vom ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) Leipzig berichtet, dass es wichtig ist, eine gute Infrastruktur für die Benutzung zu haben, sprich: gute und breite Radwege in der Stadt. "Man muss auch für sich herausfinden, welche Art Lastenrad einem am angenehmsten ist - zweirädig oder dreirädig, mit Kasten oder Sitzwanne, mit E-Betrieb oder ohne. Und absolut wichtig ist, das Rad mit mehr als einem guten Schloss zu sichern", sagt Schumann und stellt mir eine dreirädriges Lastenrad mit Kasten vorne zum Ausprobieren hin. Auf dem kleinen Parcours im Stadtteilpark Rabet drehe ich dann unter Schumanns Beobachtung eine kleine Runde. Das dreirädrige Lastenrad liegt gut auf dem Asphalt, doch ich brauche etwas mehr Armeinsatz beim Lenken.

Erst diesen Monat zwei Lastenräder aus TINK-Projekt gestohlen

Auch eine Fahrradversicherung ist nach Ansicht des ADFC unerlässlich. Die hohe Diebstahlrate von Fahrrädern in Leipzig geht eben auch an den Lastenrädern nicht vorbei. Anfang Oktober erst sind zwei Lastenräder aus dem Pilotprojekt Transportrad Initiative Nachhaltiger Kommunen (TINK) gestohlen worden. Davon berichtet mir auch Katja Gaunitz, die als Praktikantin bei der Stadt das Lastenradprojekt mit unterstützt. "Eines der beiden gestohlenen Räder ist wieder aufgetaucht, musste aber ersetzt werden", erzählt sie mir.

Für Kinder der Hit!

Trotz mancher Schwierigkeit glaubt Gaunitz an das Lastenrad als Alternative zum Auto. "Es setzt sich immer mehr durch", sagt sie. Zwar könne sie zur Zukunft des TINK-Projektes in Leipzig nichts verraten, hofft jedoch, dass es damit weitergeht. "Was wir bisher an den Zahlen sehen, ist, dass die Nutzerinnen und Nutzer die Räder oft für den Transport von Kindern benutzen", berichtet sie. Dass die Räder ein Kindermagnet sind, fällt nicht schwer zu bemerken. Als ich das zweite Lastenrad - diesmal ein zweirädriges mit E-Antrieb und Sitzwanne - probiere, habe ich einen Augenblick später gleich drei Kinder zwischen fünf und sieben Jahren drinsitzen.

Das zweirädrige Lastenrad erfordert mit Ladung viel Geschick beim Anfahren und droht mir mehrere Male zur Seite zu kippen, was bei den Kindern Gefühle zwischen Begeisterung und Unruhe auslöst. Ist man dann einmal unterwegs, liegt auch dieses Rad gut auf dem Asphalt. Das Kurvennehmen ist etwas geschmeidiger als mit dem Dreirädrigen, erfordert aber definitiv viel mehr Stabilität und Konzentration als beim Kastenmodell.

Lastenrad als Lebensstil - mit Kreativität

Weiterer Blickfang beim Lastenrad-Training ist am Sonnabend auch ein großer Handwagen, der mit leckeren Kaffeespezialitäten und Tee vor Ort ist. Außerdem ein gelbes Lastenrad, das als Stromgenerator funktioniert und mit einer Smoothie-Maschine verbunden ist. Mit Körperkraft Strom generieren und Obst verarbeiten - auch das kann ein Lastenrad leisten und zeigt damit, dass ein nachhaltiger Lebensstil mit dem Thema verbunden ist.

Fazit

Zum ersten Mal habe ich Lastenräder ausprobiert und bin positiv überrascht, dass das Fahrgefühl und die Handhabung leichter sind als ich erwartet hatte. Auf dem kleinen Parcours im Stadtteilpark Rabet und mit Kindern an Bord ist mir klar geworden, dass ein Lastenrad anlassbezogen eine gute Alternative zum Auto sein kann.

Dennoch: Meinen kleinen Stadtflitzer tausche ich vorerst nicht ein, denn ich habe kein richtiges Gefühl dafür gewonnen, wie es sich im echten Straßenverkehr anfühlt. Dafür gibt es in der Stadtinfrastruktur noch einiges zu tun und die Anschaffung wäre mir zu teuer. Sollte die Stadt allerdings das Mietprojekt nächstes Jahr fortführen, leihe ich mir bestimmt mal eins aus.

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