Auschnitthaftes Foto eines Polizisten, der vor einem Monitor sitzt. 3 min
Audio: Sachsens Polizei speichert Infektionsdaten von 840 Menschen – Aids-Hilfe und Datenschutzbeauftragte sehen Speicherung kritisch Bildrechte: picture alliance/dpa | Harald Tittel
3 min

AIDS-Hilfe und Datenschutzbeauftragte sehen Speicherung kritisch

MDR AKTUELL Fr 25.04.2025 06:17Uhr 03:08 min

https://www.mdr.de/mdr-aktuell-nachrichtenradio/audio/audio-2920444.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Datenschutz Speicherung von Infektionsstatus: Kritik an Polizeipraxis in Sachsen

25. April 2025, 06:20 Uhr

Die Polizei Sachsen speichert Hinweise auf bekannte Infektionen wie HIV zur Eigensicherung. Die Datenschutzbeauftragte kritisiert die unklare Rechtsgrundlage. Auch die Deutsche AIDS-Hilfe warnt vor Diskriminierung und falscher Sicherheit. Sie fordert statt Speicherung mehr Aufklärung über Ansteckungsrisiken und den medizinischen Fortschritt. Die hohe Zahl gespeicherter Fälle im Vergleich zum Bund wirft zusätzliche Fragen auf.

Polizistinnen und Polizisten sind im Dienst vielfältigen Gefahren ausgesetzt – manche sichtbar, andere unsichtbar. Zu letzterem gehören auch Infektionsrisiken wie HIV oder Hepatitis. Um Einsatzkräfte zu schützen, speichert die Polizei Sachsen bestimmte Menschen mit bekannter Infektion in dem Polizeilichen Auskunftssystem (PASS).

Ein Polizist hält sein neues Dienst-Smartphone hoch 2 min
Bildrechte: picture alliance/dpa | Federico Gambarini
2 min

Nach dem Anschlag in Magdeburg wird eine bessere Vernetzung der Polizeien gefordert. Eine gemeinsame IT-Infrastruktur wurde schon beschlossen. Fertig wird sie wohl 2030.

MDR SACHSEN-ANHALT Di 28.01.2025 13:34Uhr 02:18 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/landespolitik/audio-vernetzung-daten-polizei-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Richard Baldeweg, Sprecher des Innenministeriums: "Die Vergabe der personengebundenen Hinweise im PASS richtet sich nach dem Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetz. Personengebundene Hinweise dienen primär dem Schutz des Betroffenen und der Eigensicherung von Polizeibediensteten."

Kritik wegen Datenschutz

Doch der entsprechende Paragraf ist allgemein gefasst. Erlaubt ist es demnach, personenbezogenen Daten zu speichern, wenn dies erforderlich ist. Für die sächsische Datenschutzbeauftragte, Juliane Hundert, ist das zu unspezifisch: "In Sachsen stützt die Polizei die Erhebung dieser Daten auf die allgemeine Gefahrenabwehrbefugnis. Das ist nach meiner Auffassung keine ausreichende Rechtsgrundlage."

Deswegen habe sie die Staatsregierung aufgefordert, das Polizeivollzugsdienstgesetz zu überarbeiten und an die gesetzlichen Grundlagen der Bundespolizei anzupassen. Dort ist konkreter festgelegt, wann solche Daten gespeichert werden dürfen, zum Beispiel wenn jemand angedroht hat, jemanden mit seiner Infektion anzustecken.

Zwar erläutert das Innenministerium, dass man sich bereits jetzt an den Bundesvorgaben orientiert, doch Hundert wundert sich schon: "Wir haben beim Bundeskriminalamt eine niedrige zweistellige Zahl, in Sachsen eine relativ hohe dreistellige Zahl. Wo kommt dieser Unterschied her?" Zum Vergleich: in der Datenbank des BKA sind 23 Datensätze mit ANST-Merkmal aus Sachsen gespeichert, in der sächsischen Datenbank PASS 843. Auf die Frage, wie diese Merkmale erhoben wurden, machte das Innenministerium keine Angaben.

Übertragungsrisiko von HIV

Die Deutsche AIDS-Hilfe kritisiert die Speicherung grundsätzlich – aus mehreren Gründen: So sei unklar, ob es sich um HIV oder Hepatitis handelt und ob die Infektion überhaupt noch übertragbar sei oder der Betroffene in Behandlung ist.

Zudem entstehe der Eindruck, dass Beschuldigte ohne dieses Merkmal infektionsfrei seien, sagt Sprecher Holger Wicht. Dadurch vermittle die Datenbank eine falsche Sicherheit und schüre trotzdem unbegründet Ängste bei Polizisten im Einsatz: "Das HIV-Risiko in solchen Situationen, also kratzen oder beißen oder Gerangel wird viel zu hoch eingeschätzt und dazu trägt natürlich auch eine solche Regelung wie diese Speicherung bei."

Die Übertragung von HIV über Kratzen oder einen Biss sei so gut wie ausgeschlossen, auch wenn die Infektion nicht behandelt wird, sagt Wicht. "Solche Fälle sind auch nicht beschrieben in der Literatur."

Diskriminierung von Erkrankten

Noch schwerer würden jedoch die Konsequenzen für die Betroffenen wiegen, sagt Wicht. Denn HIV gehe mit starker Diskriminierung einher: "Das kann eine Distanznahme sein, das kann eine Schlechterbehandlung sein, das kann eine Ausgrenzung in verschiedensten Kontexten sein. Das ist eine sehr intime Diagnose, die mit vielen Nachteilen einhergehen kann und deswegen muss sie mit einem maximalen Maß an Schutz einhergehen."

Statt diese Infektionskrankheiten zu Speichern fordert die AIDS-Hilfe Aufklärung nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand, zum Beispiel wie gut die Heilungsmöglichkeiten mittlerweile sind.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. April 2025 | 06:17 Uhr

Mehr aus Sachsen

Wissen

Ein bemaltes Straußenei
Bemaltes Straußenei aus der punischen Nekropole von Villarricos (Spanien). Diese Eierschalen waren eine beliebte punische Grabbeigabe und unterstreichen den kulturellen Einfluss, der sich von Nordafrika aus erstreckte. Bildrechte: Museo Arqueológico Nacional Madrid