Nach abgesagter AfD-Rede Friedliches Gedenken an Holocaust-Opfer in Freital
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In Freital wurde am Sonnabend friedlich der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Erleichterung auf allen Seiten - selbst bei der AfD. Ein Bündnis hatte ein "Kontrastprogramm" zur offiziellen Gedenkveranstaltung der Stadt organisiert, nachdem bekannt wurde, dass dort ein Vertreter der AfD sprechen soll. Bundesweit hatte dies für Aufsehen gesorgt. Am Freitag hatte der Oberbürgermeister die Veranstaltung wegen "Sicherheitheitsbedenken" abgesagt. Die Gegenveranstaltung fand trotzdem statt.
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- In Freital gab es statt der offiziellen Gedenkveranstaltung mit AfD-Redner eine Ausstellung und einen Demokratiespaziergang.
- CDU-Stadträtin hätte gern gehört, was die AfD am Holocaustgedenktag zu sagen gehabt hätte.
- Ehemaliger AfD-Fraktionsvorsitzender äußerte am Sonnabend Verständnis und Entsetzen zur Absage der offiziellen Veranstaltung.
Etwa 80 Menschen sind in Freital am Holocaust-Gedenktag dem Aufruf zu einem Demokratiespaziergang gefolgt. Die Teilnehmerzahl beruht auf Angaben der Polizei.
Der Demokratiespaziergang war ursprünglich als Kontrastprogramm zur offiziellen Gedenkveranstaltung der Stadt gedacht, bei dem ein Landtagsabgeordneter der AfD einen Redebeitrag beisteuern sollte. Am Freitag hatte der Oberbürgermeister der Stadt, Uwe Rumberg, die offizielle Veranstaltung wegen "Sicherheitsbedenken" abgesagt.
Aufgerufen zu der Gegenveranstaltung hatte ein Bündnis aus Linken, Grünen und SPD. Auch Vertreter der CDU waren am Sonnabendvormittag bei der Veranstaltung dabei. Das Gedenken verlief friedlich und ohne Zwischenfälle.
Ausstellung, Demokratiespaziergang und Lesung
Männer und Frauen mittleren Alters, Jugendliche, Menschen im Seniorenalter, junge Frauen mit Nachwuchs in Babytragen und auch Kinder nahmen am Demokratiespaziergang in Freital am Holocaust-Gedenktag teil. Die Strecke führte vom Büro der SPD, zum Grünen-Büro und machte dann Halt am Mahnmal, wo bereits ein Kranz des Oberbürgermeisters der Stadt und des Stadtrats lag, der dort am Morgen in aller Stille abgelegt worden war. In den Parteibüros wurde eine Ausstellung mit Bildern aus dem Projekt "Herzkampf" des Leipziger Fotografen Martin Neuhof gezeigt. Zu sehen waren Porträts von Menschen, die sich in Sachsen engagieren.
Nur weil die Stadt das absagt, heißt das nicht, dass man nicht eine Gedenkveranstaltung der Stadt haben sollte.
Am Mahnmal auf dem Platz des Friedens wurde in Redebeiträgen an bewegende Schicksale von Opfern des Nationalsozialismus erinnert. Rosen wurden niedergelegt. Lydia Engelmann, Stadträtin für die Grünen, sagte MDR SACHSEN: "Trotz Absage der offiziellen Veranstaltung der Stadt möchten wir dieses Gedenken der Stadt erhalten. Nur weil die Stadt das absagt, heißt das nicht, dass man nicht eine Gedenkveranstaltung der Stadt haben sollte." Mit dem Spaziergang habe man ein Zeichen setzen wollen, "dass wir nicht in Ordnung finden, dass eine rechtsextreme Partei an diesem Gedenktag sprechen darf. Grade auch mit den Enthüllungen der letzten Wochen zur AfD die ja nochmal bestätigt haben, was wir eigentlich schon wissen."
