Frauenpower Dresdner Saxonz-Breakerin tanzt sich in den Olympia-Kader

08. Juli 2023, 09:00 Uhr

Joanna aus Dresden ist 24 Jahre alt. Tanzen - ganz genau Breaken - ist die Leidenschaft der selbstbewussten jungen Frau. Hartes Training hat ihr den Weg in den Bundeskader für die Olympischen Spiele 2024 in Paris geebnet. Doch die Psychologie-Studentin hat noch ein ganz anderes Ziel: Sie will mehr Mädchen und Frauen zum Breaking bringen. Noch dominieren Jungen und Männer diesen Sport. Und auch für Menschen mit Einschränkungen engagiert sie sich und möchte ihnen das Tanzerlebnis ermöglichen.

Breaking führt in Sachsen schon lange kein Nischendasein mehr. Das liegt nicht zuletzt an den Saxonz aus Dresden, Leipzig und Chemnitz, die seit zehn Jahren national und international für Aufmerksamkeit sorgen. Wie in der gesamten Breaking-Szene sind auch in Sachsen viel mehr Tänzer am Start als Tänzerinnen. Joanna, die einzige Frau inmitten von 22 Saxonz-Tänzern, will das ändern und zeigt den Jungs, wie es geht. Sie hat den Sprung in den Bundeskader für die Olympischen Spiele 2024 in Paris geschafft.

Im kommenden Jahr ist das urbane Breaking erstmals olympische Disziplin. Ob die 24-jährige Dresdnerin bei den olympischen Wettkämpfen antreten kann, hängt von den nächsten Wochen und Monaten ab.

Breakdance oder Breaking? Breakdance ist eine umgangssprachliche Bezeichnung. In der internationalen Szene und auch bei den Olympischen Spielen heißt es offiziell Breaking oder Breaken. Die Tanzenden sind Breakerinnen und Breaker oder auch B-Girls und B-Boys. The Saxonz

Noch sind einige Hürden bis Paris zu nehmen

Aus den acht Frauen und acht Männern des Bundeskaders werden nur die besten ausgewählt, erzählt Joanna. Wie viele 2024 nach Paris fahren werden, stehe noch nicht fest. Zunächst gibt es offene und geschlossen internationale Battles, so heißen die Wettkämpfe in der Breaking-Szene. Schon eine Woche nach den Deutschen Meisterschaften am 8. und 9. Juli in Duisburg tritt die Dresdnerin in Italien an.

Da Breaking nicht nur eine Leidenschaft, sondern eigentlich das Leben von Joanna ist, verbindet sie kurzerhand das Battle mit Urlaub und trifft befreundete B-Boys und B-Girls - wie die Tanzenden im Szenejargon heißen - aus Italien. Sie haben Joanna und ihren Partner Felix Roßberg eingeladen. Roßberg - bekannt als "Rossi" - ist selbst Breaker, war einer von Joannas ersten Trainern und ist nun Landestrainer der Sachsen. Mit seinen 34 Jahren hat er allerdings selbst keine Olympia-Ambitionen. Ihm geht es um die Förderung von Leistungsträgern und des Nachwuchses.

Training für die Kids

Auch Joanna trainiert einmal in der Woche Kids im Alter von fünf bis neun Jahren. Was ihr besonders am Herzen liegt: mehr Mädchen und Frauen fürs Breaken zu begeistern. International würden in der Szene 20 Prozent Tänzerinnen etwa 80 Prozent Tänzern gegenüber stehen, schätzt sie. Bei Workshops spreche sie Mädchen direkt an. Sie gehe auch in die Kurse der Saxonz, um dort die jungen Tänzerinnen mit Tipps zu unterstützen.

Den Grund, warum sich Mädchen scheinbar schwerer mit Breaken tun, vermutet Joanna im Einstiegsalter in der Pubertät. Da gebe es "eine gewisse Scheu", in der Minderzahl gemeinsam mit Jungen zu trainieren, die ebenfalls pubertieren und auch mal einen dummen Spruch fallen lassen würden.

Joanna: Frauen brauchen mehr Ausdauer bei Training

Beim Breaken aber sei für die Mädchen und Frauen generell dasselbe möglich wie für Jungen und Männer, betont Joanna. Die Trainingsmethoden seien mitunter etwas anders, was der natürlichen Anatomie geschuldet sei. Bei Männern liegt die Kraft beim Tanzen auf den breiteren Schultern, bei Frauen eher um die Hüften. Das könne dazu führen, dass Frauen für einzelne Powermoves bis zur Perfektion ausdauernder trainieren müssten.

Sie rät: Nicht entmutigen lassen und gemeinsam mit den Jungs trainieren. Von der einstigen Idee, für Mädchen spezielle Kurse anzubieten, ist Joanna abgekommen, sagt sie. Es bringe nichts, wenn Mädchen unter sich trainierten und dann plötzlich in der Wettkampfsituation bei den Battles auf die Jungen träfen.

Von der Zuschauerin zur Tänzerin in einer Woche

Joanna selbst hat als Schülerin Geräteturnen und in einer Tanz-AG HipHop und Showtanz trainiert. Im Alter von 15 Jahren habe sie ein Bekannter zu einem Breaking-Battle förmlich mitgeschleppt. "Ich war sofort begeistert", erinnert sie sich. Sie habe sich offenbar in die Akrobatik und vermutlich auch ein wenig in das coole Gehabe der trainierten Jungs verguckt. Immerhin ist Breaken mehr als nur Tanzen, sondern Lifestyle. Wie auch immer: Nach nur einer Woche wurde aus der Zuschauerin eine Teilnehmerin im Tanzkurs der Saxonz.

Mein Ziel war und ist es, dass ich in der Szene als Konkurrenz ernstgenommen werde.

Joanna Breakerin im Olympiakader

Seither war sie längst als aktive Tänzerin bei Battles in Los Angeles, Sibirien und ganz Europa am Start. "Mein Ziel war und ist es, dass ich in der Szene als Konkurrenz ernstgenommen werde." Respekt hat sich die junge Frau längst erarbeitet und kann aktuell vom Tanzen, Kursen, Workshops und jeder Menge organisatorischer Arbeit im Verein 84'TIL, unter dessen Dach die Saxonz agieren, leben. Auf was die Breaking-Szene aber noch immer wartet: eine gemeinsame Paarchoreographie mit ihrem Partner "Rossi".

Engagement für Menschen mit Einschränkungen

Selbst die Corona-Pandemie hat Joanna und die Saxonz nicht ernsthaft ausbremsen können. Im Gegenteil: Neue Ideen wurden geboren. Seit vergangenem Jahr haben sich die sächsischen Breaker der Inklusion verschrieben. Sie geben Kurse an vier Förderschulen und einen wöchentlichen Kurs in einem Dresdner Jugendhaus für Menschen mit geistigen und körperlichen Einschränkungen. Alle können nach ihren individuellen Möglichkeiten tanzen, sind die Saxonz überzeugt.

Joanna weiß aber auch zu berichten, dass es schwierig sei, an die Zielgruppe zu kommen. Die Tanzenden appellieren deshalb an Menschen mit Einschränkungen, deren Familien und Betreuer, bei Interesse einfach den Kontakt zu knüpfen und ganz ohne Zuschauer zu einem barrierefreien Probetrainung zu kommen.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 10. Juli 2023 | 19:00 Uhr

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