Schulsekretärinn am Arbeitsplatz.
Beschäftigte in Dresdner Schulsekretariaten sind sauer: Eine geplante Gehaltserhöhung verursacht bei einigen Einkommenseinbußen oder gar Rückzahlungen an die Stadt. Bildrechte: Katalin Valeš

Enttäuschung in Schulen Schulsekretärinnen fürchten Rückzahlung wegen Gehaltserhöhung und hoffen auf Stadtrat Dresden

14. November 2024, 14:40 Uhr

Im Sekretariat einer Schule laufen alle Fäden für Eltern, Lehrkräfte, Kinder und Schulleitung zusammen. Nun soll es für die Beschäftigten in den Dresdner Schulsekretariaten mehr Geld geben. Doch stattdessen bangt ein Viertel der Beschäftigten, Geld an die Stadt zurückzahlen zu müssen. Grund dafür sind bestimmte tarifrechtliche Feinheiten. Noch im November soll der Stadtrat über eine Lösung entscheiden. Davon unabhängig fordern einige mehr Geld, als bislang von der Stadt vorgesehen.

Wie mehrere Beschäftigte in Dresdner Schulsekretariaten MDR SACHSEN unabhängig von einander erzählten, herrscht derzeit Unmut in Sachen Bezahlung. Während drei Viertel der zum Großteil weiblichen Beschäftigten im September eine Nachzahlung bekommen haben, fürchtet das andere Viertel Einkommenseinbußen und Rückzahlungen an die Stadt.

Aufgrund von Feinheiten im Tarifregelwerk, drohen etwa jeder Vierten durch eine Höhergruppierung Einbußen in Höhe zweistelliger Eurobeträge pro Monat. Dabei war das Ziel der Höhergruppierung eine Anerkennung der Stadt für hinzugekommene Aufgaben. Doch fürchten 45 Betroffene jeweils zwischen 1.000 bis 1.300 Euro an die Stadt zurückzahlen zu müssen.

Ein Viertel der Beschäftigten sind betroffen In den 148 kommunalen Dresdner Schulen arbeiten überwiegend Frauen. Wie die Stadt mitteilt, sind unter den rund 200 Beschäftigten aktuell sieben Männer und eine Person mit neutraler Geschlechtsidentität.

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MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Fr 08.11.2024 16:41Uhr 01:14 min

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Große Enttäuschung und Wut

Eine Betroffene beschreibt ihre Lage mit deutlichen Worten: "Diese vermeintliche Höhergruppierung der Stadt finde ich eine Schweinerei. Es ist ein sehr beschissenes Gefühl, weil ich auf der einen Seite von der Stadt die Anerkennung bekomme, weil sich Aufgaben geändert haben. Auf der anderen Seite muss ich befürchten, dass die Stadt große Summen von mir zurückhaben möchte." Sie und zwei weitere Kolleginnen haben sich an MDR SACHSEN gewandt. Ihre Namen wollen alle drei aus Angst vor negativen Konsequenzen nicht veröffentlichen.

Mehr Aufgaben und Verantwortung

Darum geht's: Die Aufgaben in den Schulsekretariaten wurden laut Stadtverwaltung 2023 von einer Expertengruppe überprüft. Das Ergebnis: Die Schulsekretärinnen machen inzwischen weitaus mehr, als ursprünglich vereinbart. Daher wurde beschlossen, dass sie als "Sachbearbeiter Schulsekretariat" in die nächste Tarifgruppe aufsteigen - von der 5 in die 6 und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2023. Zunächst sei die Freude darüber groß gewesen, erinnert sich eine Betroffene. Doch die Freude währte nicht lange.