Im Anschluss an den Zwischenstopp beim Mahnmal ging der Spaziergang ins Büro der Linken. Dort wurde der dritte Teil der "Herzkampfausstellung" gezeigt und der Fotograf stand für ein Gespräch bereit. Außerdem las der Autor Jakob Springfeld aus seinem Buch "Unter Nazis. Jung, ostdeutsch, gegen Rechts". Bürgerrechtlerin und Organisatorin Steffi Brachtel, die den Demokratiespaziergang als Demonstration angemeldet hatte, zeigte sich am Sonnabend zufrieden mit der Resonanz und sagte zu MDR SACHSEN: "Das Büro der Linken war knackevoll, einige mussten sogar stehen. Damit haben wir in Freital ein Zeichen gesetzt."
CDU-Stadträtin: "Hätte gern gehört, was die AfD zu sagen hat"
SPD-Stadträtin Daniela Forberg zeigte sich am Sonnabend zufrieden. MDR SACHSEN sagte sie: "Vor allem vor dem Hintergrund der Geschehnisse von 2015 war es uns wichtig zu zeigen, dass Freital eine bunte Stadtgesellschaft hat." Auch CDU-Stadträtin Jutta Ebert fand sich am Mahnmal im Rahmen des Kontrastprogramms ein. Zu MDR SACHSEN sagte sie: "Ich bin hier, weil mir das Anliegen sehr wichtig ist, den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken. Das machen wir ja jedes Jahr."
Die Gegenveranstaltung an sich sieht sie als '"positives Zeichen", das Freital insgesamt nach außen setzen kann. Es sei eine "würdige" Veranstaltung mit sehr gut ausgesuchten Beiträgen gewesen, die das Anliegen gut getragen hätten. Dass die offizielle Veranstaltung der Stadt samt AfD-Rede abgesagt wurde, sieht sie hingegen in Teilen kritisch: "Ich hätte gerne gehört, was die AfD gesagt hätte. Einfach, um zu wissen, was sie eigentlich für Aussagen treffen. Weil, wir ja wissen: Sie wollten eine andere Erinnerungskultur und da wäre interessant gewesen, wie die ausgesehen soll, damit wir auch gemeinsam dagegen arbeiten könnten. Und nun wissen wir es nicht."
Vertreter der AfD waren am Morgen trotz der abgesagten Gedenkveranstaltung am Mahnmal auf dem Platz des Friedens und legten gemeinsam mit Vertretern anderer Stadtratsfraktionen Kränze nieder.
Ehemaliger AfD-Fraktionsvorsitzender: Zwischen Verständnis und Entsetzen
Torsten Heger, ehemaliger AfD-Fraktionsvorsitzender im Freitaler Stadtrat, zeigte sich am Sonnabend "froh" über die Entscheidung des Oberbürgermeisters. Zu MDR SACHSEN sagte er: "Es ist zwar eine tragische Entscheidung, die Gedenkveranstaltung abzusagen, aber ich hätte nicht gewollt, dass so ein Tag in Chaos und Geschrei versinkt." Insofern könne er die Entscheidung des Oberbürgermeisters nachvollziehen. Allerdings sei er auch entsetzt, "dass die heutige Demokratie es nicht aushält, dass auch wir an so einer Veranstaltung teilnehmen dürfen und dass wir unsere Trauer über die Opfer der widerlichen NS Verbrechen zeigen können."
Sechs Mitglieder der AfD-Fraktion ausgetreten
Doch eigentlich sei das Thema mittlerweile nicht mehr seine "Baustelle" für die AfD-Stadtratsfraktion Freital zu sprechen. Nachdem er bei der Aufstellungsversammlung der AfD am Dienstag nicht wieder für die im Juni anstehende Kommunalwahl aufgestellt worden war, sei er mit fünf weiteren Fraktionsmitgliedern aus der Stadtratsfraktion der AfD ausgetreten, sagte er MDR SACHSEN.
Nun sei er zwar immer noch Mitglied der AfD aber fraktionsloser Stadtrat. Als Grund für seinen Austritt machte er allerdings nicht die vieldiskutierte Gedenkveranstaltung verantwortlich, sondern die Unzufriedenheit mit den nun zur Kommunalwahl aufgestellten AfD-Kandidaten.
MDR (kav/sth)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 26. Januar 2024 | 13:30 Uhr