Landwirtschaft Keine Weihnachtspause: Beim Bio-Bauern in Gröbern ist jetzt Kälbersaison
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29. Dezember 2022, 18:00 Uhr
Bauer Clemens Risse aus Gröbern bei Meißen schaut in diesen Tagen häufiger im Stall bei seinen Rindern vorbei. Er erwartet noch Kälber - gerade um Weihnachten herum. Und aus Erfahrung weiß er, dass nicht immer alles reibungslos klappt. Dann muss er Hand anlegen. Die beiden Geburten am zweiten Weihnachtsfeiertag liefen hingegen glatt. Mutterkühe und Kälber erholen sich im Stall und zeigen dabei guten Appetit.
- Zwei Kälbchen erblicken Weihnachten das Licht der Welt.
- Wenn das Kalb feststeckt, muss der Bauer unerschrocken anpacken und ziehen.
- In Sachsen domnieren Milchkühe in der Rinderhaltung.
Freie Tage gibt es in der Landwirtschaft nicht - schon gar nicht auf einem Bauernhof mit Viehhaltung. Und so ist Bio-Bauer Clemens Risse auch jetzt jeden Tag bei seinen Kühen. Neun Färsen - also weibliche Jungrinder - stehen noch auf der Weide unweit des Anwesens des Familienbetriebs in Gröbern bei Meißen. Risse stapft über die Weide, die Kühe folgen ihm. Denn sie wissen, dass der Bauer nun wie jeden Tag um diese Zeit den Elektrozaun versetzen wird, so dass die Tiere wieder an frisches Grün kommen. Der Landwirt hat auf dem Feld, auf dem zuvor Getreide stand, sogenannte Winterzwischenfrucht unter anderem mit Klee ausgesät. Die Schneedecke hat das Grün vor dem Frost in der Adventszeit geschützt. Die meisten Rinder sind aber jetzt dennoch im Winter im Stall, weil auf den übrigen Weiden kaum noch Futter steht. Clemens Risse schaut nun regelmäßig nach ihnen, denn es werden Kälber erwartet.
Sechs Kälbchen sind schon da
Ein kleiner Bulle und fünf Kühe wurden in den vergangenen Tagen bereits geboren, zwei am zweiten Weihnachtsfeiertag. Die beiden Kälbchen "Mutzel" und "Hutzel" sind noch etwas schlapp und liegen im Stroh. Die zwei Mutterkühe tun sich derweil an Heu gütlich. Sie haben so viel Vertrauen zum Bauern, dass er zu den Kälbchen darf, die wiederum eine Runde kraulen zu genießen scheinen. Clemens Risse ist froh, dass die Geburten problemlos verliefen. Vor einem Jahr, am 30. Dezember, hatte er ziemlichen Stress. Damals hatte er die Mutterkühe noch nicht von der Weide geholt. Bei einer Kuh, die wegen ihres weißen Fells "Eisbär" heißt, setzten die Wehen zehn Tage vor dem erwarteten Geburtstermin ein.
Kühe kalben nach etwa neun Monaten Tragezeit. Weil das Ende Dezember täglich passieren kann, war Clemens Risse noch einmal kurz auf der Weide nach dem Rechten sehen. So eine Geburt ist prinzipiell auch kein Problem, Kuh und Kalb kommen üblicherweise gut alleine klar. Bei "Eisbär" lag der Nachwuchs aber falsch im Geburtskanal, auf dem Rücken und mit den Hinterbeinen voran. Es steckte fest. Langes Zuschauen kann sich der Bauer in solchen Fällen nicht erlauben, er musste Hand anlegen. Und zwar sprichwörtlich. Seine Freundin Romy und ein Nachbar waren ebenfalls auf die Weide geeilt. Während die Helfer im Hinterleib der Kuh versuchten, das Kalb in eine günstige Lage zu bekommen, stand diese erstaunlich still.
