Initiative aus Sachsen Politik Stalking: Bedrohen von politisch Aktiven bald strafbar?
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07. Mai 2024, 15:32 Uhr
Sachsens Regierung hat vorgeschlagen, einen neuen Straftatbestand einzuführen. Das Kabinett der Sächsischen Staatsregierung hat die geplante Bundesratsinitiative zum Schutz vor politischen Stalking vorgestellt. Damit sollen vor allem Politker auf kommunaler Ebene ehrenamtlich politisch Aktive besser vor Bedrohungen geschützt werden.
- Sachsen Regierung will politisch Aktive künftig besser vor Bedrohung im privaten Umfeld schützen.
- Die Innenminister von Bund und Ländern wollen in einer Sondersitzung am Dienstag über konkrete mögliche Schutzmaßnahmen für den Kommunalwahlkampf beraten.
- Der Leitende Oberstaatsanwalt und Generalstaatsanwalt Wolfgang Schwürzer stellte die aktuellen Ermittlungserfolge nach dem Angriff auf den SPD-Abgeordneten Matthias Ecke vor.
Damit bestimmte Bedrohungen von Politikern und Politikerinnen künftig als gesondert Straftat strafrechtlich verfolgt werden können, will Sachsens Regierung eine Initiative im Bundesrat starten. "Dafür haben wir heute im Kabinett einen Gesetzentwurf vorgelegt, den wir dann in den Bundesrat einbringen wollen, um dem politischen Stalking künftig wirksam die Stirn bieten zu können", sagt Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne).
Was heißt politisches Stalking?
Politisches Stalking sei die gezielte Einflussnahme auf kommunale Mandatsträgerinnen und -träger durch beispielsweise Einschüchterungsversuche von größeren Gruppen im direkten, privaten Umfeld, also vor Wohnungen und Häusern. Bisher seien Einschüchterungsversuche im direkten privaten Umfeld nicht strafbar. Diese Lücke gelte es zu schließen. Zumal auch das familiäre Umfeld der Betroffen darunter leide. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit werde durch den Gesetzentwurf nicht beeinträchtigt, es gehe vor allem darum, den privaten Bereich politisch Aktiver zu schützen. "Mit dem neuen Gesetz hat die Polizei auch nochmal ganz andere Möglichkeiten des Schutzes", sagte Meier.
Die Angriffe am vergangenen Wochenende, bei denen Wahlkampfhelfer der Grünen und der SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke in Dresden angegriffen wurden, würden sich in eine Reihe von Angriffen und Vorfällen einreihen, die sich ganz gezielt gegen Demokratinnen und Demokraten richten würden. "Menschen werden zur Zielscheibe von Hass und Einschüchterung und Gewalt, weil sie sich für die freiheitliche Demokratie einsetzen", so Meier. Gewalt, Hetze und Beleidigungen sind kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung. Gewalt und Einschüchterung dürfen nicht das politische Engagement von Bürgerinnen und Bürgern gefährden. Am Wochenende war auch ein Wahlstand der AfD in Dresden angegriffen worden.
Ergänzung von Paragrafen im Strafgesetzbuch geplant
- Konkret sollen die Paragrafen 105 und 106 im Strafgesetzbuch um den Paragrafen 106a ergänzt werden. Damit sollen nun auch kommunale Amts- und Mandatsträger besser geschützt werden.
- Bislang werden lediglich Politikerinnen auf Bundes- und Landesebene durch das Strafgesetzbuch geschützt.
- Drohung und Gewalt auf politisch Aktive auf Bundes- oder Landesebene mit dem Ziel, sie zu beeinflussen, kann mit Freiheitsstrafen zwischen einem und zehn Jahren bestraft werden.
Gesetz "keine Sache von heute auf morgen"
Der Gesetzentwurf wird voraussichtlich nicht mehr vor der Landtagswahl im September 2024 in Kraft treten. Meier will den Entwurf in der ersten Lesung im Bundesrat einbringen. Dann gehe das Thema in die zuständigen Ausschüsse und von dort zurück in den Bundesrat. Danach geht es nach eventuellen Änderungen in den Bundestag, wo verschiedene Lesungen stattfinden werden. Dann gehe das Gesetz erneut zurück in den Bundesrat. Damit könnte das Gesetz im Strafgesetzbuch verankert werden.
"Es ist keine Sache von heute auf morgen", sagte die Justizministerin. Sie gehe davon aus, dass es in den Gremien zügig behandelt und letztlich positiv entschieden werde. Die Innenminister der 16 Bundesländer hätten dafür bereits ihre Zustimmung für die Bundesratsinitative signalisiert, sagte auch Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) bereits am Montag in der MDR-Sendung "Fakt ist".
Innenminister sprechen auf Sondersitzung über sicheren Wahlkampf
Am Dienstagabend wollen die Innenminister von Bund und Ländern in einer Sondersitzung über konkrete Maßnahmen beraten. Laut Innenminister Armin Schuster (CDU) können aktuell bestimmte Bedrohungsszenarien nicht geahndet werden - zum Beispiel Aufrufe zu Demos oder Stör-Aktionen vor Privathäusern. In Sachsen hatten Rechtsextremisten mehrfach Bedrohungen und Fackel-Aufzüge vor Häusern von Bürgermeistern und Politikern organisiert. Bereits im Februar hatten Polizisten, Verwaltungsangestellte und Politiker auf einer Kommunal-Konferenz besprochen, wie Kandidierende im Wahljahr 2024 besser vor Angriffen geschützt werden können. Demnach haben Angriffe auf politisch Aktive zugenommen.
Aktuelle Ermittlungen zu den Angreifern auf Matthias Eckes
Der SPD-Kandidat Ecke war am Freitag in Dresden mutmaßlich von vier jungen Männern im Alter von 17 und 18 Jahren zusammengeschlagen worden, als er Wahlplakate anbringen wollte. Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen rechnet zumindest einen der Tatverdächtigen des Angriffs dem rechten Spektrum zu.
Dies wollte der Leitende Oberstaatsanwalt und Generalstaatsanwalt Wolfgang Schwürzer weder bestätigen noch dementieren und verwies aufs laufende Ermittlungsverfahren. Die Auswertungen des Handys eines der Tatverdächtigen würden auf einen rechtsextremistisches Motiv hin. Die Tatverdächtigen seien der Polizei zum Teil bekannt gewesen. Zurzeit sind alle vier mutmaßlichen Täter auf freiem Fuß. Dass gezielt Jagd auf Wahlkampfhelfer in der Betreffenden Nacht gemacht worden sei, könne zum derzeitigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden.
MDR (kav/kk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 07. Mai 2024 | 15:00 Uhr