Schüler während des Unterrichtes in einer Grundschule
Werden Schulkinder krank, wenden sich die Eltern zuerst ans Schulsekretariat. Auch die Krankmeldungen der Lehrkräfte laufen hier ein. Doch das ist nur ein kleiner Teil der Aufgaben im Sekretariat. (Symbolbild) Bildrechte: imago/Sven Simon

Einkommenseinbußen und Rückzahlungsforderungen

Der Umstand, dass die Betroffenen mit der höheren Tarifgruppe plötzlich weniger Geld in der Tasche haben sollen oder ihnen gar droht, der Stadt Geld zurückzahlen zu müssen, liegt an Besonderheiten im Tarifvertrag. De facto haben die Betroffenen mit einer Zulage und aufgrund ihrer Berufserfahrung Geld erhalten, das Ihnen in der neuen Tarifgruppe nicht zusteht.

Außertarifliche Zulage fällt weg

Wie aus die Stadt Dresden MDR SACHSEN mitteilt, falle mit dem Aufstieg in die nächste Entgeltgruppe eine außertarifliche Zulage weg. Bei Vollzeitbeschäftigten macht das 60 Euro weniger pro Monat. In der neuen Tarifstufe seien die Voraussetzungen für diese Zulage nicht mehr erfüllt. "Der Wegfall dieser Zulage schmälert das individuelle Plus aus der Höhergruppierung", erklärt die Stadt dazu MDR SACHSEN.

Berufserfahrung wird nicht anerkannt

Neben der Tarifgruppe wirkt sich die Berufserfahrung auf das Gehalt der Betroffenen aus. Gestaffelt nach Jahren gibt es innerhalb jeder Tarifgruppe bestimmte Stufen: Je mehr Berufserfahrung, desto höher die "Erfahrungsstufe", desto mehr Geld jeden Monat. Weil sich die Umsetzung der Höhergruppierung bereits seit Monaten hinzieht, sind einige Schulsekretärinnen aufgrund ihrer Berufserfahrung in eine höhere Stufe innerhalb der alten Tarifgruppe 5 aufgestiegen. Dafür haben sie mehr Geld bekommen.

Bei einer Höhergruppierung startet die Laufzeit der jeweiligen Erfahrungsstufe jedoch von vorn. Das bedeutet: Der Stufenaufstieg aufgrund der Berufserfahrung gilt in der höheren Tarifgruppe nicht und muss zurückgenommen werden. Eine Betroffene sagt: "Mir werden dadurch 20 Monate Berufserfahrung aberkannt."

Die Enttäuschung darüber scheint groß: "In meinem Verständnis sollte man bei einer höheren Tarifgruppe am Ende des Tages mehr in der Tasche haben, statt weniger", sagt eine Betroffene.

Diese Bruttoarbeitslöhne haben Schulsekretärinnen erhalten
Erfahrungsstufe E5 plus außertariflicher Zulage in € E6 in € monatlicher Vorteil in €
1 2928,99 + 60 = 2988,99 3042,04 53,05
2 3117,67 + 60 = 31,77,67 3236,55 58,88
3 3245,11 + 60 = 3305,11 3372,94 67,83
4 3380,06 + 60 = 3440,06 3372,94 76,83
5 3505,47 + 60 = 3565,47 3640,49 75,02
6 3570,28 + 60 = 3630,28 3708,02 77,74

Da die Höhergruppierung rückwirkend erfolgen soll und sich die Umsetzung mehr als anderthalb Jahre hingezogen hat, sind einige in der Erfahrungsstufe aufgestiegen. Zusätzlich zur Zulage wurde ihnen mehr Geld ausbezahlt, als ihnen aus derzeitiger tarifrechtlicher Sicht zustehen würde.

Verwaltung will Nachteile von Betroffenen abwenden

Laut Auskunft der Stadt wurde allen, die von der Höhergruppierung profitieren, mit der Entgeltabrechnung im September 2024 eine Nachzahlung ausgezahlt. "An jene, die durch die Höhergruppierung eine Rückzahlung leisten müssen, wurde vorerst keine Rückforderung gestellt." Das Haupt- und Personalamt hat den Betroffenen in Aussicht gestellt, Rückzahlungsforderungen verhindern zu wollen.

