Die Mitinhaberin der Fleischerei Dünnebier in Bad Schandfau, Verena Pohlingk steht hinter dem Verkaufstresen.
Die Fleischereiinhaberin Vernea Pohlingk fürchtet um die Existenz der Fleischerei, die sie mit ihrem Mann in Bad Schandau führt. "Die Laufkundschaft bleibt weg", erzählt sie. Pläne für Partyservice und Neukunden auf der anderen Elbseite lägen seit der Brückensperrung auf Eis. Bildrechte: Katalin Vales

Frust nach Brückensperrung Händler und Hoteliers in Bad Schandau: "Brauchen jetzt Task Force und Notlösung"

16. November 2024, 21:00 Uhr

Wann gibt es endlich eine Lösung für die gesperrte Elbbrücke in Bad Schandau? Die Frage treibt viele Menschen in der Sächsischen Schweiz um, besonders Handwerker und Händler. Bei den ersten Läden bleiben Kunden weg, während die Betriebskosten weiterlaufen.

  • Für Gewerbetreibende in Bad Schandau wirkt sich die gesperrte Brücke sehr negativ auf das Geschäft aus.
  • Eine Interminsbrücke wäre eine kurzfristige Lösung. Ob sie kommt, ist ungewiss.
  • Der Beigeordnete der Stadt Pirna will zusammen mit der Landesbehörde Staus auf Umleitungswegen vermeiden.

Seit John Arko vor zehn Tagen von der Sperrung der Elbbrücke in Bad Schandau im Radio hörte, muss er noch flexibler sein. Der Geschäftsführer der Landbäckerei Schmidt mit 46 Filialen und knapp 400 Mitarbeitenden erzählt MDR SACHSEN von "einer Nacht- und Nebelaktion", als er alle Liefertouren umstellen musste. Zwischen 350 und 400 Kilometern mehr fallen seitdem täglich an, weil seine Mitarbeiter Umleitungen fahren müssen. Eine rasche Lösung müsse her. Die Brückensperrung wirke sich auf alle Gewerbetreibenden der Region aus.

Interimsbrücke als Lösung für das Gewerbe?

"Wir können unsere gesamte Lieferung nur noch über Pirna abwickeln", sagt Arko. Ihm zufolge sei der Bau einer Ersatzbrücke in Bad Schandau wahrscheinlich. Das könne aber lange dauern. Bis dahin brauche es schnellstmöglich eine Interimslösung, "die nicht zu größeren wirtschaftlichen Schäden in der Region führt". Als mögliche Lösung nennt Arko eine Interimsbrücke. Damit dürfe man allerdings nicht bis zum Frühjahr warten, wenn wieder die Touristen in die Sächsische Schweiz kommen.

Die Brücke liegt sehr zentral. Die Ausweichmöglichkeiten liegen in weiter Ferne. In der Folge fahren wir täglich 350 bis 400 Kilometer mehr, um die gleiche Lieferung zu bewerkstellen.

John Arko Geschäftsführer der Landbäckerei Schmidt

Landbäckerei Schmidt mit Geschäftsführer John Arko
John Arko ist als Geschäftsführer einer Bäckerei in Bad Schandau für fast 400 Beschäftigte zuständig und musste seine Liefertouren umstellen. Bildrechte: MDR/Konstantin Henß

Andere Geschäftsleute berichten von einer "miesen Stimmung" im Kurort. Manch einer hätte geschlossen oder seine Öffnungszeiten verkürzt. Bastian Pohlingk von der Fleischerei "Dünnebier" erzählt, seit der Brückensperrung sei die komplette Laufkundschaft weggeblieben. Weil die Leute länger unterwegs seien, fehle ihnen Zeit zum Einkaufen. Pohlingks Umsatz sei um mehr als 80 Prozent eingebrochen. "Hilfe gibt es keine", klagt der Fleischermeister.

Unweit vom Fleischer betreibt Heiko Geisler einen Gemischwarenladen. Er sagt, es stehe in den Sternen, wie lange er das miettechnisch noch durchhalten könne.

"Gibt keine schnelle Lösungen"

"Es gibt keine schnellen Lösungen", sagt der langjährige Vorsitzende des Tourismusausschusses im Bundestag, Klaus Brähmig. "Der Supergau für die Region wäre, wenn die Brücke nicht mehr freigegeben wird. Nur mit Fähren kann man die Wirtschaft nicht aufrecherhalten." Ein Neubau würde laut Brähmig 70 bis 100 Millionen Euro kosten. Doch derzeit gebe es weder in Sachsen noch in Berlin eine funktionierende Regierung, die den Haushalt aufstellt.

Nur mit Fähren kann man die Wirtschaft nicht aufrecherhalten.

Klaus Brähmig Ex-CDU-Bundestagsabgeordneter in der Sächsischen Schweiz

Klaus Brähmig, Ex-Bundestagsabgeordneter für die Sächsische Schweiz
Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete für die Sächsische Schweiz, Klaus Brähmig, sieht keine schnellen Lösungen für die Brückensperrung. Die Politik müsse mit den Bürgern darüber ständig im Gespräch bleiben. Bildrechte: MDR/Konstantin Henß

Brähmig schwebt vor, zunächst die Belastungen für die Bürger zu minimieren, auch mit steuerlichen Möglichkeiten.

Neue Ampelschaltung gegen Stau prüfen

Im Straßenverkehr sieht der Bürgermeister in Pirna für Bau und Stadtentwicklung, Markus Dreßler, keine akuten Probleme. Gegebenenfalls müsse man in Baustellen eingreifen, um Druckpunkte anzupassen, so Dreßler im Gespräch mit MDR SACHSEN. Mit dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) habe man vereinbart, die Ampeln auf der Umleitungsstrecke und in Pirna überprüfen zu lassen, ob man sie für die neue Verkehrssituation umprogrammieren könne.

Straßenbehörde: Brückencheck wird vorbereitet

Derweil hat das Lasuv angekündigt, für Materialtests die Brücke zu sichern und vorzubereiten. Das solle voraussichtlich noch im November beginnen. Danach werden Längsrisse, Spannglieder und weitere Teile im Brückenüberbau untersucht und bewertet. "Derzeit konzentrieren sich die weiteren Maßnahmen auf eine detaillierte Bauwerksdiagnostik", hieß es. Die erste angebrachte Messtechnik dokumentiere fortlaufend Veränderungen am Bauwerk.

Das planen die amtlichen Brücken-"Doktoren"

  • November: Brücke wird gesichert, Tests und Materialentnahmen werden vorbereitet
  • Danach: Öffnung des Brückenbetons und Offenlegung von Rissen am Spannstahl
  • Materialentnahmen und Laboranalysen z.B. auf chemische Belastungen
  • Bewertung der Standsicherheit durch Messungen und Berechnungen


Quelle: Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv Sachsen)

Dem Hotelier des "Biorefugiums" in Schmilka und Veranstaltungsbetreibers der Festung Königstein, Sven-Erik Hitzer, dauert das alles zu lange: "Es muss sofort eine Task Force eingerichtet werden", verlangt er. Ein Ansprechpartner beim Lasuv müsse sich täglich um diese Brücke kümmern. Bei ihm seien schon Gäste-Übernachtungen abgesagt worden. Es brauche verkürzte Genehmigungsverfahren für einen Neubau oder eine Interimslösung.

MDR (wim/kav)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Dresden | 14. November 2024 | 14:38 Uhr

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