Die Geburtshelfer wussten zu diesem Zeitpunkt gar nicht, ob das Kalb in der Kuh überhaupt noch lebt. Raus musste es aber in jedem Fall - und das so schnell wie möglich. Schließlich gelang es: Die Kuh presste, die Helfer zogen. Ein kleines weibliches Kalb plumpste zu Boden. Lebendig. Der Bauer entfernte Schleim von Maul und Nase, damit das Neugeborene atmen konnte. Die Mutterkuh leckt das Kälbchen trocken. Geschafft war es jedoch noch nicht, denn der Bauer und seine Helfer mussten noch dem Zwillingsbruder des Kälbchens auf die Welt helfen. Weil der kleine Bulle richtig herum lag, gelang das recht schnell.
Familienbauernhof mit gut 100 Jahren Tradition
Solche Erlebnisse sind es, wegen denen Clemens Risse gerade in diesen Tagen lieber einmal häufiger nach seinen Mutterkühen sieht. Das Wohl seiner Tiere ist dem Bio-Bauern wichtig. Er hat sich für die Rasse Simmentaler Fleckvieh entschieden - mit Hörnern. Diese Rinder seien ruhig, gutmütig und brächten viel Fleisch, das der Landwirt direkt ab Hof vermarktet. Geschlachtet wird immer nach Bedarf, also üblicherweise dann, wenn das Fleisch vom vorhergehenden Tier verkauft ist. Der Bauernhof gründet auf einer Familientradition, die 1918 in Gröbern begann. Selbst in der LPG-Zeit hat die Familie ab Anfang der 1970er-Jahre privat immer etwas Vieh gehalten.
Im Sommer wächst die Herde auf knapp 50 Tiere
Der Bio-Bauer hat im Sommer knapp 50 Rinder mit Mutterkühen, Kälbern, Färsen, Ochsen und den zwei Bullen auf der Weide stehen. Für Geburten im Winter hat er sich bewusst entschieden. Dann hat der die Rinder sowieso einige Wochen im Stall auf dem Hof und damit besser im Blick. Zudem seien Infektion bei kalten Temperaturen selten, die von lästigen Insekten in der warmen Jahreszeit übertragen werden können. Der Bio-Betrieb arbeitet in einem möglichst naturnahen Kreislauf, produziert also auch das Futter für die Tiere selbst und deren Mist kommt wieder als Dung auf die Felder und Weiden. Von "Eisbär", der Kuh mit den Geburtsproblemen aus dem Vorjahr, erwartet Clemens Risse übrigens Ende Januar wieder Nachwuchs und hofft, dass es dieses Mal ohne Schwierigkeiten klappt.
Rinderhaltung in Sachsen Im November 2022 wurden in Sachsen insgesamt 435.024 Rinder gehalten, wobei dieser statistische Wert noch aktualisiert werden kann. 2022 gab es in Sachsen 38.042 sonstige Kühe. Dazu gehören Mutter- und Ammenkühe, aber auch (mit vermutlich sehr geringem Anteil) Schlacht- und Mastkühe. In mehr als 330 ökologisch wirtschaftenden Betrieben stehen rund 27.500 Bio-Rinder (Stand: 2020). Deutschlandlandweit gab es Anfang November dieses Jahre laut Statistischem Bundesamt 11,0 Millionen Rinder. Das waren circa 42.700 Tiere weniger als im November 2021. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Milchviehhaltung dominiert in Sachsen
Mit mehr als 320.000 Tieren dominierten im Jahr 2021 die Milchkühe in Sachsen, wie das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie unter Berufung auf statistische Daten mitteilte. Wichtigste Rassen waren dabei Holstein-Schwarzbunt, Holstein-Rotbunt und Kreuzungen Milchrind mit Milchrind. Die Zahl der Fleischrinder wurde im selben Jahr mit gut 73.500 angegeben. Wichtigste Rassen sind hierbei Kreuzungen Fleischrind mit Fleischrind, Limousin, Charolais, Fleischfleckvieh, Deutsche Angus, Galloway und Highlands. Zur Zweinutzung als Milch- und Fleischvieh waren 46.200 Tiere amtlich erfasst, wobei Kreuzungen Fleischrind mit Milchrind und Fleckvieh dominierten.
MDR