Die Verwaltung hat eigenen Angaben zufolge eine Vorlage für den Stadtrat erarbeitet, um mit einer sogenannten "Besitzstandszulage" Einkommensverluste zu vermeiden. Laut Bericht der "Dresdner Neuen Nachrichten" sollen Betroffene demnach so lange eine Zulage erhalten, bis ihr Gehalt das ursprünglich mit der Höhergruppierung angestrebte Niveau erreicht hat.

Was heißt denn Besitzstandswahrung? Werden die "Besitzstände" übernommen, bedeutet dies, dass vertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart wird, die bisherigen Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers bzw. einer Arbeitnehmerin in einem neuen Beschäftigungsvertrag zu übernehmen.

Sollte der Stadtrat zustimmen, wird es keine Rückfragen seitens der Stadt Dresden geben.

Die Stadtverwaltung will Nachteile für die Beschäftigten vermeiden, kann das jedoch nicht allein entscheiden. Am 21. November soll der Stadtrat entscheiden. In der Stadtratssitzung steht der Beschluss über eine außertarifliche Besitzstandszahlung für 45 betroffene Beschäftigte auf der Tagesordnung. Sollten die Räte zustimmen, werde es keine Rückforderungen seitens der Stadt Dresden geben, teilte die Stadt MDR Dresden mit.

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Ein Mann im weißen Hemd schaut freundlich in die Kamera. Er steht vor einer blauen Wand mit rotem verd.di Logo. 1 min
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Einige betroffene Schulsekretärinnen aus Dresden haben sich an die Gewerkschaft Verdi gewandt. Dort wird derzeit das weitere Vorgehen geprüft. Einige Betroffene überlegen, zu klagen.

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Weitere Forderung: Schulsekretärinnen wollen mehr Geld

Von der Stadtratssitzung unabhängig fordern einige Beschäftigte in Dresdner Schulsekretariaten mehr Geld. Sie wollen einen Aufstieg um zwei Tarifgruppen in die Tarifgruppe 7 erwirken. Schließlich seien Kolleginnen in anderen Städten, wie etwa Leipzig, auch so eingruppiert. "Das Sekretariat einer Schule ist das Herz der Schule. Hier laufen alle Fäden zusammen", argumentiert eine Beschäftigte mit der Komplexität der Aufgaben.

Das Sekretariat einer Schule ist das Herz der Schule. Deswegen fordern wir für alle Schulsachbearbeiterinnen der Stadt Dresden die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7. Wir sind es wert.

Schulsachbearbeiterin einer Dresdener Schule Name ist der Redaktion bekannt

Die Leiterin des zuständigen Amts hat in einem Personalbrief an die Schulsekretärinnen angekündigt, sich dafür einsetzen zu wollen. Die Stadt indes teilt MDR SACHSEN mit, dass die Einordung in die jetzige Tarifgruppe korrekt sei. Die Tätigkeit in einem Dresdner Schulsekretariat könne nicht mit der in einem Leipziger Schulsekretariat verglichen werden. "In der Landeshauptstadt Dresden ist die Aufgabenverteilung zwischen dem Amt für Schulen und den Schulsekretariaten anders organisiert", heißt es.

Das Sekretariat einer Schule
Im Schulsekretariat sitzt die erste Ansprechperson für die Schulleitung, für Eltern, Kinder und alle, die mit der Schule in Kontakt treten wollen. Wenn es sein muss, wird Erste-Hilfe geleistet oder ein Krankenwagen gerufen. Bildrechte: picture alliance/dpa/Jens Kalaene

Schulsekretärinnen wollen eventuell vor Gericht ziehen

Einige Betroffene haben sich an die Gewerkschaft Verdi gewandt, weil sie darüber nachdenken, gegen die Stadt Dresden vorzugehen und die Eingruppierung in Tarifstufe 7 zu erwirken. Das bestätigte der Verdi-Bezirksgeschäftsführer, Daniel Herold, MDR SACHSEN. Demnach berate Verdi derzeit mehrere Schulsachbearbeiterinnen über Klage-Möglichkeiten.

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