Illegale Migration Stationäre Grenzkontrollen in Sachsen: Bundespolizisten nehmen erste Schleuser fest

17. Oktober 2023, 19:52 Uhr

An den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz soll es demnächst mehr feste Grenzkontrollen geben. Ein erster Schritt dazu hatte am Montagabend im sächsischen Grenzgebiet mit stationären Grenzkontrollen begonnen. Während den Polizeibeamten erste mutmaßliche Schleuser ins Netz gingen, kritisiert die Gewerkschaft der Polizei die fehlende Ausstattung für die Kontrollen. Sachsens Innenminister Armin Schuster bemängelt unzureichende Absprachen des Bundes im Vorfeld der Grenzkontrollen.

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Durch die stationären Grenzkontrollen sind in Sachsen die ersten illegal eingereisten Migranten angehalten worden. Wie die Bundespolizei Pirna mitteilte, war am Montagabend ein mutmaßlicher Schleuser auf der A17 aus dem Verkehr gezogen worden. Der Syrer wollte den Angaben zufolge sechs Landsleute in seinem Fahrzeug nach Deutschland schleusen. Der Mann wurde vorläufig festgenommen, hieß es. Zudem seien einige türkische Staatsbürger in einem Reisebus festgestellt worden. Auch ihnen fehlten gültige Einreisedokumente.

Außerdem griff die Bundespolizei zehn Menschen auf, die am Rand der A17 zu Fuß in Richtung Kontrollstelle unterwegs waren, wie der Sprecher der Bundespolizei Berggießhügel, Steffen Ehrlich, mitteilte. Der mutmaßliche Schleuser habe die Migranten syrischer Herkunft abgesetzt und sei mit seinem Fahrzeug geflohen.

Kritik: Gewerkschaft der Polizei bemängelt fehlende technische Ausstattung

Doch an den Grenzen gebe es Probleme wegen fehlender Technik, so die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Wie der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf mitteilte, fehlt es den Polizisten an notwendiger Ausstattung wie professionell eingerichtete Kontrollstellen oder Ermittlungstechnik. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass die Beamten ohne diese Technik einen längeren Zeitraum an den Grenzen arbeiteten, so Roßkopf.

Teilweise sind grenzüberschreitende Straßen besetzt worden, dies führte auch schon zu ersten Staus.

Andreas Roßkopf Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei

Zudem sei die GdP mit der Art und Weise unzufrieden, wie Reisende an den Grenzen zu Polen und Tschechien kontrolliert würden, so Roßkopf. "Teilweise sind grenzüberschreitende Straßen besetzt worden, dies führte auch schon zu ersten Staus", sagte er. Die GdP habe sich auf "flexible, mobile und lageangepasste Kontrollen" eingestellt und nicht auf "stumpfe stationäre feste Kontrollstellen wie an der österreichischen Grenze". Genau das erlebten die Polizeibeamten an den Grenzen zu Polen und Tschechien.

Bisher nur wenige Rückstaus

Dennoch ist die Verkehrslage an den sächsischen Grenzen zu Polen und Tschechien laut Bundespolizei überschaubar. Es habe jedoch einen Rückstau am Grenzübergang Reitzenhain gegeben. Dort seien alle durchfahrenden Lkw kontrolliert worden. Auf der Autobahn 17 hat die Polizei eigenen Angaben zufolge einen Abschnitt eingerichtet, an dem eine Geschwindigkeitsbegrenzung gilt. Fahrzeuge würden über eine Raststätte abgeleitet.

Innenminister Schuster: Schlechte Absprachen durch Bund

Die Einführung der stationären Grenzkontrollen bezeichnete Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) im Gespräch mit MDR SACHSEN als "richtigen Schritt". Die Kontrollen an den Grenzen hätten "oberste Priorität" gerade in Anbetracht der verschärften weltweiten Sicherheitslage durch den Überfall der Hamas auf Israel, sagte der CDU-Politiker.

