Finanzen Land Sachsen erbt so viel, wie lange nicht mehr

14. Februar 2024, 10:15 Uhr

Das Sterben gehört zum Leben dazu und wer stirbt, hat häufig etwas, was er seinen oder ihren Angehörigen hinterlassen möchte. Doch nicht immer können oder wollen die Hinterbliebenen ihr Erbe auch antreten. In diesem Fall muss das Land als Erbe einspringen. So regelt es das Gesetz. Doch was lukrativ klingt, entpuppt sich für den Freistaat oft als Bürde.

Das Land Sachsen hat im vergangenen Jahr so viel geerbt, wie in den vergangenen 20 Jahren nicht. Mehr als 1.300 Nachlässe musste der Freistaat übernehmen, weil es derzeit keine Erben gibt oder weil die Angehörigen das Erbe ausgeschlagen haben. Das hat der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement mitgeteilt.

Villa bis Ruine: Immobilien gehen häufig an das Land Sachsen

Die unfreiwilligen Erbschaften reichen den Angaben zufolge von der Gründerzeitvilla über Taschenuhren, Uniformen, historischen Waffen bis hin zur Bauruine. Zu jedem vierten Nachlass, der dem Freistaat zufällt, gehören Immobilien. Kent Schiffner, Bauingenieur beim Staatsbetrieb Sächsisches Bau- und Immobilienmanagement, gehört zu den ersten, die ein verlassenes Haus betreten. Er meint: "Das ist oft sehr ernüchternd, was mich empfängt in so einem Haus. Zuallererst fällt dann auf: Löcher in Dächern, Schimmel in Fußböden und Wänden. Viel Müll und viele Möbelstücke."

Oft werde es bei so einer Begehung auch emotional, verrät er: "Man findet auch Dinge, die an den Menschen erinnern und einen auch bewegen: das aufgeschlagene Buch auf dem Tisch oder die Kaffeetasse, die noch bereitsteht."

Schimmel
Bei den Begehungen der Häuser, die das Land Sachsen unfreiwillig erbt, tauchen nicht selten Probleme auf: Schimmel, Löcher und Müll gehören oft dazu. (Symbolbild) Bildrechte: Colourbox

Schnäppchen beim Verkauf möglich

Schiffner prüft ob Einsturzgefahr besteht und veranlasst - wenn nötig - Sicherungsarbeiten. Viele Gebäude sind Ruinen, andere dagegen Rohdiamanten: "Es gibt sehr viele schöne Häuser, Gründerzeithäuser mit einem sehr schönen Ambiente, die tolle Einbauten aufweisen. Da sieht man schon den Charme der Vergangenheit, der dort drin steckt." Diesen Schatz zu heben, sei aber Sache der Leute, die die Immobilien dann kaufen.

Wer sich für so eine Immobilie interessiert, kann auf ein Schnäppchen hoffen. Allerdings stehen die Häuser oft auf dem Land, fernab der großen Städte. Und häufig sind die Grundstücke überschuldet. Für den Verkauf braucht es einen langen Atem, sagt Martin Oberacher, Leiter des Geschäftsbereichs Zentrales Flächenmanagement. Bis ein Grundstück samt Immobilie verkauft ist, laufen Kosten für Unterhaltung und Sicherung der Gebäude auf: "Das heißt also, der Erbfall kann durchaus unter Null sein. Wir kämpfen jedes Jahr um die große 'Schwarze Null'."

Clevere Nachnutzung, wenn Verkauf misslingt

Andere Immobilien sind so marode, dass an Sicherung kaum mehr zu denken ist. Hier bleibt nur der Abriss. Oberacher nennt einen bereits 2012 ererbten Vierseitenhof in Großweitzschen mit 9.000 Quadratmeter Land als Beispiel. Das Grundstück ließ sich weder verkaufen noch sinnvoll nutzen. Deshalb wurde es an die Ökoflächenagentur des Freistaats übergeben. "Diese Ökoflächenagentur hat dort eine grüne Wiese mit demnächst Obstbaumbewuchs daraus gemacht. Dadurch kann man Ökopunkte generieren." Denn die Ökopunkte spülen Geld in die Kasse des Freistaats.

Außergewöhnliches Erbe: Tantiemen der Schriftstellerin

Ein außergewöhnliches Erbe hat der Freistaat mit dem Nachlass von Hildegard Maria Rauchfuß-Zoppeck angetreten. Sie starb im Jahr 2000 in Leipzig. Die Schriftstellerin hat den Text des Titels "Am Fenster" der DDR-Band City geschrieben. Der Freistaat streicht bis heute die Tantiemen ein. Zumindest noch, denn Erben-Ermittlungsbüros haben sich in die Spur gemacht. Findet sich ein Erbe, müsste das Land alle Einnahmen der vergangenen Jahre wieder auszahlen.

Denn melden sich innerhalb von 30 Jahren nach dem Tod des Erblassers doch noch Erben, ist der Staat den Nachlass und die erzielten Einnahmen wieder los. Das wäre nicht das erste Mal, weiß Oberacher zu berichten. In einem Fall habe der Freistaat eine Erbschaft von mehr als 600.000 Euro auskehren, also zurückgeben müssen. "Das hat uns natürlich, nachdem wir all die Arbeit hatten, etwas betroffen gemacht."

MDR (bdi/pri)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 14. Februar 2024 | 08:00 Uhr

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