Nach jahrelanger Pause Winnetou reitet wieder über die Felsenbühne Rathen

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• Unter dem Titel "Shatterhand" kommt eine völlig neue Inszenierung mit Fokus auf die positiven Botschaften von Karl May auf die Bühne.
• Zusätzlich sind Gastspiele indigener Künstlerinnen und Künstler an verschiedenen Orten geplant.
• Die Felsenbühne Rathen blickt auf eine lange Geschichte von Karl-May-Spielen zurück.

Durch die Sächsische Schweiz geritten ist Winnetou zuletzt vor dem Umbau und der Sanierung der Felsenbühne Rathen. Nach mehrjähriger Pause soll er das ab Mai 2024 wieder tun. Ab der kommenden Spielzeit steht das Stück "Shatterhand" auf dem Programm. Das haben die Landesbühnen Sachsen bei einer Pressekonferenz am Freitag im Karl May Museum Radebeul bekannt gegeben.

Unter dem Titel "Shatterhand" wird nach Angaben des Theaters eine völlig neue Inszenierung aufgeführt. Für das Textbuch zeichnet der langjährige Action-Koordinator der Felsenbühne, Holger Kahl, verantwortlich. Fachliche Beratung haben sich die Landesbühnen vom wissenschaftlichen Direktor des Karl May Museums Radebeul geholt: Robin Leipold steht bei der Stückentwicklung in engem Austausch mit dem Autor. Er sagte MDR KULTUR, dass diese enge Zusammenarbeit für eine Karl-May-Inszenierung der Felsebühne ein Novum sei. "Das Karl May Museum ist schon viele Jahre Partner der Landesbühne in Sachsen. Aber dass wir wirklich in Fachberatung zusammenarbeiten, gab es so in der Intensität noch nicht." Er habe viele Stunden mit Autor Kahl und Intendant Schöbel zusammengesessen und beraten.

Die Regie übernimmt der Intendant der Landesbühnen Sachsen, Manuel Schöbel. Seinen Angaben zufolge will man sich bei der Neuinszenierung komplett auf die positiven Botschaften Karl Mays von Frieden und Freundschaft konzentrieren. Motive des berühmten sächsischen Abenteuerautors sollen mit Bezügen zur Gegenwart verknüpft werden, berichtet Schöbel bei MDR KULTUR.

Die Titelrolle des Shatterhand übernimmt der Schauspieler Sascha Gluth, der als langjähriger Störteker-Darsteller viel Freilicht-Erfahrung mitbringt. Gluth war bereits zweimal auf der größten deutschen Karl-May-Bühne in Bad Segeberg als Old Shatterhand zu sehen. Der 53-Jährige stammt aus Mecklenburg-Vorpommern, war aber bereits am Theater der jungen Generation in Dresden und auch für die Landesbühnen Sachsen tätig. Andere Besetzungen stehen den Angaben zufolge noch nicht fest.

Schöbel hat die Debatte um kulturelle Aneignung und rassistische Stereotype bei Karl-May, die seit vergangenem Jahr geführt wird, intensiv verfolgt. Er hat an den Debatten auch selbst teilgenommen. Und so sollen neben der neuen Karl-May-Inszenierung sowohl auf der Felsenbühne Rathen als auch an anderen Orten Gastspiele indigener Künstlerinnen und Künstler stattfinden. So soll laut Schöbel der Blick auf die zeitgenössische indigene Kultur Nordamerikas geworfen werden.

Für die Inszenierung, sagt Schöbel, hat man sich außer vom Karl May Museum auch von anderen Akteuren beraten lassen, zum Beispiel von Drew Hayden Taylor und dem in Deutschland lebenden Kendall Old Elk von der Apsaalooke Nation. Beide haben auch in dem MDR-Podcast "Winnetou ist kein Apache" ihre Sicht auf Karl May geschildert. Laut Berater Leipold sollen zum Beispiel verschiedene "Stereotypenbegriffe wie Wigwam" weggelassen werden. "Es ist auf jeden Fall ein Ergebnis vor allem der Winnetou-Debatte von 2022, dass man sich intensiver damit beschäftigt, wie man in Zukunft indigene Menschen hier darstellen kann", so Leipold.

Auch neben der Bühne soll sensibler agiert werden, versichert Schöbel: "Wir werden auch aufpassen, dass wir beim Merchandising nicht irgendwelches nachgemachtes Zeug im Schaufenster liegen haben", so Schöbel. Er wolle mit Künstlern zusammenarbeiten, die auch als Kunsthandwerker tätig sind und so "versuchen, neugierig zu machen auf das, was wirklich den Traditionen entspricht und was heute noch hergestellt wird in den Reservaten."

Die "Winnetou-Debatte" von 2022 hat ihre Spuren bei den Karl-May-Spielen in ganz Deutschland hinterlassen. Seitdem beschäftigen sich viele Institutionen, die sich mit Leben und Werk des Abenteuerschriftstellers befassen, mit der Frage, wie man dessen Geschichten heute zeitgemäß vermitteln kann - auch in Karl Mays Heimat Sachsen. Der Experte und Sachbuchautor Nicolas Finke ("Karl May auf der Bühne") bezeichnete bei MDR KULTUR die Karl-May-Spiele Bischofswerda in der Oberlausitz als Vorreiter in Sachen kultursensible Vermittlung.

Die Diskussion hatte sich im August 2022 um den Film "Der junge Häuptling Winnetou" entsponnen. Auslöser war der Ravensburger Verlag, der ein Begleitbuch nach Beschwerden zurückgezogen hatte. Manche witterten daraufhin übertriebene Kritik an überlieferten Stoffen.

Die Felsenbühne Rathen ist eine der traditionsreichsten Karl-May-Bühnen Deutschlands. Die Abenteuererzählungen des meistgelesenen Autors deutscher Sprache gehören seit 1938 zum Repertoire des Freilufttheaters in der Sächsischen Schweiz. In der DDR war Karl May zunächst offiziell verpönt. Erst seit den 80er Jahren fand eine Öffnung statt. Seit 1984 nahm die Felsenbühne Rathen wieder Theaterstücke nach Karl May ins Repertoire.

Aufgrund von Umbau- und Renovierungsarbeiten konnte die Felsenbühne nach 2019 zwei Spielzeiten lang nicht genutzt werden. 2020 fanden aufgrund der Corona-Pandemie keine Karl-May-Spiele statt. 2021 wurde "Winnetou I" provisorisch im Radebeuler Lößnitzgrund gezeigt. Zur Wiedereröffnung der Felsenbühne 2022 verzichteten die Landesbühnen Sachsen auf ein Winnetou-Stück - zum ersten Mal seit 1984.

Quellen: MDR KULTUR (Ben Hänchen, Grit Krause, Stefan Maelck), Landesbühnen Sachsen
Redaktionelle Bearbeitung: bh, as