Diskussionen "Schamlos": Auschwitz Komitee kritisiert AfD-Redner zum Holocaust-Gedenktag in Freital
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24. Januar 2024, 15:11 Uhr
Am Sonnabend wird in Freital der Opfer des Holocausts gedacht. Dass ein AfD-Politiker bei der Gedenkveranstaltung eine Rede halten soll, stößt mittlerweile bundesweit auf Kritik. Doch der Ältestenrat und der OB der Stadt haben bestätigt: Es wird die Rede eines AfD-Landtagsabgeordneten an diesem Gedenktag geben. Ein Freitaler Bündnis hat ein "Kontrastprogramm" angekündigt.
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- Das Internationale Auschwitz Komitee kritisiert in deutlichen Worten, dass ein Redner der AfD die Rede zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus hält.
- Oberbürgermeister Uwe Rumberg zeigt Unverständnis über geäußerte Empörung, nennt das "Empfindlichkeiten".
- SPD, Grüne und Linke planen Gegenveranstaltungen am Sonnabend.
Das Internationale Auschwitz Komitee hat scharf kritisiert, dass beim Holocaust-Gedenken am Sonnabend in Freital ein AfD-Landtagsabgeordneter eine Rede halten soll. Für Überlebende des Holocaust wirke das schamlos und makaber, sagte Vizepräsident Christoph Heubner in Berlin. Die Gedenkrede zur Kranzniederlegung der Stadt am Mahnmal hält jedes Jahr ein anderer Parteienvertreter. In diesem Jahr ist turnusgemäß die AfD an der Reihe.
Heubner hob hervor, die AfD in Sachsen sei eine rechtsextreme Partei, deren Repräsentanten die Verbrechen der Nazijahre wiederholt bagatellisiert und für irrelevant erklärt hätten: "In jedem Auftreten eines Repräsentanten der AfD gerade an diesem Tag schwingen all diese Hetzreden und bösen Worte aus seiner Partei mit, die Überlebende des Holocaust über viele Jahre hinweg verletzt und beleidigt haben."
Kritiker führten als Begründung das aufgedeckte geheime Treffen von AfD-Vertretern mit Neonazis und Unternehmern Ende November in Potsdam an. Bei diesem war über Pläne für eine Ausweisung und Deportation von Menschen mit Migrationsgeschichte gesprochen worden. Zudem hatte der sächsische Verfassungsschutz den Landesverband der AfD im vergangenen Herbst als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft.
Freitaler OB hält an Entscheidung fest
Trotz breiter Kritik hält der Freitaler Stadtrat an der Entscheidung fest. Der Freitaler Oberbürgermeister Uwe Rumberg (Wählervereinigung Konservative Mitte) bezeichnete die Kritik als "aktuell aufgetauchte Befindlichkeiten". Der Ältestenrat des Freitaler Stadtrats hatte sich auf einer Sondersitzung darauf verständigt, am AfD-Redner festzuhalten. Wer genau der Redner sein wird, ist noch nicht bekannt. Harry Retz, ein Mitglied des Ältestenrates und SPD-Genosse, sagte MDR SACHSEN, das müsse eine Demokratie aushalten. Alle Beteiligten hofften, dass die Rede und der Tag friedlich verlaufen.
Parallel zur Kranzniederlegung will ein Bündnis aus Freitaler Linken, Grünen und der SPD ein "Kontrastprogramm" veranstalten und nach dem offiziellen Programm der Stadt ebenfalls einen Kranz am Mahnmal niederlegen.
OB warnt vor Instrumentalisierung des Gedenktags
OB Rumberg äußerte auf Nachfrage von MDR SACHSEN Unverständnis in Bezug auf die Empörung: "Ob es nun allen passt oder nicht: Die AfD-Fraktion sitzt demokratisch gewählt im Stadtrat. Und es gibt ein von allen Seiten gebilligtes Prozedere zum Turnus der Reden, dass der Ältestenrat aufgrund der aktuell aufgetauchten Befindlichkeiten sogar kurzfristig noch einmal bestätigt hat." Insofern verstehe er öffentliche Empörung nicht.
Rumberg warnte davor, "das öffentliche Erinnern zu instrumentalisieren oder in den Schatten einer Ideologie zu stellen". Er erwarte, dass der Holocaustgedenktag "friedlich und würdevoll" ablaufe. "Der Anlass der Kranzniederlegung gebietet aus meiner Sicht zwingend eine Mäßigung und Zurückhaltung, ansonsten wird das aufrichtige Erinnern an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in den Hintergrund gedrängt und beschädigt."
Im Stadtrat von Freital gehören acht der 34 Stadträte der AfD an; insgesamt sind dort acht Parteien und Wählervereinigungen vertreten. Wer die Rede zum Holocaust-Gedenktag hält, ist in Freital klar geregelt: Jedes Jahr ist eine andere Fraktion des Stadtrats an der Reihe. Zur jährlichen Gedenkveranstaltung hatte die Stadt Freital im Amtsblatt vom 19. Januar 2024 eingeladen. Wie ein Sprecher der Stadt MDR SACHSEN mitteilte, wird die Veranstaltung von der Stadtverwaltung Freital im Auftrag des Stadtrates und des Oberbürgermeisters organisiert.
Gegenveranstaltung von Bündnis in Freital
Ein Bündnis aus Freitaler Linken, Grünen und SPD hat für den Sonnabend ein "Kontrastprogramm" angekündigt. Am Vormittag soll es den Angaben nach einen "demokratischen Spaziergang" geben, bei dem die Büros von SPD, Grüne und Linke angesteuert werden. Dort würden Porträts von Menschen gezeigt, die sich in Sachsen engagieren. Anschließend wollen die Organisatoren den Platz des Friedens ansteuern und dort am Mahnmal einen Kranz niederlegen - nach der offiziellen Veranstaltung der Stadt.
Der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts findet jedes Jahr am 27. Januar statt und erinnert an den staatlich organisierten Völkermord an den europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland während des Zweiten Weltkriegs. Die Vereinten Nationen riefen ihn 2005 aus. Der Tag erinnert auch an die Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945.
MDR (pri/asc/kav)/KNA
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 23. Januar 2024 | 06:30 Uhr