Ehrenamt "Ein Armutszeugnis": Tafel Großenhain sucht Helfer und Lebensmittelspenden

26. Februar 2023, 08:00 Uhr

Immer mehr Menschen in Deutschland können sich die Grundversorgung mit Lebensmitteln nicht mehr leisten und sind auf die Tafeln angewiesen. Mit der großen Zahl an Geflüchteten aus der Ukraine hat sich die Lage verschärft. Es werden händeringend Helfer und Spenden gesucht - auch in Großenhain.

"Für mich ist es ein Armutszeugnis", sagt Elfriede Zorn mit Tränen in den Augen, "dass in einem Land wie Deutschland hier draußen Leute stehen und betteln. Denn nichts anderes ist das." Zorn ist Koordinatorin der Tafel in Großenhain. Die Einrichtung wird von der Diakonie Meißen betrieben und hat an diesem Tag zum Tag der offenen Tür geladen. Um auf die Arbeit der Tafeln aufmerksam zu machen - und darauf, wie prekär die Lage derzeit ist.

Würden Sie sich mit einem Brot und einer Gurke zufrieden geben?

Elfriede Zorn Koordinatorin Tafel Großenhain

Vor allem fehlt es an ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und an Lebensmittelspenden. Sie brauche Wurst, Käse, Butter - Dinge, die die Leute aufs Brot schmieren könnten, sagt Elfriede Zorn. "Was nützt es, wenn ich den Leuten ein Brot, Brötchen und eine Gurke mitgebe? Würden Sie und ich uns damit zufrieden geben?"

Rund 200 Menschen auf Tafel angewiesen

Zweimal in der Woche werden bei der Tafel in Großenhain Lebensmittel ausgegeben. Im Schnitt versorgt die Tafel rund 50 Haushalte mit etwa 200 Einzelpersonen, erzählt Tony Preibisch. Preibisch ist Projektkoordinator der Meißner Diakonie und damit für die Tafel mitverantwortlich. Er sieht einen steigenden Bedarf an Tafeln. Vor allem durch Corona und den Krieg in der Ukraine seien immer mehr Menschen auf Lebensmittelspenden angewiesen. Allerdings stünden davon immer weniger zur Verfügung.

Wir müssen immer mehr Menschen mit weniger Spenden versorgen.

Tony Preibisch Diakonie Meißen

Immer weniger Spenden

Vor allem abseits der Großstädte sei die Versorgung ein Problem, meint Preibisch. Die Menge der Lebensmittel, die die Tafeln deutschlandweit bekommen, nehme ab. "Wir müssen derzeit immer mehr Menschen mit weniger Lebensmitteln versorgen", sagt Preibisch. Der Fokus vieler Supermärkte oder Händler liege darauf, möglichst wenig zu verschwenden. Prinzipiell sei das gut, aber das führe natürlich dazu, dass am Ende des Tages weniger für die Tafeln gespendet werden könne.

Zwei Personen befüllen Schränke an einer Hauswand mit Lebensmitteln. 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Kreative Lösungen sind gefragt

"Wir versuchen, kreativ zu sein. Zum Beispiel mit einem Tafelgarten hier in Großenhain." Der soll Obst und Gemüse zumindest teilweise bereitstellen. Für das große Ganze sei man aber auf den Bundesverband der Tafeln Deutschlands angewiesen und eine größere Öffentlichkeit. Auch dazu sei der Tag der offenen Tür gedacht. "Wir wollten gern unsere Arbeit zeigen. Wir hoffen darauf, dass sich Leute finden, die uns unterstützen möchten. Ob im Ehrenamt oder per Spende", sagt Preibisch.

Über das Ehrenamt in den Job

Wohin so ein Engagement führen kann, zeigt Elfriede Zorn. Sie sei 2004 über das Arbeitsamt auf eine Stelle bei der Tafel vermittelt worden - und da geblieben, erzählt sie. Zunächst stundenweise im Ehrenamt, dann in Anstellung als Koordinatorin. "Es ist mein zweites Zuhause", sagt sie. Und die Arbeit sei für sie wichtiger denn je. Sie merkt, dass wieder mehr Menschen auf die Dienste der Tafel angewiesen sind.

Hoffen auf neue Helfer

"Ich schicke hier keinen weg. Und wenn ich Rentner sehe, die ihr Leben lang gearbeitet haben und jetzt hier vor der Tür stehen, dann bricht mir das das Herz." Ihre Hoffnung habe sie aber nicht verloren. Es gehe immer irgendwie aufwärts, sagt sie. "Ich ziehe den Hut vor meinen Ehrenamtlichen, die den Laden hier am Laufen halten." Und sie freue sich über jeden, der auch nur für ein paar Stunden am Tag mit anpacke. Denn eigentlich, sagt Elfriede Zorn, "sind wir hier ein lustiger Verein und hier ist für jeden ein Platz!".

MDR (ben)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 23. Februar 2023 | 08:30 Uhr

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