Attraktion Parkfest in Friedrichsgrün - und mittendrin die hochbetagte Parkeisenbahn
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23. August 2024, 15:22 Uhr
Es hupt und rumpelt im Friedrichsgrüner Park in der Gemeinde Reinsdorf im Landkreis Zwickau. Dann taucht die kleine Lok mit ihren drei Waggons unter den mächtigen Eichen auf, die um 1912 hier angepflanzt wurden. Immerhin schon 65 Jahre zählt die Parkeisenbahn in Friedrichsgrün, die seit 1959 an ausgewählten Tagen ihre Runden dreht. So wie an diesem Wochenende zum Parkfest.
- Die Parkeisenbahn Friedrichsgrün ist als Pioniereisenbahn im zehnten Jahr der DDR gestartet.
- Feldbahn-Fans aus halb Europa besuchen die kleine Parkeisenbahn bei Zwickau.
- Eine Arbeitsgemeinschaft aus sieben Ehrenamtlichen kümmert sich um Erhalt und Betrieb der Parkeisenbahn.
Denny Jaehn hat die kleine Bahn mit ihren drei Waggons am Bahnsteig des einzigen Haltepunktes angehalten. An diesem Sommernachmittag macht er gemeinsam mit Diethardt Walther eine Probefahrt auf der Parkeisenbahn Friedrichsgrün. Vom 23. bis 25. August steigt wieder das alljährliche Parkfest – eine traditionsreiche und durchaus bekannte Veranstaltung im Raum Zwickau. Und einen gehörigen Anteil an der Beliebtheit hat zweifelsohne die kleine Parkeisenbahn, die auf nur 135 Metern auf einer Spurweite von 600 Millimetern um den sogenannten Hasenhügel zuckelt – einer ehemaligen Halde eines Steinbruchs. "Zu den Fahrtagen stehen die Kinder Schlange", sagt Diethardt Walther.
Der Maurermeister ist 69 Jahre alt und im wohlverdienten Ruhestand. Noch genau erinnert er sich daran, wie er selbst als Steppke bei jeder Gelegenheit mit der Parkeisenbahn mitgefahren ist. Damals mussten die Schüler vor den Veranstaltungen gemeinsam die Waggons mit Muskelkraft zum Zug zusammenschieben, erzählt Walther.
Parkeisenbahn startete als Pioniereisenbahn
Zu der Zeit hieß die kleine Parkeisenbahn offiziell noch Pioniereisenbahn – so, wie ihre bekannteren Pendants in Dresden, Leipzig, Karl-Marx-Stadt (heute wieder Chemnitz), im Syratal in Plauen oder in Görlitz sowie weiteren Städten der früheren DDR.
Im Jahr des 10. Jubiläums der einstigen Arbeiter- und Bauernrepublik - 1959 - wurde das Signal der Parkeisenbahn Friedrichsgrün erstmals auf Grün gestellt. Wesentliche Initiatoren waren die Bergmänner Heinz Hammer, Harald Beier und Gotthardt Göckeritz.
Fahrzeuge stammen aus dem Bergbau
So ist auch nicht verwunderlich, dass die Fahrzeuge der Friedrichsgrüner Parkeisenbahn aus dem Bergbau stammen. Die Akku-Lok, die heute mit einer Gabelstapler-Batterie betrieben wird, wurde 1956 von einem Bergbauausrüstungsbetrieb in Aue für die Uranschächte der Sowjetisch-Deutschen Aktiongesellschaft (SDAG) Wismut gebaut, erklärt Freizeit-Lokführer Denny Jaehn. Dort zog sie unter Tage schwer beladene Hunte voller Erz zur Förderanlage.
Anfangs dienten auch modifizierte Hunte - also Transportwaggons - für die Personenbeförderung in Friedrichsgrün. Inzwischen werden drei bequemere Mannschaftswagen an die Lok gehängt. Auch diese wurden bei einem Bergbauausrüster im nahen Cainsdorf 1976 ebenfalls für die Wismut gebaut - übrigens in jenem Betrieb, dessen Vorgänger als Königin Marien Hütte die Stahlträger für das Blaue Wunder in Dresden lieferte.
