Kriminalität Am Zweiten Advent: Polizei findet Vater und drei Kleinkinder tot in Meißen
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10. Dezember 2024, 16:12 Uhr
Ein kleiner Junge, zwei Mädchen und ein Mann tot in einer Dachgeschosswohnung in Meißen. Was ist da passiert? Diese Frage stellen sich am Montag viele Nachbarn und Anwohner in der Stadt. Die Polizei geht von einem Tötungsdelikt aus, hält sich aber bedeckt.
- In Meißen ist am Sonntag ein Vater mit seinen drei kleinen Kindern tot in einer Wohnung aufgefunden worden.
- Die Eltern sollen getrennt gelebt, sich aber gemeinsam um die Kinder gekümmert haben.
- In der Nachbarschaft ist das Entsetzen groß.
Der romantische Weihnachtsmarkt in Meißen hat am 2. Advent gerade geschlossen, die letzten Besucher fahren vom Bahnhof ab, als Polizei und Notarzt zwei Straßen weiter vorfahren. Kurz vor 21 Uhr am Sonntagabend entdecken sie vier Tote in einer Wohnung eines Mehrfamilienhauses im Stadtteil Cölln. Der Notarzt kann nur noch den Tod von einem kleinen Jungen und zwei Mädchen im Alter von einem, zwei und drei Jahren feststellen. Auch ein 37 Jahre alter Mann, der Vater der Kinder, wird tot gefunden, heißt es später im Polizeibericht.
Es liegen keine Hinweise vor, dass von außen auf die Wohnung eingewirkt wurde. Aktuell steht der Verdacht im Raum, dass der 37-Jährige zunächst das Leben seiner Kinder und dann sich das Leben genommen hat.
Behörden gehen von Tötungsdelikt aus
Darin schreiben Polizei und Staatsanwaltschaft auch: "Nach bisherigen Erkenntnisstand ist davon auszugehen, dass keine Dritten involviert waren". Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei der leblos aufgefundene Mann mit dem Tod der Kinder in Zusammenhang zu bringen. Die Behörden gehen derzeit davon aus, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt.
Kriminalisten hätten Spuren am Tatort gesichert. Zudem seien Anwohner befragt worden. Zum Tathergang und zu möglichen Motiv wollten sich die Behörden aus ermittlungstaktischen Gründen nicht äußern.
Großes Entsetzen in der Nachbarschaft
Das Blaulicht von Polizei und Notarzt hatte Anwohnerin Susanne L. am Sonntagabend mitbekommen. Als sie am Montag früh um fünf Uhr zur Arbeit geht, sieht sie die Bestatter vor dem Mehrfamilienhaus. "Ich arbeite in der Pflege und weiß: Drei Bestattungsfahrzeuge bedeuten wirklich Schlimmes", sagt sie. Seit sie von den toten Kindern weiß, habe sie viele Fragen: "Egal, welche Probleme Erwachsene haben, Kinder können doch nichts dafür." So eine Tat findet sie "erschreckend, gerade im Advent und vor Weihnachten", denn die leibliche Mutter der toten Kinder habe noch mehrere größere Kinder.
Dann geht sie weiter. In einer Nebenstraße parkt ein blaues Auto, zwei Kindersitze auf dem Rücksitz. Sie zeigt auf das Auto, das dem Toten gehöre und in der Nachbarschaft alle kannten, weil der Auspuff wohl manipuliert gewesen sei: Der Mann soll gegenüber Bekannten in letzter Zeit suizidale Gedanken geäußert haben. "Warum er sich dann keine Hilfe holt, verstehe ich nicht."
Eltern sollen getrennt gelebt haben
Andere Nachbarn berichten, dass die Mutter der toten Kinder im Haus gegenüber wohne und der nun tote 37-Jährige im Mehrfamilienhaus im Dachgeschoss auf der anderen Straßenseite. Die drei Kleinsten seien regelmäßig beim Vater gewesen. Laut Polizei Dresden werde die Mutter seit Sonntagabend "polizeilich betreut". Wegen der Schwere der Betroffenheit meide sie die Öffentlichkeit. Beide Hauseingänge sichern am Montagmittag Polizeibeamte ab - auch, weil Medienvertreter und Kamerateams in der Straße vorgefahren sind.
Motiv bislang unklar
Helfried Lehmann wundert sich über die Journalisten in der Straße. Als er von den Toten erfährt, reagiert er entsetzt. "Erschreckend", sagt der Meißner, der sich um die Immobilie zwei Häuser neben dem Tatorthaus kümmert. Es sei eigentlich recht friedlich im Stadtteil Cölln und auch in der Straße. "Was geht in einem Menschen vor, kleine Kinder zu töten? Psychische Probleme, Eifersucht? Was weiß ich. Es stellen sich viele Fragen."
Vorwurf der Großmutter
Reportern der Sächsischen Zeitung sagt die Großmutter der getöteten Kinder und Mutter der Kindsmutter an der Tür: "Die Kinder hätten gar nicht mehr bei dem Vater sein dürfen." Ihre Tochter habe sich mehrfach darum bemüht, dem 37-Jährigen wegen dessen psychischer Probleme den Umgang mit den Kindern zu untersagen.
Über ein mögliches Motiv spricht die Polizei an Tag 1 nach Auffinden der vier Leichen nicht. Hintergründe und Motive müssten erst ermittelt werden, sagt Polizeisprecher Marko Laske und fügt hinzu: "Wir haben es mit einer sehr schweren Situation zu tun, die auch die Polizeibeamten, die am Sonntag im Einsatz waren, nicht kalt lässt. Auch sie müssen die Situation erst verarbeiten."
Hilfe bei Suizidgedanken, persönlichen Krisen und Depressionen
Hilfe bei Suizidgedanken, persönlichen Krisen und Depressionen
Sie haben Selbsttötungsgedanken oder eine persönliche Krise? Die Telefonseelsorge hilft Ihnen: 0800 1110-111 und 0800 1110-222. Der Anruf ist anonym und taucht nicht im Einzelverbindungsnachweis auf.
Wenn Sie das Gefühl haben, an einer Depression zu leiden, hilft Ihnen das Info-Telefon Depression unter 08003344533 oder die Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Weitere kostenfreie Angebote hat die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention aufgelistet - beispielsweise für Jugendliche (116111) und Eltern (0800 111 0 550).
Hinterbliebene nach einem Suizid können Hilfe beim Verein AGUS unter 0921 150 03 80 oder auf der Internetseite www.agus-selbsthilfe.de finden.
MDR (MINA/bhm/kav/kk), dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 09. Dezember 2024 | 11:00 Uhr