Wäscherei in einer JVA
In der Wäscherei können Gefangene der Justizvollzugsanstalt Dresden während ihrer Haftzeit freiwillig und für einen geringen Lohn arbeiten. Bildrechte: imago images/Sylvio Dittrich

Justizvollzugsanstalten Nach Gerichtsurteil: Sachsen prüft höhere Löhne für Gefangene

21. Juni 2023, 15:19 Uhr

Sachsen soll arbeitende Gefangene besser entlohnen. Wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am vergangenen Montag urteilte, sind die Mini-Stundenlöhne in den Gefängnissen unterhalb des Mindestlohns verfassungswidrig. Für ihre Arbeit in JVA-Betrieben und Werkstätten erhalten Gefangene in Sachsen laut der Linken-Fraktion im Landtag maximal 2,15 Euro pro Stunde. Sachsens Justizministerin Meier hat angekündigt, diese Entlohnung zu überprüfen. Dabei gibt es einen Haken.

Gefangenen stehen höhere Arbeitslöhne in der JVA zu. Das hat das Bundesverfassungsgericht am vergangenen Montag entschieden. Zuvor hatten sich zwei Strafgefangene aus Bayern und Nordrhein-Westfalen über ihre Stundenlöhne von zwei Euro und weniger beschwert. Das Urteil hat Folgen für Sachsen: : Die Bundesländer sollen bis Ende Juni 2025 die Gefängnislöhne neu regeln, teilte das Gericht mit. Doch in Sachsen gibt es eine Besonderheit. Freiwillige Arbeit gilt hier als Teil der Wiedereingliederung von Straftätern.

Was verdienen Strafgefangene in sächsischen Gefängnissen?

  • Anzahl Gefangene: Zum Stichtag 24. Mai 2023 saßen 2.925 Menschen (2.674 Männer und 251 Frauen) im sächsischen Justizvollzug.
  • Beschäftigtenquote: Davon waren etwa 1.500 Strafgefangene in 60 Arbeitsbetrieben beschäftigt, darunter 500 in Ausbildung. Die Beschäftigungsquote lag im Jahr 2022 je nach Anstalt zwischen 36 und 76 Prozent der Inhaftierten.
  • Löhne: Die Arbeit wird nach Vergütungsstufen bezahlt von 8,80 Euro bis 18,33 Euro pro Tag. Azubis erhalten 11 Euro bis 16,13 Euro pro Tag als Beihilfe.
  • Quelle: Sächsisches Justizministerium, Linken-Fraktion im Sächsischen Landtag

Linke-Chefin geißelt "Lohndumping"

Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) lobte das Urteil als "wegweisend". Aber anders als in vielen anderen Bundesländern gebe es in sächsischen Gefängnissen keine Arbeitspflicht. Die Arbeit gilt als freiwillige Teilnahme an der Resozialisierung, erklärte die Ministerin. Aktuell haben die Gefangenen beispielsweise in JVA-eigenen Werkstätten, Bäckereien, Wäschereien oder Gärtnereien keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Linken-Chefin Janine Wissler hatte die Praxis im MDR als Lohndumping kritisiert.

Wegweiser
Ein Wegweiser in der JVA Dresden listet mehrere Arbeitsmöglichkeiten für Gefangene auf, darunter in der Fleischerei und in der Wäscherei. Bildrechte: imago images/Sylvio Dittrich

Arbeit in Haftzeit ohne Rentenanspruch

Die Linke-Fraktion im Sächsischen Landtag kritisierte die JVA-Löhne als "Ausbeuterpraxis", die dem verfassungsrechtlich verankerten Resozialisierungsgebot widerspräche. "Die Gefangenen erwerben keinerlei Rentenansprüche, obwohl manche jahrelang arbeiten", sagte die Abgeordnete Juliane Nagel. Ihr zufolge profitierten davon die Justizverwaltung und externe Unternehmen, welche die Staatsregierung geheim halte. Laut Nagel ist ein gerechter Lohn mit Sozialabgaben "eine gute Vorbereitung auf das Leben in Freiheit".

Die Gefangenen erwerben keinerlei Rentenansprüche, obwohl manche jahrelang arbeiten. Diese Ausbeutungspraxis widerspricht dem verfassungsrechtlich verankerten Resozialisierungsgebot.

Juliane Nagel Sächsische Landtagsabgeordnete Linke-Fraktion

MDR (wim/gid)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 20. Juni 2023 | 11:00 Uhr

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