Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) zeigte auf der Spontan-Demo gegen Gewalt im Wahlkampf am Sonntag in Gesicht. Bei "Fakt ist! aus Dresden" sprach er am Montag klare Worte.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) zeigte auf der Spontan-Demo gegen Gewalt im Wahlkampf am Sonntag in Gesicht. Bei "Fakt ist! aus Dresden" sprach er am Montag klare Worte. Bildrechte: xcitepress

Fakt ist! aus Dresden Innenminister Schuster für neuen Bedrohungsparagrafen im Strafgesetzbuch

07. Mai 2024, 03:00 Uhr

Nach den Angriffen auf ehrenamtliche Wahlhelfer und einen SPD-Europapolitiker in Dresden herrsche "Schockstarre", sagt der Chef der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen. Innenminister Schuster (CDU) verlangt, dass bestimmte Bedrohungen von Politikern künftig als Straftat verfolgt werden. Dafür will Sachsens Kabinett ein Bundesratsinitiative starten. Die Gäste vom MDR-Talk "Fakt ist" sehen aber auch jeden einzelnen Sachsen in der Pflicht.

Nach dem Überfall auf SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden hat der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) in der Talkrunde "Fakt ist!" am Montagabend aus Dresden klare Kante verlangt. Es gebe im Landeskriminalamt schon einen zentralen Kontakt für Parteien zum Anmelden längerfristig geplanter Aktionen, so Schuster. Als nächster Schritt werde im Lagezentrum des Innenministeriums ein Kommunikationskanal für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parteien geöffnet, dort könnten Wahlkämpfende auch Spontanaktionen anmelden. Unter einer Telefonnummer könnten diese ihre Wahlkampf-Aktionen wie Plakatierungen oder Wahlstände direkt dem Lagezentrum nennen.

Die Gäste im Fakt-ist-Studio 58 min
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Druck für neuen Straftatbestand der Bedrohung: Politik-Stalking

Alle rechtsstaatlichen Mittel zu nutzen, heißt für Schuster auch konsequentere Strafverfolgung. Er verlangt, dass bestimmte Bedrohungen gegen Politikerinnen und Politiker als Straftaten ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Aktuell könnten laut Schuster bestimmte Bedrohungsszenarien nicht geahndet werden. Als Beispiele nannte er Aufrufe zu Demos oder Stör-Aktionen vor Privathäusern. In Sachsen hatten Rechtsextremisten mehrfach Bedrohungen und Fackel-Aufzüge vor Häusern von Bürgermeistern und Politikern organisiert.

Für den Freistaat arbeitet Justizministerin Katja Meier (Grüne) an einer Bundesratsinitiaitive, Stalking gegen Politiker als Straftat zu ahnden. Die Innenminister der 16 Bundesländer hätten dafür bereits ihre Zustimmung signalisiert, sagte Schuster. Das Thema wird am Dienstag auch auf der Kabinettssitzung besprochen.

Schuster: Kontrollverlust bei rechten Parteien

Laut Schuster hätten die Bedrohungen "sehr stark zugenommen". Auch die Gesprächskultur habe sich seit dem Einzug der AfD 2015 in den Bundestag "dramatisch verändert". "Ich bin der Überzeugung, dass diese Rhetorik dazu geführt hat, dass diese Parteien am rechten Rand jetzt einen totalen Kontrollverlust erleiden bei ihren Sympathisanten und Anhängern. Aus Worten werden Taten", meinte Schuster.

In dem Zusammenhang verwies Moderator Andreas F. Rook auf die Statistik, wonach neben den Grünen und der SPD auch die AfD unter den drei häufigsten angegriffenen Parteien bundesweit ist.

Sachthemen, statt emotional aufgeladener Streit

Der Chef der Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen, Roland Löffler, stellte "eine gewisse Verrohung" fest, die durch Hetze im Internet, mit rechtspopulistischen Pegida- und Corona-Demonstrationen entstanden sei. Er sprach sich dafür aus, "die hochgekochte Stimmung" abzukühlen und die Debatte auf Sachthemen zu legen, anstatt sich um moralisch hochgeschaukelte Fragen von linker oder rechter Seite zu drehen.

Ein Mann Anfang 60 steht in einem Fernsehstudio und spricht mit ernstem Gesicht.
Der Chef der Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen, Roland Löffler, stellte "eine gewisse Verrohung" fest. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Es muss Konsens der Demokratie sein, die hochgekochte Stimmung runterzukochen und sich auf sachgerechte Fragen zu konzentrieren, die wir lösen können.

Roland Löffler Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen

Mehr Mittun der Sachsen

Talkgast Annette Binninger, die Politik-Chefin der Sächsischen Zeitung, war auch der Meinung, dass mehr passieren müsse, als Polizeipräsenz im Wahlkampf in Sachsen. Das Angebot einer Telefon-Hotline für ehrenamtliche im Wahlkampf löse die Probleme nicht. Die Menschen müssten sich insgesamt mehr für die Demokratie einsetzen. "Es müssen sich mehr Leute engagieren in Vereinen, Verbänden, Initiativen, Kirchen, in den Parteien. Dort kann man etwas bewegen."

Eine Frau in einer Talksendung steht an einem Bistrotisch und erklärt einem anderen EGsprächsgast ihre Sicht der Dinge
Annette Binninger, die Politik-Chefin der Sächsischen Zeitung, fordert von der Gesellschaft insgesamt mehr Einsatz für Demokratie. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Über die Parteigrenzen hinweg sagen Menschen: Es kann so nicht weitergehen. Wir müssen etwas ändern.

Annette Binninger Politikchefin der Sächsischen Zeitung

MDR (wim, kk)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 06. Mai 2024 | 13:30 Uhr

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