Bauarbeiten Mit XXL-Bohrer: Abwasserkanal für Chipindustrie in Dresden im Bau
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22. März 2024, 05:00 Uhr
In Dresden wächst in den nächsten Jahren die Chipindustrie und damit auch die Bevölkerung. Bis 2035 werden laut Prognosen mehr als 600.000 Menschen in der Stadt leben. Damit steigt der Wasser- und Abwasserbedarf. Die Stadt hat früh begonnen, die Infrastruktur auszubauen. Aktuell wird ein großer Abwasserkanal für die wachsende Chipindustrie im Norden der Stadt gebaut.
- Der erste Abschnitt für den "Industriesammler Nord", dem neuen Abwasserkanal für die Dresdner Chipindustrie, wird Freitag fertiggestellt.
- Die Baukosten von 73 Millionen Euro sollen nicht an die Gebührenzahler weitergegeben werden.
- Der Zeitplan für den neuen Abwasserkanal im Dresdner Norden ist eng mit den Bauvorhaben der großen Chipwerke abgestimmt.
Unweit der Dresdner Kläranlage in Dresden Kaditz bohrt sich derzeit ein riesiger Bohrer durch die Erde. Die Rohrvortriebsmaschine arbeitet sich durch den Untergrund und verlegt dabei große Betonröhren, die später die Abwasserleitung aufnehmen. Der "Industriesammler Nord" wird insgesamt zehn Kilometer lang. Er führt von der Stadtentwässerung in Kaditz entlang der Autobahn 4 durch die Dresdner Heide bis zum Infineon-Werk. Er wird teils unterirdisch und teils offen verlegt.
Mehr als zehn Meter geht der Blick in die Tiefe, bevor er am Boden ankommt. Unten in der Grube arbeiten Bauarbeiter im Zweischicht-System an dem Vortrieb des Kanals. Etwa 40 Meter schaffen sie am Tag. Seit Start der Bohrarbeiten im Februar sind die ersten 1.000 Meter geschafft, berichtet Denny Weber, Bauleiter von der Tiefbaufirma Braumann. An diesem Freitag werde der erste Abschnitt beendet. Bis zur geplanten Fertigstellung des Kanals im August 2026 müssen noch vier weitere Abschnitte folgen.
Torsten Seiler von der Stadtentwässerung Dresden fährt mit dem Finger über einen Bauplan. Man habe eine Trasse gewählt, die zu etwa zwei Dritteln unterirdisch verlaufe, so der Gebietsleiter für Investitionen im Gespräch mit MDR SACHSEN. Jeder Meter koste 7.000 Euro, der Kanalbau insgesamt 73 Millionen. Die Gebührenzahler sollen dafür nicht aufkommen müssen. "Die Investitionen armortisieren sich durch die Mehreinleitungen", so Seiler. Das heißt: Die Industriekunden sollen für steigende Abwassermengen auch mehr zahlen müssen.
Chipwerke verdoppeln Dresdens Abwassermenge
Der Abwasserkanal soll fast ausschließlich die Abwässer der Halbleiterindustrie wegleiten, deren Menge in den nächsten Jahren rapide anwachse. Allein die drei Chipwerke von Globalfoundries, Infineon, Bosch und X-Fab leiten laut Stadt 8,7 Millionen Kubikmeter Abwasser ins Dresdner Kanalnetz ein. Das entspreche der Abwassermenge von 250.000 Einwohnern. Mit der Erweiterung von Infineon und dem geplanten Werk des taiwanesischen Chipherstellers TSMC wird sich die Abwassermenge der Stadt bis zum Jahr 2027 etwa verdoppeln, wie der Sprecher der Stadtentwässerung, Torsten Fiedler, MDR SACHSEN sagte.
Abwasser aus dem Norden wird abgebremst
Das Abwasser wird künftig nach Angaben der Dresdner Stadtentwässerung mit relativ hoher Geschwindigkeit von den Hängen im Dresdner Norden durch die Rohre mit einem Durchmesser von 1,20 Meter rauschen. Um das abfließende Wasser zu entschleunigen entsteht in der Nähe des Klärwerks zurzeit auch ein "Tosbecken" als bremsendes Auffangbecken für die tosenden Wassermassen.
Bauziel 2026, wenn TSMC den Betrieb aufnimmt
Auf dem Betriebsgelände der Kläranlage in Kaditz wird das Abwasserrohr derzeit teils unteridisch und teils in einem offenen Graben verlegt. Bis zum Jahr 2026, wenn TSMC in Dresden sein Werk eröffnen will und Infineon den Ausbau abschließt, sollen die Arbeiten an dem Abwasserkanal beendet sein, so Fiedler. Neben dem Altstädter und dem Neustädter Abfangkanal entsteht damit ein dritter großer Abfangkanal in Dresden. Bei Letzterem stehe die Stadt unter Druck, sagte Seiler. "Wenn wir nicht rechtzeitig fertig werden, kann Infineon die Produktion in dem neuen Modul nicht hochfahren."
Um die Abwassermengen im Klärwerk zu bewältigen, sind in den Jahren danach weitere Baustellen geplant. Unter anderem sollen neue Klärbecken, ein dritter Faulturm und eine weitere Reinigungsstufe errichtet werden. Die ist notwendig, weil die EU die Abwasserrichtlinien verschärft hat. Damit könnten laut Stadtentwässerung Medikamente, Haushalts- und Industriechemikalien aus dem Abwasser entfernt werden.
MDR (kbe/wim)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 21. März 2024 | 09:00 Uhr