European Peace Ride Von Wroclaw nach Chemnitz: Neuauflage der Friedensfahrt geht in die zweite Runde

18. August 2022, 16:23 Uhr

Die zweite Ausgabe der Europäischen Friedensfahrt wird am ersten Septemberwochenende stattfinden. Laut Veranstalter fahren diesmal 120 Radsportlerinnen und Radsportler aus Deutschland, Polen, Tschechien und der Ukraine mit. Die Fahrt beginnt im polnischen Wroclaw und endet am Folgetag in Chemnitz.

Anton Albrecht, der sportliche Leiter des European Peace Ride (EPR), kennt sich im Radsport aus. Bereits seit seinem zwölften Lebensjahr ist der heute 25-Jährige aktiver Mountainbiker. "Ich bin damals nach Altenberg aufs Internat gegangen", erzählt er. "Dort war der Olympiastützpunkt für Mountainbike."

Seitdem übt er den Radsport auf Wettkampfniveau aus. "Radfahren kann man aufs ganze Leben projizieren", versucht Albrecht die Faszination zu erklären. "Es ist überall auf der Welt möglich, mit vielen verschiedenen Disziplinen oder auch als alltägliches Verkehrsmittel."

Qualifikation für die Gravel-Weltmeisterschaft

Albrecht möchte sich nicht auf eine Radsportdisziplin festlegen und ist neben Mountainbike auch in den Disziplinen Straßenrennen und Gravel (Straßenrennräder mit breiteren Reifen) unterwegs. "So kann ich mich ausprobieren und auch immer schauen, welche Wettbewerbe keine weite Anfahrt benötigen", sagt er. Er sei fast jedes Wochenende bei einem Wettbewerb am Start.

Beim Gravel hat sich Albrecht jetzt sogar für die erste Weltmeisterschaft dieser Disziplin qualifiziert und darf nun im Oktober in Italien für die Deutsche Nationalmannschaft starten. "Ich bin sehr glücklich über diese Qualifikation", sagt Albrecht.

Vom Rennradfahrer zum Tourmechaniker

Beim European Peace Ride, der Neuauflage der Friedensfahrt, wird Abrecht allerdings nicht selbst in die Pedale treten. Er wird die zweitägige Tour von Wroclaw nach Chemnitz im Begleitwagen mitfahren und die Funktion des Tourmechanikers übernehmen. Traurig ist er darüber aber nicht. "Alle Organisatoren und Helfer des European Peace Ride sind wie Familie. Wir stecken da unser ganzes Herzblut rein", so Albrecht. "Es ist genauso schön, als würde man selbst mitfahren, wenn man sieht, was man Gutes für die Teilnehmer tut."

Ehemaliger Tour-de-France-Teilnehmer lebt Traum von der Friedensfahrtteilnahme

Trotzdem sind bei den 120 Fahrerinnen und Fahrern auch ohne Albrecht einige bekannte Namen aus der Radszene vertreten. So wird der elfmalige Tour-de-France-Teilnehmer Marcus Burghardt mit an den Start gehen. "Ich habe in Chemnitz das Einmaleins des Radsports gelernt und daher war nicht viel Überzeugungsarbeit nötig, damit ich mitmache", erzählt der ehemalige Profisportler.

Der gebürtige Zschopauer habe immer davon geträumt an der Friedensfahrt teilzunehmen. "Ich habe damals den Fahrern an der Straße zugejubelt", sagt Burghardt. Er sei froh, dass die Neuauflage eine Jedermann-Veranstaltung ohne Leistungsdruck sei, da er seine aktive Profikarriere nach einem Unfall beenden musste.

Radrennen für ambitionierte Hobbysportler

Trotzdem gibt es natürlich einige Voraussetzungen für die 120 Fahrerinnen und Fahrer: "Die Fahrer müssen sich zutrauen, die insgesamt 430 Kilometer und rund 4.500 Höhenmeter in einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 28 Kilometern pro Stunde zu schaffen", erklärt Kai Winkler, Projektleiter des EPR. Die Strecke wird dabei in zwei Etappen überwunden. Die erste Etappe ist dabei mit 230 Kilometern sogar länger als die längste Etappe der Tour de France, die 220 Kilometer lang ist.

Wir trennen nicht zwischen Dame, Herr, Divers oder Parasportler, also bei uns darf jeder mitfahren, der sich die Strecke unter diesen Modalitäten zutraut.

Kai Winkler Projektleiter European Peace Ride

40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammen aus Polen, Tschechien und der Ukraine, 80 aus Deutschland. Die ukrainischen Fahrer sind in diesem Jahr bewusst eingeladen worden. "Es geht darum, auch ein Zeichen zu setzen. Und wann passt es besser als in diesem Jahr?", sagt Arndt Hecker, der Sprecher der Veranstaltung.

Unter den Teilnehmern sind insgesamt 12 Frauen. "Wir haben einen hohen weiblichen Anteil gewollt", erzählt Winkler. Damit solle auch die Öffnung der "Männerdomäne Radsport" weiter vorangetrieben werden. Er hoffe, dass der Frauenanteil in den nächsten Jahren noch steige. "Wir trennen nicht zwischen Dame, Herr, Divers oder Parasportler", sagt Winkler. "Bei uns darf jeder mitfahren, der sich die Strecke unter diesen Modalitäten zutraut."

Geist der Friedensfahrt in die Moderne übertragen

Bereits im letzten Jahr sind rund 90 ambitionierte Radsportler beim ersten EPR von Chemnitz nach Prag und zurückgefahren. Das Radrennen ist ein Projekt der europäischen Kulturhauptstadt Chemnitz und soll bis 2025 noch wachsen. "Wir üben schon mal und haben dann 2025 noch einige Überraschungen geplant", sagt Winkler.

Um Wettkampf geht es beim EPR nicht. Es ist laut Winkler eher eine Demonstrationsfahrt, die den alten Geist der Friedensfahrt in die Moderne übertragen soll. "Wir wollen die Diversität im Radsport zusammenbringen", sagt Albrecht. "In Chemnitz lebt der Radsport und ich habe das Gefühl, dass wir mit diesem Projekt wirklich etwas bewegen können."

Friedensfahrt Das internationale Radrennen "Friedensfahrt" wurde 1948 zum ersten Mal ausgetragen. Die Gründungsväter waren der polnische Sportjournalist Zygmunt Weiss und sein tschechischer Kollege Karel Tocl. Nach dem Vorbild der Tour de France wollten sie ein Mehretappenrennen organisieren, das den Menschen über die Not in der Nachkriegszeit hinweghelfen sollte.

Zu Beginn führte das größte und bedeutendste Amateurradrennen der Welt von Warschau nach Prag, ab 1952 auch über Ostberlin, die Hauptstadt der DDR. Karl-Marx-Stadt war oft Etappenort. Nach der politischen Wende 1989/90 verlor die Friedensfahrt langsam, aber stetig an Bedeutung. 2006 war es endgültig vorbei mit der Internationalen Friedensfahrt.

MDR (ali)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | SACHSENSPIEGEL | 18. August 2022 | 19:00 Uhr

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