Schuster kritisierte jedoch unzureichende Absprachen durch das Bundesinnenministerium im Vorfeld der stationären Grenzkontrollen. "Das spricht für keine gute Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern." Die politische Zusammenarbeit lasse schon seit Längerem zu wünschen übrig.

Der Zustrom - unter Umständen auch aus Palästina - stellt uns europaweit vor neue Herausforderungen. Wir wissen nicht, wer da flüchtet.

Armin Schuster Innenminister von Sachsen

Doch Schuster erkenne auch durch die Einführung der stationären Grenzkontrollen einen "Kurswechsel" in der Bundesregierung. Es brauche jetzt einen "Masterplan", um den Zustrom Geflüchteter schnell zu begrenzen. Durch die nun begonnenen Grenzkontrollen lasse sich zudem sicherstellen, dass nicht auch Mitglieder von Terrorgruppen nach Deutschland kämen, so Schuster. "Der Zustrom - unter Umständen auch aus Palästina - stellt uns europaweit vor neue Herausforderungen. Wir wissen nicht, wer da flüchtet."

Einigkeit in der CDU, Kritik von der Linken

Zuvor hatte der sächsische Innenminister Armin Schuster die Grenzkontrollen als einzige Möglichkeit bezeichnet, um festzustellen, "wer zurzeit in unser Land kommt". Die Grenzkontrollen seien schon länger alternativlos, "spätestens aber seit den Anschlägen am 7. Oktober in Israel. Wir befinden uns seit Monaten in einer sich zuspitzenden Sicherheitslage, bei gleichzeitig extrem hohem Migrationsdruck", erklärte Schuster. Auch CDU-Generalsekretär Alexander Dierks bezeichnete die Kontrollen als längst überfällig.

Kritik für die Grenzkontrollen kam von der innenpolitischen Sprecherin der sächsischen Linken, Kerstin Köditz. Sie schrieb auf der Plattform X (früher Twitter) zu der Entscheidung, dass sie "wieder mal nur einer Partei" nützen würde und zwar der AfD.  

Grenzkontrollen seit Montagabend

Die Bundespolizei hatte in Sachsen mit stationären Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien am Montagabend begonnen. Reisende müssen sich seitdem vor allem auf den Autobahnen 17 und 4, auf den Nebenstrecken sowie im grenzüberschreitenden Bahnverkehr von Prag nach Dresden auf intensivere Kontrollen einstellen. Ziel sei es, einen verhältnismäßig reibungslosen Reiseverkehr zu gewährleisten. Dennoch könne es zu Verzögerungen kommen.

Nach längerem Hin und Her hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Grenzkontrollen am Montag bei der EU-Kommission angemeldet. Faeser begründete ihren Schritt damit, dass Schleuserkriminalität noch stärker bekämpft werden müsse. Von Januar bis Anfang Oktober hat die Bundespolizei laut Innenministerium rund 98.000 unerlaubte Einreisen nach Deutschland registriert.   

Kretschmer: Aufnahme von 200.000 Geflüchteten pro Jahr nicht möglich

Auf einer auswärtigen Sitzung des sächsischen Kabinetts in Berlin hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erneut eine Begrenzung der Zuwanderung gefordert. "Die Zahlen müssen runter. Wir haben keine Zeit mehr", sagte Kretschmer. Die Lage sei bereits äußerst zugespitzt.

Die Zahlen müssen runter. Wir haben keine Zeit mehr.

Michael Kretschmer (CDU) Ministerpräsident Sachsen

Schon jetzt könnten tausende geflüchtete Kinder nicht beschult werden. Es gebe zudem zu wenig Wohnungen für Geflüchtete und nicht ausreichend Deutschkurse. Die Aufnahme von 200.000 Menschen pro Jahr sei derzeit nicht möglich, betonte der Ministerpräsident. Deutschland habe bereits sehr viele Vertriebene aus der Ukraine aufgenommen. Hinzu kämen dieses Jahr noch einmal 250.000 Personen. Der Staat könne dies nicht mehr nur mit Geld klären.

MDR (mad/kbe/phb)/dpa/epd

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 16. Oktober 2023 | 15:00 Uhr

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