Kinder und Erwachsene steigen ein
Wie genau die Fahrzeuge seinerzeit auf der für Betriebsfremde völlig unzugänglichen Wismut den Weg nach Friedrichsgrün fanden, darüber kursierten unterschiedliche Geschichten, sagen Jaehn und Walther. Inzwischen wurden die Dächer der Wagen angehoben. Nun müssen auch erwachsene Fahrgäste nicht mehr allzu sehr den Kopf einziehen, zeigt Jaehn. Sein Mitstreiter Walther betont, dass neben den Mädchen und Jungen auch viele ältere Fahrgäste einsteigen, um sich noch einmal an ihre Kindheit zu erinnern.
Kleine Bahn bei Festen stundenlang im Einsatz
Sogar Feldbahnfans aus ganz Deutschland und halb Europa pilgerten nach Friedrichsgrün zur kleinen Parkeisenbahn. Einer von ihnen käme gar jedes Jahr und lasse sich das immer mit einem Stempel bestätigen. Diethardt Walther freut sich über jeden Fahrgast und berichtet, dass zum Parkfest, am Walpurgisabend, zum Kindertag und seit vergangenem Jahr auch anlässlich der Nikolaus-Fahrten die kleine Bahn stundenlang im Einsatz sei. Meist fünf Runden am Stück gibt es für eine Fahrkarte. Kindergruppen, Vereine, Firmen oder Familien könnten die Parkeisenbahn für jeweils ein paar Stunden nach Vereinbarung auch außerhalb der Feste mieten.
Arbeitsgemeinschaft widmet sich Erhalt der Bahn
Walther und Jaehn gehören zu sieben Frauen und Männern einer Arbeitsgemeinschaft, die sich in Friedrichsgrün ehrenamtlich dem Erhalt und dem Betrieb der Parkeisenbahn widmet. Einmal im Jahr kommt der TÜV und überprüft die Parkeisenbahn. Träger der Bahn ist die Gemeinde Reinsdorf, die 2019 neue Gleise spendiert hat und auch einen neuen Haltepunkt nach Vorbild der Deutschen Bahn bauen ließ.
"Lokführer" Denny Jaehn ist nach eigenen Angaben mit sechseinhalb Jahren als Erstklässler zur Arbeitsgemeinschaft der Parkeisenbahn gestoßen. "Ich war damals ein noch größerer Eisenbahnfreak als heute", erinnert er sich. Sein Papa habe damals den Kontakt zu den Parkeisenbahnern hergestellt. Man kennt sich auf dem Dorf.
Parkbahn-Karriere beginnt mit sechseinhalb Jahren
Als Junge habe er zwar bei den Erwachsenen-Themen noch nicht mitreden können und sei auch beim Feierabendbier außen vor geblieben, von Anfang an aber sei er ernsthaft in den Betrieb der Parkeisenbahn eingebunden gewesen, erinnert sich Jaehn. "Am Anfang war ich als Schüler auf dem Bahnsteig eingesetzt." Schon zwei Jahre später habe er unter Aufsicht erstmals zu Rangierfahrten auf die Lok gedurft. Seit 22 Jahren ist er der Parkeisenbahn in seinem Heimatdorf treu.
Der heutige Personalreferent meint, die Friedrichsgrüner Parkeisenbahn habe noch viel Potenzial. So böte der Park durchaus Möglichkeiten für Streckenverlängerungen. In Planung, aber noch nicht finanziert, sei ein neuer Lokschuppen mit mehr Platz für die Werkstatt. Dieser soll auch einmal das Durchgangsgleis in Tunnelform überspannen, deren Ausgänge dann in Form von Mundlöchern von Schächten an die Bergbaugeschichte der Bahnfahrzeuge und die der Gemeinde Reinsdorf erinnern könnten.
Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz